Elektrolyse war gestern 24.06.2025, 11:27 Uhr

Achtmal mehr Wasserstoff: Neue Solarzelle nutzt Doppelschicht

Neue Doppelschicht-Technologie steigert Wasserstoffproduktion mit Sonnenlicht – achtfach effizienter als bisherige Systeme.

Solarzelle

Das Material kann das Sonnenlicht effektiv einfangen, sodass die darin enthaltene Energie durch die photochemische Wasserspaltung zur Wasserstofferzeugung genutzt werden kann.

Foto: Olov Planthaber/Linköping University

Ein Forschungsteam der Universität Linköping hat eine neuartige Materialstruktur entwickelt, die die Wasserstoffgewinnung aus Sonnenlicht deutlich effizienter macht. Die Kombination aus Siliziumkarbid, Kobaltoxid und Nickelhydroxid erzielt eine achtmal höhere Leistung als bisherige Ansätze. Der Weg zum marktfähigen, „grünen“ Wasserstoff könnte damit ein gutes Stück kürzer werden – besonders für Sektoren wie Luftfahrt oder Schifffahrt.

Sonnenlicht statt Strom

Wasserstoff gilt als Hoffnungsträger für eine klimafreundliche Energieversorgung – vor allem dort, wo Batterien an ihre Grenzen stoßen. Das betrifft vor allem Flugzeuge, schwere Lkw und Schiffe. Klassische Batterien reichen hier oft nicht aus. Wasserstoff, gewonnen aus erneuerbaren Quellen, könnte diese Lücke schließen.

Aktuell ist jedoch ein Großteil des verfügbaren Wasserstoffs alles andere als umweltfreundlich. „Grauer Wasserstoff“ wird meist aus Erdgas hergestellt. Dabei entstehen rund zehn Tonnen CO₂ pro Tonne Wasserstoff. Ein nachhaltigerer Weg wäre es, Wasser mithilfe von Sonnenlicht in Wasserstoff und Sauerstoff aufzuspalten – ganz ohne Strom und klassische Elektrolyse.

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Genau daran arbeitet ein Forschungsteam an der Universität Linköping in Schweden. Die Forschenden setzen auf ein neues Materialsystem, das Sonnenlicht direkt in chemische Energie umwandelt – und damit deutlich effizienter arbeitet als bisherige Ansätze.

Drei Schichten für mehr Effizienz

Im Zentrum des Konzepts steht eine sogenannte Dreifachstruktur. Die Basis bildet kubisches Siliziumkarbid (3C-SiC). Dieses Halbleitermaterial absorbiert Sonnenlicht besonders gut. Trifft Licht auf die Oberfläche, erzeugt es elektrische Ladungsträger – also Elektronen und sogenannte Löcher. Diese treiben die chemische Reaktion an, bei der Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff zerlegt wird.

Doch allein ist 3C-SiC nicht effizient genug. Die Forschenden kombinierten es daher mit zwei weiteren Schichten: Kobaltoxid (Co₃O₄) und Nickelhydroxid (Ni(OH)₂). Diese zusätzlichen Materialien sorgen dafür, dass die erzeugten Ladungen länger getrennt bleiben. Denn wenn sich Elektron und Loch zu schnell wieder vereinen, verpufft die Energie ungenutzt.

Die neue Materialkombination trägt die technische Bezeichnung Ni(OH)₂/Co₃O₄/3C-SiC. Im Vergleich zu reinem Siliziumkarbid erzielte sie laut Studienleiter Jianwu Sun eine achtmal höhere Effizienz bei der Wasserstoffgewinnung.

Wie funktioniert das 3-Schicht-Material zur Wasserstoffgewinnung?

  • Basismaterial: Kubisches Siliziumkarbid (3C-SiC) – fängt Sonnenlicht ein und erzeugt Ladungsträger
  • Zwischenschicht: Kobaltoxid (Co₃O₄) – bildet eine p–n-Grenzschicht und verbessert die Ladungstrennung
  • Deckschicht: Nickelhydroxid (Ni(OH)₂) – wirkt als Katalysator für die Sauerstoffabspaltung
  • Effizienz: Photostromdichte von 1,68 mA/cm² – etwa achtmal mehr als bei reinem 3C-SiC
  • Besonderheit: Doppelte Grenzflächenstruktur mit Ni–O–Co-Bindungen optimiert den Ladungstransport
  • Ziel: Wirkungsgrad von mindestens 10 % für wirtschaftliche Produktion von grünem Wasserstoff

 

Wie die Schichten zusammenarbeiten

Die Verbesserung kommt nicht von ungefähr. Die Kombination der drei Materialien bildet auf mikroskopischer Ebene gezielte Grenzflächen – sogenannte Heterostrukturen. Diese wirken wie eine eingebaute Diode: Sie lenken die positiven und negativen Ladungsträger gezielt in unterschiedliche Richtungen.

Zusätzlich entsteht durch die Verbindung von Co₃O₄ und Ni(OH)₂ ein optimierter Katalysator. Er erleichtert die sogenannte Sauerstoffentwicklungsreaktion (OER) – also den Teilprozess, bei dem Sauerstoff freigesetzt wird. Dabei verändern sich gezielt die Elektronenstrukturen an den Materialgrenzen. Diese Feinabstimmung trägt entscheidend dazu bei, Verluste zu vermeiden und die Ladungsträger länger stabil zu halten.

Das Resultat: Eine Photostromdichte von 1,68 Milliampere pro Quadratzentimeter – rund achtmal so hoch wie beim unmodifizierten 3C-SiC. Auch nach zehn Stunden Dauerbetrieb blieb die Leistung stabil.

Grüner Wasserstoff – aber wirklich grün

Ein Ziel der Forschenden ist es, vollständig auf Sonnenlicht als Energiequelle zu setzen. Anders als bei der herkömmlichen Elektrolyse ist dann kein externer Strom mehr notwendig. Das spart Ressourcen und macht die Wasserstoffproduktion unabhängig von Stromnetzen – vor allem in abgelegenen oder sonnenreichen Regionen.

Noch ist die Technologie nicht marktreif. Die aktuell besten Systeme erreichen einen Wirkungsgrad von 1 bis 3 %. Für eine wirtschaftliche Nutzung wären jedoch mindestens 10 % nötig.

Doch Jianwu Sun ist optimistisch: „Wir gehen davon aus, dass es fünf bis zehn Jahre dauern wird, bis wir die 10-%-Marke mit einem marktfähigen Material erreichen.“

Stabilität und Skalierbarkeit im Fokus

Neben der Effizienz spielt auch die Lebensdauer eine große Rolle. Das neue Materialdesign zeigte sich im Langzeittest stabil – ein entscheidender Faktor für den Einsatz in der Praxis. Besonders die sogenannte Lebensdauer der Minoritätsladungsträger wurde deutlich erhöht. Das bedeutet, dass die elektrischen Ladungsträger mehr Zeit haben, um chemische Reaktionen auszulösen, bevor sie sich gegenseitig neutralisieren.

Analytische Methoden wie Röntgenabsorptionsspektroskopie bestätigten die strukturellen Veränderungen auf atomarer Ebene. Die Forschenden konnten zeigen, dass gezielte Bindungen zwischen Nickel und Kobalt (Ni–O–Co) an den Grenzflächen entstehen. Diese verbessern nicht nur die Reaktionskinetik, sondern auch die Spin-Zustände im Katalysator – ein bisher wenig erforschter Einflussfaktor bei der Wasserspaltung.

Hier geht es zur Originalpublikation

Ein Beitrag von:

  • Dominik Hochwarth

    Redakteur beim VDI Verlag. Nach dem Studium absolvierte er eine Ausbildung zum Online-Redakteur, es folgten ein Volontariat und jeweils 10 Jahre als Webtexter für eine Internetagentur und einen Onlineshop. Seit September 2022 schreibt er für ingenieur.de.

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