Hybride Elektrokatalysatoren 01.11.2025, 09:46 Uhr

Wasserstoff plus Chemie: Zwei Fliegen mit einer Reaktion

Hybride Elektrokatalysatoren erzeugen Wasserstoff und Chemikalien zugleich – Forschende aus Berlin zeigen, wie die doppelte Reaktion funktioniert.

Mit in situ und operando Methoden an Synchrotronquellen können komplexe organische Oxidationsreaktionen in Echtzeit beobachtet und analysiert werden

Mit in situ und operando Methoden an Synchrotronquellen können komplexe organische Oxidationsreaktionen in Echtzeit beobachtet und analysiert werden.

Foto: © Debabrata Bagchi / HZB

Hybride Elektrokatalysatoren kombinieren Wasserstofferzeugung und organische Synthese in einem Schritt. Forschende des Helmholtz-Zentrums Berlin (HZB) und der TU Berlin untersuchen, wie sich diese komplexen Prozesse mit modernen Röntgenmethoden und maschinellem Lernen verstehen und optimieren lassen. Ziel ist eine effizientere, grünere Chemieproduktion.

Chemie trifft Energie – ein doppelter Nutzen

Wasserstoff gilt als Energieträger der Zukunft. Doch die Herstellung des Gases ist bislang oft teuer und energieintensiv. Das Forschungsteam zeigt nun, wie sich die Produktion wirtschaftlicher gestalten lässt: durch hybride Elektrokatalysatoren, die gleich zwei Aufgaben übernehmen. Während sie an der Kathode Wasserstoff erzeugen, entstehen an der Anode gleichzeitig wertvolle organische Verbindungen – eine Art „Doppelnutzen-Reaktion“.

Hybride Elektrokatalysatoren verbinden also zwei Welten: Energieumwandlung und chemische Synthese. Sie können grüne Energie speichern und gleichzeitig die Chemieindustrie mit wichtigen Grundstoffen versorgen. Das spart nicht nur Energie, sondern auch Ressourcen, denn klassische Synthesen benötigen häufig aggressive Chemikalien und hohe Temperaturen.

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Schema eines hybriden Elektrolyseurs

Schema eines hybriden Elektrolyseurs, der an der Kathode Wasserstoff erzeugt, während an der Anode wertvolle organische Verbindungen entstehen.

Foto: © Debabrata Bagchi / HZB

Wie hybride Elektrokatalysatoren funktionieren

In einem herkömmlichen Elektrolyseur wird Wasser mithilfe von Strom in Wasserstoff und Sauerstoff gespalten. Hybride Systeme ersetzen den Sauerstoffprozess jedoch durch eine organische Oxidation. Diese Reaktion nutzt denselben elektrischen Strom, um organische Moleküle gezielt umzubauen. So entstehen neben Wasserstoff beispielsweise Alkohole, Aldehyde oder Amine – Stoffe, die in der Chemieproduktion gefragt sind.

„Dieser innovative Ansatz erhöht die Rentabilität der Wasserstofferzeugung erheblich“, schreiben die Forschenden in Nature Reviews Chemistry. Denn die gleichzeitige Bildung von Wasserstoff und organischen Produkten macht den Prozess wirtschaftlich attraktiver und umweltfreundlicher.

Diese Grafik bietet einen Überblick über die Themen, die in dem ausführlichen Beitrag behandelt werden

Diese Grafik bietet einen Überblick über die Themen, die in der Studie behandelt werden. Zu den in OOR verwendeten aktiven Metallen gehören Nickel, Kobalt, Kupfer, Mangan, Ruthenium, Platin, Palladium und Gold.

Foto: © Debabrata Bagchi / HZB

Forschung mit Röntgenstrahlen

Die chemischen Abläufe an den Elektroden sind allerdings komplex. Katalysatoren verändern während der Reaktion ständig ihren Zustand: Bindungen werden gebildet und wieder gelöst, Zwischenprodukte entstehen, Phasen wechseln. Um diese dynamischen Prozesse zu verstehen, nutzen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler moderne Analyseverfahren an Synchrotronquellen wie BESSY II in Berlin.

Mit Methoden wie Röntgenabsorptionsspektroskopie, Raman- und Infrarotspektroskopie oder elektrochemischer Massenspektrometrie können sie Reaktionen in Echtzeit beobachten – direkt unter Betriebsbedingungen („in situ“). Operando-Techniken gehen noch einen Schritt weiter, indem sie gleichzeitig Struktur und Aktivität messen.

„Diese Übersicht soll das Bewusstsein für dieses spannende Forschungsgebiet schärfen und Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ermutigen, verschiedene Analysetechniken zu kombinieren“, sagt Dr. Prashanth Menezes vom HZB. Nur so lasse sich das Verhalten der Katalysatoren wirklich verstehen und gezielt verbessern.

Daten, Maschinenlernen und Zukunftspotenzial

Die Menge an Messdaten ist enorm. Deshalb kommt zunehmend maschinelles Lernen zum Einsatz. Algorithmen helfen, Muster zu erkennen und Zusammenhänge zwischen Struktur und Reaktivität zu finden. Auf diese Weise lassen sich Katalysatoren schneller optimieren und neue Materialien gezielt entwickeln.

Langfristig könnten hybride Elektrokatalysatoren also gleich zwei zentrale Herausforderungen lösen: die nachhaltige Wasserstoffproduktion und die umweltfreundliche Herstellung organischer Chemikalien. Oder, wie es die Forschenden formulieren: zwei Fliegen mit einer Reaktion.

Hier geht es zur Originalpublikation

Ein Beitrag von:

  • Dominik Hochwarth

    Redakteur beim VDI Verlag. Nach dem Studium absolvierte er eine Ausbildung zum Online-Redakteur, es folgten ein Volontariat und jeweils 10 Jahre als Webtexter für eine Internetagentur und einen Onlineshop. Seit September 2022 schreibt er für ingenieur.de.

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