Spiral-Magnet verblüfft Physik und könnte Chips verändern
Ein neues Magnetmaterial überrascht mit Spiralspins und schaltbarem Hall-Effekt – spannend für künftige Elektronik und Chipdesign.
Künstlerische Darstellung des p-Wellen-Splittings: Laufrichtungsabhängiger Spin von Elektronen (grüne/lila Pfeile) über einer magnetischen Gitterstruktur.
Foto: Dr. Jan Masell, KIT
Manchmal wirkt Physik wie ein vertrautes Gelände, das niemand mehr richtig überraschen kann. Eisen zieht an, Antiferromagneten tun nichts nach außen, Elektronen folgen bekannten Regeln. Doch genau an dieser Stelle bricht ein neuartiges Material aus der Routine aus. Forschende aus Japan und Deutschland haben einen sogenannten p-Wellen-Magneten entwickelt, dessen Elektronen eine Spiralordnung einnehmen – und damit elektrischen Strom auf ungewohnte Weise ablenken. Die Ergebnisse erschienen in Nature.
Technisch versierte Leserinnen und Leser kennen das Grundprinzip: In ferromagnetischen Materialien zeigen Spins in eine gemeinsame Richtung. In Antiferromagneten heben sich die Spins hingegen gegenseitig auf. Der neue p-Wellen-Magnet spielt nicht nach diesem Schema. Hier rotiert die Magnetisierung im Abstand weniger Atome – und zwar komplett einmal im Kreis.
Eine Spirale aus Spins
Dr. Jan Masell vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) fasst diese ungewöhnliche Struktur folgendermaßen zusammen: „Die Magnetisierung rotiert auf einer Länge von nur sechs atomaren Gitterplätzen einmal um 360 Grad, wobei Nachbarn fast genau 60 Grad Differenz haben.“ Das bedeutet: Die Spins bilden keine lineare Ordnung, sondern eine sich drehende Struktur, ähnlich einer Schraube im Material. Dieser Aufbau entsteht in einer Verbindung aus mehreren Metallen.
Warum ist das spannend? Masell erklärt weiter: „Zusätzlich weist unser Material eine ganz kleine messbare Magnetisierung auf, also ein kleines bisschen Ferromagnetismus – die Spirale ist also nicht perfekt.“ Gerade diese winzige Unordnung sorgt für ein Verhalten, das Fachleute sonst nur unter starken Magnetfeldern kennen.
Ein Hall-Effekt ohne äußeres Feld
Normalerweise benötigen Sie für den anomalen Hall-Effekt ein ausgeprägtes Magnetfeld, damit Elektronen seitlich abknicken. Hier geschieht das allein durch die innere Spiralstruktur. Die Elektronen laufen nicht mehr geradlinig durch das Material, sondern werden seitlich abgelenkt – als hätte jemand im Material winzige Leitplanken versteckt.
Masell beschreibt zudem, dass sich die Spiralstruktur manipulieren lässt: „Wir konnten außerdem zeigen, dass sich die Spiralanordnung in der Magnetisierung drehen lässt – der Effekt des p-Wellen-Magneten ist also schaltbar.“
Das ist technologisch relevant, weil sich der elektrische Widerstand dabei messbar verändert. Ein Material, dessen Stromfluss sich allein über innere Magnetstruktur beeinflussen lässt, öffnet neue Wege für Schaltelemente.
Was das für die Technik bedeutet
Der p-Wellen-Magnet ist kein fertiges Produkt für die Chipindustrie. Aber er deutet an, dass komplexe Spinstrukturen mehr leisten können als bisher angenommen. Sie bieten Ansätze für kleine, energiearme Schalter. Sie könnten gleiche Funktionen übernehmen wie klassische magnetische Bauteile – nur kompakter, schneller und ohne starke externe Magnetfelder.
Gleichzeitig dient das Material als Laborwerkzeug: Forschende können damit untersuchen, wie Elektronen reagieren, wenn Magnetismus und elektrischer Transport eng miteinander verwoben sind. Besonders spannend wird das, wenn Sie an Supraleiter oder Spintronik denken, die schon heute als Alternativen zu klassischen Siliziumtechnologien diskutiert werden.
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