Oper in Hamburg vorgestellt: Hat sie das Zeug zum neuen Wahrzeichen?
Neue Oper für Hamburg: BIG plant ein offenes Haus mit Dachgärten am Baakenhöft. Kosten, Konzept, Kritik – und was bis 2030 passieren soll.
So soll die neue Oper am Baakenhöft in der Hafen-City aussehen.
Foto: BIG & Yanis Amasri Sierra, Madrid, Spain
Die Elbphilharmonie stand wegen der hohen Baukosten lange Zeit in der Kritik, heute ist sie eines der Wahrzeichen von Hamburg. Einen ähnlichen Weg sollte der Elbtower gehen, der jedoch gewaltig kriselt und nur noch in abgespeckter Variante gebaut werden soll. Nun steht das nächste Bauwerk in den Startlöchern, das zu einem Wahrzeichen werden könnte.
Hamburg plant ein neues Opernhaus am Baakenhöft in der HafenCity. Die Bjarke Ingels Group setzt auf ein offenes Gebäude mit begehbarem Dach, Terrassen und viel Glas. Die Oper soll ein Ort für Kultur und Öffentlichkeit werden. Die Kosten liegen bei etwa 500 Mio. €, getragen überwiegend von der Kühne-Stiftung. Bis 2027 wird geprüft, ob der Bau realisiert wird. Ein Start ab 2030 ist möglich. Kritik an Finanzierung und Stiftung begleitet das Projekt.
Der Baakenhöft in der HafenCity wird damit Schauplatz eines der ambitioniertesten Kulturprojekte der kommenden Jahre. Der Ort gilt als verbindendes Stück zwischen Elbtower und Elbphilharmonie – und genau darauf zielt der Entwurf ab: ein Brückenkopf in einem Stadtteil, der ständig im Wandel ist.
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Warum die Wahl auf diesen Vorschlag fiel
Die Jury, besetzt mit Vertreterinnen und Vertretern der Stadt, der Kühne-Stiftung und externen Fachleuten, tagte lange. Am Ende fiel die Wahl einstimmig auf BIG. Nur eine Sitzung brauchte das Gremium, um sich festzulegen. Der Grund: Der Entwurf wirkte zugänglich und offen, ohne dabei kompliziert zu werden.
Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher erläutert die Entscheidung: „Die neue Oper ist eine Chance, Hamburg als Kulturstadt noch bekannter in der Welt zu machen“. Und weiter: „Die neue Oper kann neben Elbphilharmonie und Michel zu einem weiteren Wahrzeichen der Stadt werden.“
Die Jury bezeichnete den Entwurf als Mischung aus guten Bedingungen für Opernbetrieb und lebendigem öffentlichen Raum. Besonders die Dachlandschaft fiel positiv auf. „De facto entsteht eine Spirale aus Dachgärten, die mit einheimischen Bäumen, Büschen und Gräsern bepflanzt wird“, heißt es in der Begründung der Jury.

Die neue Hamburger Oper am Baakenhöft: Terrassen, Glasflächen und begrünte Dachwege formen eine spiralförmige Landschaft direkt am Hafen.
Foto: BIG & Yanis Amasri Sierra, Madrid, Spain
Architektur als Landschaft und nicht als Monument
Was BIG vorschlägt, ist weniger ein klassisches Opernhaus und mehr eine begehbare Landschaft. Das Gebäude steigt nicht wie ein Block aus dem Boden, sondern wirkt wie eine fließende Struktur. Balkone kragen weit aus, Wege laufen hinauf auf ein Dach, das sich in mehreren Ebenen spiralförmig öffnet. Terrassen und Grünflächen schaffen zahlreiche Orte zum Verweilen.
Jörg Dräger von der Kühne-Stiftung beschreibt das so: „Der Park und das Gebäude gleiten sozusagen ineinander.“ Das Ziel ist klar: keine Schwellen, keine Barrieren, kein elitärer Kulturbau. Stattdessen ein Ort, an dem Menschen spazieren, sitzen, essen oder einfach die Aussicht genießen können.
Bjarke Ingels selbst nennt den Entwurf eine „Arbeit der Liebe“ – und spricht von einer „Fabrik der Fantasie“.
Ein Opernsaal aus Holz und ein Haus voller Zugänge
Innen fällt vor allem der zentrale Saal auf. Er soll komplett mit Holz ausgekleidet sein und die Wellenbewegung des Gebäudes im Kleinen wiederholen. Die Form soll nicht nur ästhetisch wirken, sondern die Akustik unterstützen. Rund 1500 Besucherinnen und Besucher werden Platz finden.
Außen entsteht ein System von Wegen, Terrassen und Pavillons. Ein Café und eine Bar sollen ganztägig zugänglich sein. Der Entwurf versucht damit, das Opernhaus nicht nur als Abendbetrieb zu denken, sondern als Ort, der schon tagsüber genutzt wird.
Für Tobias Kratzer, Intendant der Hamburgischen Staatsoper, ist das ein entscheidender Punkt: „Ein Gebäude, das nach allen Seiten offen ist und Oper und Alltag sprichwörtlich und sinnlich verbindet.“

Der zentrale Saal der neuen Hamburger Oper: Holz, fließende Formen und offene Ebenen schaffen einen warmen Raum mit direktem Bezug zur Architektur des Hauses.
Foto: BIG & Yanis Amasri Sierra, Madrid, Spain
Transparenz, Leichtigkeit, Zugänglichkeit
Vieles dreht sich um Offenheit. Glasflächen sorgen dafür, dass Innen und Außen ineinander übergehen. Die Terrassen sollen so wirken, als würden sie aus der Stadtlandschaft herauswachsen. Keine opulenten Formen, kein Pathos.
Das ist politische Absicht: Die neue Oper soll nicht distanziert wirken, sondern Teil des öffentlichen Raums. Kultursenator Carsten Brosda sagt: „Ein starker Entwurf, der Oper und Park zu einer Einheit verbindet.“
Die Finanzierung und wer welche Last trägt
Bislang werden die Gesamtkosten auf rund 500 Millionen Euro geschätzt. Die Stadt übernimmt davon einen gedeckelten Anteil von 147,5 Millionen Euro. Dieser Betrag fließt vor allem in Maßnahmen wie Gründung, Flutschutz und Erschließung. Das Grundstück stellt die Stadt ebenfalls.
Mäzen Klaus-Michael Kühne trägt den Großteil der Kosten. Er stellt bis zu 330 Millionen Euro bereit. Zusätzlich übernimmt die Stadt rund 104 Millionen Euro für Freiflächen, Promenaden und die Baakenhöft-Uferzone. Am Ende, nach Fertigstellung Mitte der 2030er-Jahre, soll das Opernhaus in den Besitz der Stadt übergehen.
Kritik bleibt und begleitet das Projekt weiter
Wie bei anderen Großprojekten, wie dem Elbtower oder der Elbphilharmonie, geht es nicht ohne Kontroversen. Mehrere Initiativen kritisieren die Entscheidung, die alte Staatsoper nicht zu sanieren. Der Denkmalschutzbund hält einen Neubau sogar für „weder baukulturell noch finanziell“ sinnvoll.
Außerdem steht die Kühne-Stiftung unter Beobachtung, weil Kritiker eine unzureichende Aufarbeitung der NS-Vergangenheit des Unternehmens sehen. Der Senat betont dagegen, dass mögliche Risiken beim Mäzen liegen und nicht bei der Stadt. Die Debatte dürfte das Projekt die nächsten Jahre begleiten.
Der Zeitplan bis 2035
Und so geht es mit der neuen Oper weiter:
- Die vertiefte Planung läuft etwa zwei Jahre.
- Bis Ende 2027 soll eine belastbare Kostenprüfung abgeschlossen sein.
- Die Kühne-Stiftung entscheidet dann verbindlich über die Realisierung.
- Ein Baubeginn ab 2030 wäre möglich.
- Die Eröffnung könnte Mitte der 2030er-Jahre stattfinden.
Parallel plant die Stadt neue Wege und Brücken, um den Baakenhöft besser anzubinden – auch per Fähre.
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