3D-Druck der Zukunft: Wie OpenVCAD Materialgrenzen auflöst
So sieht der 3D-Druck von morgen aus: OpenVCAD erlaubt Materialverläufe direkt im Code – ideal für Robotik, Medizin und Prototypenbau.
Ein medizinisches Scan-to-Print-Modell. Forscher der University of Colorado Boulder haben ein neues Open-Source-Tool entwickelt, mit dem Ingenieure solche 3D-gedruckten Objekte aus mehreren Materialien effizienter entwerfen können.
Foto: University of Colorado Boulder
Wer im 3D-Druck schon einmal versucht hat, Objekte aus mehreren Materialien zu entwerfen, kennt die Hürden: herkömmliche CAD-Programme stoßen schnell an ihre Grenzen. Genau hier setzt ein Team der University of Colorado Boulder an.
Mit OpenVCAD haben die Forschenden ein frei verfügbares Designwerkzeug entwickelt, das die Welt des 3D-Drucks verändern könnte – und zwar mit einer Idee, die so einfach wie radikal ist: Statt in starren Oberflächen zu denken, arbeitet OpenVCAD direkt im Code.
„Mit OpenVCAD erledigen wir all diese Arbeit einmalig – und das wirklich gut“, erklärt Assistenzprofessor Robert MacCurdy, Leiter des Matter Assembly Computation Lab. „So verfügen die Nutzer über eine integrierte Infrastruktur, um räumlich variierende Designs aus mehreren Materialien darzustellen.“
Formen denken, Materialien gestalten
Entwickelt wurde die Software von Charles Wade, Doktorand am Fachbereich Informatik. Sein Ziel: Ingenieur*innen ein Werkzeug an die Hand zu geben, das nicht nur Formen beschreibt, sondern gleich mitliefert, aus welchem Material welche Stelle eines Objekts bestehen soll.
In herkömmlichen CAD-Programmen wird ein Bauteil meist als geschlossene Hülle dargestellt – alles innerhalb dieser Hülle gilt als ein Material. OpenVCAD bricht mit diesem Prinzip. Stattdessen lassen sich Funktionen definieren, die Materialeigenschaften an bestimmten Punkten festlegen. Das Ergebnis: ein fließender Übergang von hart zu weich, von flexibel zu starr – so wie bei einer Schuhsohle, die unten stoßdämpfend, oben aber stabil ist.
„Dies ist das erste weit verbreitete, code-basierte Design-Tool für mehrere Materialien“, sagt Wade. „Es ermöglicht eine hohe Komplexität beim Drucken von Objekten, ist leicht zugänglich und intuitiv zu bedienen.“

3D-gedruckte Teekanne aus 3 Komponenten und Farbverlauf.
Foto: University of Colorado Boulder
Wenn Materialgrenzen verschwimmen
Das klingt abstrakt, doch die Auswirkungen sind greifbar. Mit OpenVCAD können Sie als Ingenieur*in eine Variable im Code ändern und sofort sehen, wie sich das gesamte Design anpasst. Statt jede Änderung neu zu zeichnen, reagiert das Modell direkt – ein Prinzip, das aus der Softwareentwicklung kommt und nun in die Konstruktion wandert.
So lassen sich Materialien nicht nur nebeneinander, sondern ineinander gestalten. Diese sogenannte Gradiententechnik ermöglicht es, zwei Stoffe so zu kombinieren, dass keine scharfe Trennlinie entsteht. Das ist in vielen Anwendungen entscheidend: in der Robotik etwa, wenn weiche Greifarme gleichzeitig fest und elastisch sein sollen, oder in der Medizin, wo Implantate sich an Gewebe anpassen müssen.

Ein abgestuftes Gitter mit weichen und starren Teilen.
Foto: University of Colorado Boulder
Vom Labor zur Anwendung
Getestet wurde OpenVCAD bereits auf verschiedenen 3D-Druckern, darunter auch einem, der bis zu fünf Materialien gleichzeitig verarbeiten kann. Die Software arbeitet dabei als universelle Schnittstelle – sie kümmert sich um die Logik, während der Drucker die Physik übernimmt.
MacCurdy und sein Team sehen darin mehr als nur eine technische Spielerei. Sie glauben, dass OpenVCAD den 3D-Druck von Grund auf vereinfachen kann – und damit neue Forschungsfelder eröffnet. In der Softrobotik etwa lassen sich flexible Aktuatoren konstruieren, die sich gezielt in eine Richtung biegen. Chirurginnen und Chirurgen könnten damit anatomische Modelle entwerfen, deren Härtegrad realistische Gewebestrukturen simuliert. Und Materialtechniker neue Möglichkeiten, Gitterstrukturen mit gezielt veränderten Eigenschaften zu entwickeln – etwa zur Stoßdämpfung.
„Wir können uns auf die Kernfunktionen von OpenVCAD verlassen, um Objekte aus mehreren Materialien in einer Vielzahl unterschiedlicher Bereiche darzustellen“, sagt MacCurdy. „Aber in bestimmten Bereichen gibt es noch viel mehr, worüber wir uns freuen.“
Ein Werkzeug für alle
Ein weiterer Vorteil: OpenVCAD ist vollständig Open Source. Das heißt, jede Person kann die Software frei nutzen, erweitern oder anpassen. Wer mit der Programmiersprache Python vertraut ist, kann das Repository des Teams direkt importieren – und mit nur einer einzigen Codezeile starten.
Das senkt die Einstiegshürde für Studierende ebenso wie für erfahrene Ingenieur*innen. Statt teure Lizenzprogramme zu verwenden, reicht künftig ein Notebook mit Internetzugang.
Für MacCurdy geht es dabei um mehr als reine Effizienz: „Wir hoffen wirklich, dass sich dieser Ansatz für das Design mit mehreren Materialien durchsetzen wird.“
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