Stadtplanung 13.08.2025, 17:00 Uhr

Schritt für Schritt zur fußgängerfreundlichen Stadt

Wie Städte zu Fuß sicherer und attraktiver werden – Strategien für mehr Gesundheit, Lebensqualität und Klimaschutz.

Fußgänger Zebrastreifen

Fußgängerinnen und Fußgänger nutzen einen Zebrastreifen – sichere Querungen sind ein Kernbaustein fußgängerfreundlicher Stadtplanung.

Foto: Smarterpix / Radnatt

Ob zum Bäcker, ins Büro oder in den Park – Gehen gehört zu den einfachsten und zugänglichsten Formen der Fortbewegung. Es ist kostenlos, fördert die Gesundheit und stärkt den sozialen Austausch. Doch wie viel Menschen zu Fuß unterwegs sind, hängt stark von der Gestaltung ihrer Umgebung ab. Studien zeigen: Die Struktur einer Stadt beeinflusst entscheidend, ob und wie oft wir zu Fuß gehen. Damit wird die Fußgängerfreundlichkeit – in der Fachsprache oft als Walkability bezeichnet – zu einem wichtigen Hebel für Stadtplanerinnen und Stadtplaner.

Die Frage lautet nicht mehr, ob wir mehr für den Fußverkehr tun sollten, sondern wie. In Zeiten von Klimawandel, wachsender Stadtbevölkerung und steigenden Gesundheitskosten gewinnt das Gehen als umweltfreundliche und gesundheitsfördernde Mobilitätsform an Bedeutung. Die nächste große Aufgabe der Stadtplanung ist es, Städte so zu gestalten, dass das Zufußgehen attraktiv, sicher und komfortabel wird.

Was Fußgängerfreundlichkeit eigentlich bedeutet

Fußgängerfreundlichkeit beschreibt die Qualität eines Ortes für das Gehen – im engeren Sinne, wie sicher und bequem sich Wege zu Fuß zurücklegen lassen. Im weiteren Sinne geht es darum, ob alltägliche Ziele wie Supermärkte, Schulen, Arztpraxen oder Grünflächen innerhalb einer kurzen Gehzeit erreichbar sind.

Stellenangebote im Bereich Bauwesen

Bauwesen Jobs
Unfallkasse Mecklenburg-Vorpommern-Firmenlogo
Ingenieur / Naturwissenschaftler (m/w/d) für Berufskrankheiten-Ermittlung Unfallkasse Mecklenburg-Vorpommern
Schwerin Zum Job 
WashTec Cleaning Technology GmbH-Firmenlogo
CAD-Projektabwickler - Projektierung (m/w/d) WashTec Cleaning Technology GmbH
Augsburg Zum Job 
GBG Wohnen GmbH-Firmenlogo
Vermessungsingenieur (m/w/d) GBG Wohnen GmbH
Mannheim Zum Job 
ONTRAS Gastransport GmbH-Firmenlogo
Projektmanager für Wasserstoff (m/w/d) ONTRAS Gastransport GmbH
Leipzig Zum Job 
THOST Projektmanagement GmbH-Firmenlogo
Projektmanager*in/ Projektmitarbeiter*in (m/w/d) Flächenmanagement THOST Projektmanagement GmbH
Dresden, Berlin, Leipzig, Hamburg Zum Job 
Die Autobahn GmbH des Bundes-Firmenlogo
Ingenieur als Fachexperte (w/m/d) Zentrale Vergabe Die Autobahn GmbH des Bundes
Nürnberg Zum Job 
Die Autobahn GmbH des Bundes-Firmenlogo
Bauingenieur (w/m/d) für die Projektleitung von Lärmschutz- und Brückenbauwerken Die Autobahn GmbH des Bundes
Nürnberg Zum Job 
Albtal-Verkehrs-Gesellschaft mbH-Firmenlogo
Projektleitung Bahnübergangsmaßnahmen (m/w/d) Albtal-Verkehrs-Gesellschaft mbH
Karlsruhe Zum Job 
Die Autobahn GmbH des Bundes-Firmenlogo
Bauingenieurin oder Bauingenieur Bauwerksprüfung (w/m/d) in Oldenburg Die Autobahn GmbH des Bundes
Oldenburg Zum Job 
Die Autobahn GmbH des Bundes-Firmenlogo
Ingenieur als Fachexpertin oder Fachexperte Bautechnik/Bauprozess (w/m/d) Die Autobahn GmbH des Bundes
Hannover Zum Job 
Die Autobahn GmbH des Bundes-Firmenlogo
Ingenieur als Fachexpertin oder Fachexperte ÖPP-Projekte/Großprojekte (w/m/d) Die Autobahn GmbH des Bundes
Hannover Zum Job 
Die Autobahn GmbH des Bundes-Firmenlogo
Ingenieur als Fachexpertin oder Fachexperte Entwurfsplanung Bauwerke (w/m/d) Die Autobahn GmbH des Bundes
Hannover Zum Job 
ias health and safety GmbH-Firmenlogo
Sicherheitsingenieur / Fachkraft für Arbeitssicherheit (m/w/d) - Festanstellung ias health and safety GmbH
München Zum Job 
Die Autobahn GmbH des Bundes-Firmenlogo
Bauingenieurin / Bauingenieur Streckenbau (w/m/d) Die Autobahn GmbH des Bundes
AbbVie Deutschland GmbH & Co. KG-Firmenlogo
Senior Ingenieur als Projektleiter für Investitionsprojekte (all genders) AbbVie Deutschland GmbH & Co. KG
Ludwigshafen am Rhein Zum Job 
Wirtschaftsbetrieb Hagen AöR-Firmenlogo
Werkstudent*in Siedlungswasserwirtschaft (w/m/d) Wirtschaftsbetrieb Hagen AöR
DB InfraGO-Firmenlogo
Senior Projektingenieur:in Leit- und Sicherungstechnik (w/m/d) DB InfraGO
Frankfurt am Main Zum Job 
Deutsche Bahn AG-Firmenlogo
(Junior) Projektleiter:in / Projektingenieur:in für Oberbau | Gleise | Fahrbahn | Streckenbau (w/m/d) Deutsche Bahn AG
Frankfurt am Main Zum Job 
Dr. Born - Dr. Ermel GmbH-Firmenlogo
Bauingenieur Planung Ingenieurbau (m/w/d) Dr. Born - Dr. Ermel GmbH
Frankfurt am Main Zum Job 
Dr. Born - Dr. Ermel GmbH-Firmenlogo
Projektleiter Ingenieur Abwasserbehandlung (m/w/d) Dr. Born - Dr. Ermel GmbH
Frankfurt am Main Zum Job 

Das Konzept ist keineswegs neu. Bevor das Auto im 20. Jahrhundert zum dominanten Verkehrsmittel wurde, waren Städte zwangsläufig auf Fußwege ausgerichtet. Die Industrialisierung brachte zwar befestigte Straßen und Gehwege, aber auch größere Distanzen zwischen Wohnen, Arbeiten und Freizeit. Die autogerechte Stadtplanung der Nachkriegszeit verstärkte diesen Trend: Breite Straßen, Zersiedelung und monofunktionale Gebiete machten das Gehen vielerorts unattraktiv. Erst seit den 1980er-Jahren setzt sich zunehmend wieder die „Stadt der kurzen Wege“ als Leitbild durch.

Gesundheitliche Argumente für fußgängerfreundliche Städte

Dass Bewegung die Gesundheit schützt, ist unbestritten. Laut einer Untersuchung der University of Washington in Seattle gehen Menschen, die in fußgängerfreundlichen Stadtvierteln leben, deutlich mehr Schritte pro Tag. Zogen Studienteilnehmende von wenig gehfreundlichen Städten nach New York City, erhöhten sie ihre tägliche Schrittzahl im Schnitt um 1400 Schritte – von 5600 auf 7000. Der umgekehrte Umzug führte zu einem entsprechenden Rückgang.

Diese Unterschiede sind mehr als statistische Spielereien. Wer sich regelmäßig bewegt, senkt sein Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes oder bestimmte Krebsarten. Die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt Erwachsenen mindestens 150 Minuten körperliche Aktivität pro Woche. Doch nur ein Bruchteil der Bevölkerung erreicht dieses Ziel – oft auch, weil die städtische Umgebung nicht zum Gehen einlädt.

Stadtplanung als Gesundheitsförderung

Der Vorteil einer fußgängerfreundlichen Gestaltung liegt darin, dass sie viele Menschen gleichzeitig erreicht – anders als individuelle Fitnessprogramme, die oft nur kleine Gruppen ansprechen. Wenn Gehwege sicher, attraktiv und gut vernetzt sind, wird Bewegung zu einem selbstverständlichen Bestandteil des Alltags.

Stefan Siedentop von der Technischen Universität Dortmund bringt es auf den Punkt: „Es hat eine große Bedeutung für Bewegung, wo ich lebe und welche Angebote ich habe.“ Diese Angebote reichen von Geschäften über Gastronomie bis hin zu Schulen, Freizeiteinrichtungen und Parks.

In der Praxis bedeutet das: Stadtplaner*innen müssen stärker darauf achten, dass solche Ziele fußläufig erreichbar sind. Das französische Konzept der „15-Minuten-Stadt“ dient dabei vielen Kommunen als Vorbild. In Frankfurt, Mannheim oder München können viele Alltagsziele bereits heute innerhalb dieser Zeitspanne zu Fuß oder mit dem Rad erreicht werden.

Fußgängerfreundlichkeit messen – vom Bauchgefühl zur Datengrundlage

Früher wurde die Qualität einer Stadt für Fußgänger*innen oft subjektiv eingeschätzt. Heute gibt es standardisierte Messmethoden wie den Walkability Index oder den international bekannten Walk Score. Dabei fließen Faktoren wie Dichte der Bebauung, Nutzungsmischung, Straßenqualität, Barrierefreiheit, Beleuchtung und Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr ein.

Ein Beispiel liefert Essen: Dort zeigte eine Analyse aus dem EU-Projekt „Cities for Walking“ 2017, dass die Innenstadt relativ gut abschneidet – breite, sanierte Gehwege, gute ÖPNV-Anbindung, moderne Querungshilfen. In den Randlagen dagegen mangelte es an Breite, Beleuchtung und Barrierefreiheit. Diese Detailunterschiede sind entscheidend, wenn Städte gezielt verbessern wollen.

Klar ist: Fußgängerfreundlichkeit ist kein „Nice-to-have“, sondern eine Grundbedingung für gesunde, lebenswerte und nachhaltige Städte. Sie hängt von vielen Faktoren ab: der Dichte und Mischung der Nutzungen, der Qualität und Sicherheit von Wegen, aber auch vom politischen Willen, dem Fußverkehr Priorität einzuräumen.

Große Unterschiede zwischen deutschen Städten

Eine Analyse des Instituts für Landes- und Stadtentwicklungsforschung zeigt: Die Unterschiede in der Walkability deutscher Großstädte sind erheblich. Spitzenreiter ist Frankfurt am Main, gefolgt von Stuttgart und München. Am unteren Ende der Rangliste finden sich Bremen, Dresden und Dortmund.

Frankfurt punktet mit dichter Bebauung, einer starken Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr und kurzen Wegen zu zentralen Einrichtungen. In Dortmund dagegen verhindern breite Straßenachsen, autoorientierte Infrastruktur und Barrieren in stark frequentierten Quartieren eine höhere Fußgängerquote. Das wirkt sich spürbar auf den Alltag aus: Wer in Frankfurt unterwegs ist, erreicht innerhalb von fünf Minuten zu Fuß deutlich mehr Ziele als in Dortmund.

Quartiersvergleich: Lehren aus Dortmund

Das Forschungsprojekt „WalkUrban“ hat sich zwei Dortmunder Stadtteile genauer angesehen: das Kreuzviertel und das Quartier Ostpark/Funkenburg. Beide lassen sich in 10 bis 15 Minuten durchqueren, beide verfügen über Grünflächen und eine gewisse Dichte an Alltagszielen.

Trotzdem zeigen sich deutliche Unterschiede:

  • Im Kreuzviertel, mit Gründerzeitbauten, Cafés und guter Anbindung, gehen viele Wege leicht zu Fuß.
  • Im Ostpark-Quartier, das peripherer liegt und einen höheren Anteil an einkommensschwachen Haushalten hat, ist das Gehen oft mit Hindernissen verbunden.

Die Befragung von 467 Haushalten in Dortmund ergab:

  • Im Schnitt legen die Menschen dort 4,7 Fußwege pro Tag zurück – mehr als in Göteborg oder Genua, den beiden anderen Städten der Untersuchung.
  • Rund ein Drittel geht fast täglich ohne konkretes Ziel spazieren.
  • Häufigste Barrieren sind zugeparkte Gehwege, Baustellenumwege, kurze Ampelphasen und Lärm.

Ältere Menschen als Maßstab

Ein besonderer Fokus lag auf älteren Bewohner*innen. Sie wurden bei typischen Wegen begleitet und gaben dabei konkrete Rückmeldungen.
Hinderlich waren:

  • Kurze Grünphasen an Ampeln
  • Schlechte Oberflächen durch Wurzeln oder Schlaglöcher
  • Engstellen durch parkende Autos
  • Fehlende Barrierefreiheit an ÖPNV-Haltestellen

Förderlich wirkten dagegen Grünflächen, die Nähe zu Ärzten, Einkaufsmöglichkeiten und Gastronomie sowie gute Anbindungen an Bus und Bahn. Diese Ergebnisse sind nicht nur für Dortmund relevant: Wenn eine Stadt für ältere und mobilitätseingeschränkte Menschen sicher ist, ist sie es in der Regel für alle.

Essen: Potenzial und Stolpersteine

Essen hat 2017 im Rahmen des EU-Projekts „Cities for Walking“ seine Fußgängerfreundlichkeit vermessen lassen. Die Innenstadt schnitt relativ gut ab – mit breiten, sanierten Gehwegen und modernen Querungshilfen. In vielen Randlagen dagegen waren die Wege schmal, uneben oder schlecht beleuchtet.

Besonders problematisch:

  • Gehwegbreiten oft unter 2,50 Metern
  • Hohe Bordsteinkanten und fehlende taktile Leitsysteme für sehbehinderte Menschen
  • Geringe Aufenthaltsqualität durch fehlende Bänke, Bäume oder Witterungsschutz

Die Studie empfiehlt unter anderem:

  • Bordsteinabsenkungen und längere Grünphasen an Ampeln
  • Mehr Sitzgelegenheiten und Begrünung
  • Verkehrsberuhigung vor Schulen und Kitas
  • Bessere Beleuchtung in Randlagen

Strukturelle Herausforderungen

Deutsche Städte stehen vor einem Dilemma: Einerseits gilt es, den Fußverkehr zu fördern, andererseits konkurrieren Flächen mit dem Autoverkehr, Radwegen, Lieferzonen und Außengastronomie. Hinzu kommt, dass ältere Stadtstrukturen oft nicht ohne Weiteres auf heutige Bedürfnisse angepasst werden können.

Ein weiterer Punkt ist die soziale Dimension. Quartiere mit geringerer Walkability sind oft auch sozial benachteiligt. Schlechte Gehwege, Barrieren und fehlende Aufenthaltsqualität verstärken bestehende Ungleichheiten – etwa beim Zugang zu Bildung, Arbeit oder Gesundheitsversorgung.

Die „Stadt der kurzen Wege“ als Leitbild

In Deutschland gewinnt die Idee der 15-Minuten-Stadt an Popularität. Ziel ist es, Alltagsziele in kurzer Zeit zu Fuß oder mit dem Rad erreichen zu können. Frankfurt, Mannheim, München, aber auch Hannover oder Düsseldorf schneiden hier vergleichsweise gut ab. Entscheidend ist, dass Mischnutzung gefördert wird: Wohnen, Arbeiten, Einkaufen und Freizeitangebote liegen nah beieinander, was den Bedarf an motorisiertem Verkehr verringert.

Das Beispiel der Lincoln-Siedlung in Darmstadt zeigt, wie das funktionieren kann. Das ehemalige US-Militärgelände wurde so umgestaltet, dass Schulen, Kitas, Geschäfte und Grünflächen fußläufig erreichbar sind.

Europas Spitzenreiter – und was Deutschland davon lernen kann

Während deutsche Städte beim Thema Fußgängerfreundlichkeit oft noch Stückwerk leisten, gibt es international Beispiele, die konsequent auf das Gehen setzen. Zürich, Barcelona und Kopenhagen zählen laut mehreren Studien zu den fußgängerfreundlichsten Städten der Welt.

  • Zürich etwa erreicht eine 15-Minuten-Abdeckung von 99,2 %. Das heißt: Fast alle Einwohner*innen können Schulen, Geschäfte, Parks und medizinische Versorgung zu Fuß oder per Rad in maximal einer Viertelstunde erreichen. Dazu kommen autofreie Altstadtzonen und ein Nahverkehrssystem, das nahtlos mit den Fußwegen verknüpft ist.
  • Barcelona hat mit seinem „Superblock“-Modell ganze Straßenzüge vom Autoverkehr befreit. Innerhalb dieser Zonen gibt es mehr Grün, breitere Gehwege, Spielflächen und Außengastronomie. Die Lärmbelastung ist gesunken, die Luftqualität messbar besser geworden.
  • Kopenhagen verbindet fußgängerfreundliche Planung mit Radverkehrsförderung. Die Strøget, eine der längsten Fußgängerzonen Europas, ist nur ein Beispiel für eine jahrzehntelange Priorisierung des nichtmotorisierten Verkehrs.

Paris und die 15-Minuten-Stadt

Ein Blick nach Frankreich zeigt, wie ambitionierte Stadtpolitik wirken kann. Paris verfolgt unter Bürgermeisterin Anne Hidalgo konsequent die Idee der 15-Minuten-Stadt. Uferbereiche der Seine wurden für Autos gesperrt, neue Grünflächen angelegt und das Netz an Rad- und Fußwegen stark ausgebaut. Ziel ist, dass alle wichtigen Ziele – von der Schule bis zum Supermarkt – innerhalb eines Viertelstunde-Fußwegs liegen.

Diese Maßnahmen verändern nicht nur das Mobilitätsverhalten, sondern auch die Wahrnehmung der Stadt. Straßenzüge, die früher dem Durchgangsverkehr gehörten, werden heute als Aufenthaltsräume genutzt.

Deutschland im Rückstand

Verglichen mit diesen Vorreitern wirken deutsche Maßnahmen oft kleinteilig. Viele Kommunen konzentrieren sich auf einzelne Projekte wie die Aufwertung einer Fußgängerzone oder die Sanierung eines zentralen Platzes. Flächendeckende Konzepte fehlen häufig.

Ein weiterer Unterschied: In Städten wie Zürich oder Kopenhagen ist die Fußgängerfreundlichkeit ein integraler Bestandteil der Gesamtverkehrsstrategie. In Deutschland konkurrieren Maßnahmen für den Fußverkehr oft mit dem Ausbau von Radwegen oder Autospuren – statt dass sie als Teil einer gemeinsamen, verkehrsübergreifenden Planung gedacht werden.

Technische Werkzeuge für mehr Walkability

Moderne Stadtplanung setzt zunehmend auf digitale Werkzeuge, um Fußgängerfreundlichkeit gezielt zu verbessern:

  • Digitale Zwillinge bilden das Stadtgebiet virtuell ab und ermöglichen, Änderungen an Straßen, Gehwegen oder Kreuzungen vorab zu simulieren.
  • Echtzeitdaten aus Apps oder Sensoren zeigen, wo besonders viele Menschen zu Fuß unterwegs sind – und wo Engpässe entstehen.
  • KI-gestützte Analysen werten Bewegungsdaten anonymisiert aus, um Wunschlinien zu erkennen, also die Routen, die Menschen tatsächlich bevorzugen.

Internationale Beispiele zeigen, dass solche Tools nicht nur Planungsprozesse beschleunigen, sondern auch Akzeptanz schaffen, weil Maßnahmen auf sichtbaren Daten basieren.

Die Rolle von Ingenieurinnen und Ingenieuren

Für Ingenieur*innen im Verkehrs- und Bauwesen bedeutet die Fußgängerfreundlichkeit eine Querschnittsaufgabe. Sie umfasst:

  • die Auswahl geeigneter Beläge für langlebige, barrierefreie Gehwege,
  • die Gestaltung sicherer Querungen mit guter Sicht und ausreichender Grünphase,
  • die Integration von Regenwassermanagement und Begrünung in den Straßenraum,
  • die Abstimmung mit Rad- und ÖPNV-Infrastruktur.

Die technischen Details sind entscheidend: Eine zu steile Rampe, eine schlecht positionierte Querungshilfe oder eine mangelhafte Beleuchtung können den Unterschied machen, ob ein Weg genutzt wird oder nicht.

Die internationalen Vorbilder setzen auf eine Kombination aus Flächenumverteilung, Nutzungsmischung und Aufenthaltsqualität:

  • Autofreie Zonen: Mehr Platz für Fußgänger*innen, weniger Durchgangsverkehr.
  • Mischnutzung: Wohnen, Arbeiten und Freizeitangebote in direkter Nähe.
  • Grünflächen und Sitzgelegenheiten: Bäume, Parklets und Bänke steigern die Aufenthaltsqualität.
  • Barrierefreiheit: Uneingeschränkter Zugang für alle Altersgruppen und Mobilitätsformen.

Deutschland kann hiervon profitieren, wenn solche Maßnahmen nicht nur punktuell, sondern systematisch umgesetzt werden. Das erfordert jedoch einen langen Atem und den politischen Willen, Flächen neu zu verteilen. (mit Material der dpa)

Quellenverzeichnis

  1. University of Washington, Seattle – Studie zur Wirkung der städtischen Umgebung auf das Gehverhalten, veröffentlicht im Fachjournal Nature.
  2. Technische Universität Dortmund, Fakultät Raumplanung – Experteneinschätzungen von Stefan Siedentop zu Fußgängerfreundlichkeit und Stadt der kurzen Wege.
  3. WalkUrban – Walkable Urban Neighbourhoods – Forschungsprojekt des Instituts für Landes- und Stadtentwicklungsforschung (ILS) in Kooperation mit Partnern in Göteborg und Genua, Erhebungszeitraum 2022–2023.
  4. EU-Projekt „Cities for Walking“ – Analyse der Walkability in Essen, basierend auf dem internationalen Walkability Index, Jahr 2017.
  5. Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung (ILS) – Vergleichsanalyse der Fußgängerfreundlichkeit in 16 deutschen Großstädten, basierend auf etablierten Bewertungsmodellen wie Walk Score.
  6. Globale Rankings fußgängerfreundlicher Städte – Auswertung aktueller Studien von The Guardian, ScienceDirect, Time Out, Travel + Leisure und weiteren Quellen, Stand 2025.

 

Ein Beitrag von:

  • Dominik Hochwarth

    Redakteur beim VDI Verlag. Nach dem Studium absolvierte er eine Ausbildung zum Online-Redakteur, es folgten ein Volontariat und jeweils 10 Jahre als Webtexter für eine Internetagentur und einen Onlineshop. Seit September 2022 schreibt er für ingenieur.de.

Zu unseren Newslettern anmelden

Das Wichtigste immer im Blick: Mit unseren beiden Newslettern verpassen Sie keine News mehr aus der schönen neuen Technikwelt und erhalten Karrieretipps rund um Jobsuche & Bewerbung. Sie begeistert ein Thema mehr als das andere? Dann wählen Sie einfach Ihren kostenfreien Favoriten.