Metafolie aus Bioplastik hält Wärme ab und kühlt ohne Strom
Bioplastik-Folie kühlt Gebäude ohne Strom. Bis zu 20 % Energieeinsparung möglich. Nachhaltige Alternative zur Klimaanlage.

Braucht es künftig weniger Klimaanlagen? Forschende haben eine Kühlfolie entwickelt, die 20 % Energieersparnis verspricht.
Foto: Smarterpix / andrei111
In heißen Gegenden der Welt gehört die Klimaanlage zum Standard. Doch sie frisst Strom, belastet Stromnetze und trägt durch ihre CO₂-Emissionen zur Klimaerwärmung bei. Forschende aus China und Australien haben nun ein Material entwickelt, das die Notwendigkeit für energieintensive Kühlsysteme senken könnte: eine Kühlfolie aus Bioplastik. Sie reflektiert fast die gesamte Sonneneinstrahlung und kühlt Oberflächen sogar unter die Umgebungstemperatur – ganz ohne Strom.
Inhaltsverzeichnis
Die Idee hinter der Metafolie
Die sogenannte Metafolie basiert auf Polymilchsäure, einem biologisch abbaubaren Kunststoff aus pflanzlichen Rohstoffen. Forschende der Zhengzhou-Universität und der University of South Australia haben sie speziell für den Einsatz auf Gebäudedächern, Fassaden oder technischen Oberflächen entwickelt. Der Clou: Die Folie nutzt das Prinzip der passiven Strahlungskühlung. Sie reflektiert sichtbares Licht und gibt gleichzeitig Wärme als Infrarotstrahlung in den Weltraum ab.
„Unsere Metafolie bietet eine umweltfreundliche Alternative zur Klimaanlage, die erheblich zu den CO₂-Emissionen beiträgt“, sagt Yangzhe Hou von der University of South Australia.
Wie funktioniert passive Strahlungskühlung?
Anders als klassische Kühltechnologien benötigt die Folie keine externe Energiezufuhr. Sie nutzt die thermodynamische Eigenschaft bestimmter Materialien, überschüssige Wärme über sogenannte atmosphärische Fenster ins All abzuleiten. Diese liegen im Infrarotbereich, in dem die Erdatmosphäre besonders durchlässig ist.
Damit diese Methode funktioniert, braucht das Material:
- eine hohe Rückstrahlung des Sonnenlichts (gegen Aufheizung),
- eine starke Emission im Infrarotbereich (zur Wärmeabgabe) und
- eine geringe Wärmeleitfähigkeit (um die Hitze draußen zu halten)
Die Mikrostruktur macht den Unterschied
Der Metafilm entsteht durch eine spezielle Kältetrenntechnik, bei der zwei Varianten von Polymilchsäure kombiniert werden: PLLA und PDLA. Daraus bildet sich eine bi-kontinuierliche Struktur, die an ein feines, poröses Netz erinnert. Dieses Mikrodesign ermöglicht außergewöhnliche Eigenschaften:
- 98,7 % Sonnenlichtreflexion
- 96,6 % Infrarot-Emission
- ultraniedrige Wärmeleitfähigkeit von 0,049 W/mK
Diese Kombination sorgt dafür, dass die Oberfläche kühler bleibt als die Umgebungsluft – selbst bei starker Sonneneinstrahlung.

Eine Illustration des Biokunststoff-Metafilms, der Gebäude passiv kühlt und den jährlichen Energieverbrauch in Städten um bis zu 20 % senken könnte.
Foto: University of South Australia
Feldversuche unter Extrembedingungen
In einem Außentest im chinesischen Zhengzhou hielten die Forschenden die mit PLA-Folie bedeckte Oberfläche tagsüber 4,9 °C unter der Umgebungstemperatur, nachts sogar 5,1 °C. Herkömmliche PLA-Folien erreichen nur 2–3 °C Temperaturdifferenz.
Besonders relevant: Auch bei hoher Luftfeuchtigkeit, starker UV-Strahlung und sogar nach 120 Stunden in saurer Lösung (pH 1) blieb die Kühlleistung der Folie stabil. Der Film widerstand einer simulierten UV-Belastung, die acht Monaten im Freien entspricht.
„Im Gegensatz zu herkömmlichen Kühltechnologien benötigt diese Metafolie weder Strom noch mechanische Systeme“, erklärt Dr. Xianhu Liu von der Zhengzhou-Universität.
Energieeinsparung für Gebäude
Simulationen zeigen: In Städten wie Lhasa kann die Folie den jährlichen Energieverbrauch von Gebäuden um mehr als 20 % senken. Das liegt daran, dass weniger Kühlenergie nötig ist. Besonders in heißen Klimazonen könnte dies die Nachfrage nach Klimaanlagen deutlich reduzieren. Auch mobile Anwendungen in der Landwirtschaft oder im Transportwesen sind denkbar.
„Unsere Folie ist skalierbar, langlebig und vollständig abbaubar“, sagt Co-Autor Professor Jun Ma von der University of South Australia.
Vorteile gegenüber klassischen Kühlmethoden
Die meisten heutigen passiven Kühlsysteme bestehen aus petrochemischen Kunststoffen oder Keramik. Sie sind langlebig, aber schwer zu recyceln. Die neue PLA-Folie dagegen basiert auf einem kommerziell erhältlichen, pflanzenbasierten Biokunststoff. Ihre Herstellung kommt ohne Nanopartikel oder aufwendige Beschichtungen aus – ein Pluspunkt für Umweltfreundlichkeit und Recycling.
Zudem lässt sich die Produktion mit industriellen Methoden skalieren. Das macht die Metafolie nicht nur technisch interessant, sondern auch wirtschaftlich attraktiv.
Potenzielle Anwendungen: Mehr als nur Gebäudekühlung
Neben der energetischen Sanierung von Gebäuden denken die Forschenden bereits weiter. Die Metafolie könnte auch auf Transportcontainern, Fahrzeugdächern, landwirtschaftlichen Gewächshäusern oder sogar elektronischen Geräten zum Einsatz kommen. Auch in der Medizin – etwa als kühlende Auflage für Wunden – sehen die Entwickler Potenzial.
Langfristig könnten solche Materialien dabei helfen, den Einsatz strombasierter Kühltechnik weltweit zu verringern. Das entlastet Stromnetze, reduziert die CO₂-Emissionen und erhöht den Komfort – besonders dort, wo Menschen bisher auf Kühlung verzichten mussten.
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