Bewerbungsgespräch per Video? 15.08.2025, 12:30 Uhr

Warum persönliche Vorstellungsgespräche wieder gefragt sind

Von Videointerviews bis zu gefälschten Bewerberprofilen: Warum persönliche Vorstellungsgespräche wieder wichtiger werden.

Vorstellungsgespräch

Von Remote-Interviews zu persönlichen Checks: Betrug macht Druck.

Foto: panthermedia.net/Wavebreakmedia ltd

Immer häufiger werden Bewerbende zunächst zu Vorstellungsgesprächen per Video eingeladen – zumindest für eine Vorauswahl. Das ist bequem für alle Beteiligten: Bewerbende sparen Anreisezeit und -kosten, während Unternehmen flexibel mehrere Kandidaten prüfen können. Doch inzwischen geht der Trend wieder in die entgegengesetzte Richtung. Grund dafür ist, dass Unternehmen bei Videointerviews keine vollständige Übersicht haben, wer tatsächlich am Gespräch teilnimmt. Kandidaten könnten sich eventuell Tipps zuflüstern lassen, Antworten von Dritten erhalten oder während des Gesprächs auf einen zweiten Bildschirm schauen, um heikle Fragen zu Kenntnissen und Fähigkeiten zu umgehen.

Interviews für Engineering- und Programmierpositionen, bei denen Bewerber Code in Echtzeit schreiben müssen, gelten als besonders schwierig. Viele Mitarbeitende, vor allem in kleineren Tech-Firmen, arbeiten remote. Deshalb laufen diese Interviews häufig virtuell ab.

Der Anteil der Vorstellungsgespräche vor Ort wächst

Große Unternehmen wie Cisco und Google führen immer öfter persönliche Interviews, um sicherzugehen, dass Bewerbende die nötigen Fähigkeiten wirklich besitzen.

Denn: Recruiter berichten, dass es inzwischen relativ leicht sei, KI-Tools heimlich zu nutzen, um Code zu schreiben. Es werden sogar einige Daten und Zahlen in Medienberichten zusammengefasst: Mike Kyle, Managing Director für IT-Recruiting bei Coda Search/Staffing in Dallas, sagte, dass der Anteil der Kunden, die persönliche Interviews verlangen, von 5 % im Jahr 2024 auf 30 % in diesem Jahr gestiegen sei.

„Wir werden auf jeden Fall mindestens eine Runde persönlicher Interviews mit den Kandidaten einführen, um sicherzustellen, dass das grundlegende Wissen vorhanden ist“, sagte Googles CEO Sundar Pichai.

Gefälschte Bewerberprofile: Wie Kriminelle Zugang zu Unternehmen bekommen

Und nicht nur das – diese „kleinen Betrügereien“ sind noch harmlos. Ein wachsendes Problem ist, dass Betrüger gefälschte Bewerberprofile nutzen, um in Unternehmen einzudringen, Daten zu stehlen oder – wie im Fall einer nordkoreanischen Laptopfarm-Betreiberin – Geld zu verschicken.
Laut WSJ zeigte eine Umfrage des Marktforschungsunternehmens Gartner in den USA, dass von 3.000 Arbeitssuchenden sechs Prozent angaben, sich in einem Vorstellungsgespräch als jemand anderes ausgegeben oder vertreten lassen zu haben. Gartner schätzt, dass bis 2028 etwa jedes vierte Bewerberprofil gefälscht sein könnte.

Ein Beispiel: Die Zahl der Bewerbungen von angeblichen IT-Fachkräften, hinter denen nordkoreanische Cyberkriminelle stecken, nimmt bei europäischen Unternehmen zu. Die Kriminellen suchen gezielt nach Remote-Stellen und überweisen ihr Gehalt an die nordkoreanische Regierung. Laut einem Bericht der Google Threat Intelligence Group (GTIG) installieren sie in einigen Fällen Schadsoftware auf Firmenrechnern oder stehlen interne Daten, für die sie Lösegeld verlangen. Nachdem diese Masche in den USA bekannter und schwieriger wurde, weiten die Täter ihr Vorgehen nun auf Europa aus.

Betrug mit gefälschten Stellenanzeigen

Es kann aber auch in eine andere Richtung gehen – beim sogenannten Job-Scamming, also Betrug mit gefälschten Stellenanzeigen. Hinter diesen angeblichen Jobs, die zum Beispiel über Messengerdienste verbreitet werden, stecken oft Kriminelle, die auf Identitätsdiebstahl aus sind. Wir haben darüber berichtet und erklärt, wie diese Maschen funktionieren: Die Betrüger geben vor, ein Unternehmen zu sein, fordern persönliche Daten von Bewerbern an und nutzen diese, um Konten zu missbrauchen oder Geld zu ergaunern.

Ein Beitrag von:

  • Alexandra Ilina

    Alexandra Ilina ist Diplom-Journalistin (TU-Dortmund) und Diplom-Übersetzerin (SHU Smolensk) mit mehr als 20 Jahren Berufserfahrung im Journalismus, in der Kommunikation und im digitalen Content-Management. Sie schreibt über Karriere und Technik.

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