Arbeitszeugnis 02.09.2025, 11:30 Uhr

Formulierungen im Arbeitszeugnis: Was sie wirklich aussagen

Arbeitszeugnisse entscheiden über Karrierechancen: Aufbau, Inhalte und Formulierungen eines qualifizierten Zeugnisses sowie ihre Wirkung auf Bewerbungen.

Arbeitszeugnis

Qualifiziertes Arbeitszeugnis erstellen: Aufbau, Inhalte und Formulierungen.

Foto: PantherMedia / Jens Schierenbeck

Türöffner oder Stolperstein? Warum Arbeitszeugnisse über Karrieren entscheiden können

Wer eine Bewerbung zusammenstellt, greift schnell zur Checkliste: Lebenslauf aktualisieren, Anschreiben feilen – und natürlich die Arbeitszeugnisse nicht vergessen. Doch genau hier beginnt oft die Unsicherheit. Welche Formulierungen in einem Arbeitszeugnis sind wirklich entscheidend? Wie stark beeinflussen sie den Eindruck beim potenziellen Arbeitgeber? Können sie als Türöffner in den Traumjob wirken – oder eher als versteckte Barriere? Es kommt darauf an, wie Leistung, Verhalten und Erfolge formuliert werden, denn die richtigen Formulierungen können den Unterschied zwischen einer überzeugenden Bewerbung und einer durchschnittlichen Bewerbung ausmachen.

Tatsächlich spielen Arbeitszeugnisse in Deutschland nach wie vor eine zentrale Rolle. Personalverantwortliche lesen zwischen den Zeilen, und die Formulierungen entscheiden oft mit darüber, ob ein Bewerber zum Vorstellungsgespräch eingeladen wird. Während ein gutes Zeugnis die Chancen erheblich steigert, kann ein schwammig formulierter oder gar negativer Text schnell den gegenteiligen Effekt haben.

Rechtliche Grundlagen

Der Anspruch auf ein Arbeitszeugnis ist gesetzlich geregelt. Arbeitnehmer haben bei Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses das Recht, ein schriftliches Zeugnis zu erhalten. Dabei besteht die Wahl zwischen einem einfachen Zeugnis, das lediglich Art und Dauer der Beschäftigung dokumentiert, und einem qualifizierten Zeugnis, das zusätzlich eine Bewertung von Leistung und Verhalten enthält.

Darüber hinaus gilt die sogenannte Wohlwollenspflicht: Ein Zeugnis muss wahrheitsgemäß sein, darf den weiteren beruflichen Weg aber nicht unnötig erschweren. Gleichzeitig verlangt das Klarheitsgebot, dass Formulierungen eindeutig und nachvollziehbar bleiben – verschlüsselte oder doppeldeutige Aussagen sind unzulässig.

Unterschied zwischen einfachem und qualifiziertem Arbeitszeugnis

Das einfache Arbeitszeugnis beschränkt sich auf die grundlegenden Fakten: Name, Position, Dauer der Anstellung sowie eine kurze Beschreibung der Tätigkeit. Es hat damit eher den Charakter einer Beschäftigungsbestätigung.

Das qualifizierte Arbeitszeugnis geht darüber hinaus. Es enthält Einschätzungen zur Arbeitsweise, zu Fachkenntnissen und zum sozialen Verhalten des Arbeitnehmers. Dadurch hat es im Bewerbungsprozess eine deutlich größere Aussagekraft und ist in der Regel das Zeugnis, das von Arbeitgebern erwartet wird.

Ein qualifiziertes Arbeitszeugnis folgt in der Regel einer klaren Struktur, die sich in vielen Unternehmen durchgesetzt hat. Ziel ist es, sowohl die formalen Daten des Beschäftigungsverhältnisses als auch eine aussagekräftige Einschätzung der Leistungen und des Sozialverhaltens festzuhalten. Dadurch entsteht ein Dokument, das potenziellen neuen Arbeitgebern einen umfassenden Eindruck von den Fähigkeiten und Erfahrungen des Arbeitnehmers vermittelt. Der Aufbau ist weitgehend standardisiert und sorgt dafür, dass die wesentlichen Punkte nachvollziehbar und vergleichbar bleiben.

Aufbau eines qualifizierten Arbeitszeugnisses

Am Anfang steht die Kopfzeile mit den offiziellen Angaben des Unternehmens wie Name, Anschrift und gegebenenfalls dem Firmenlogo. Es folgt eine kurze Einleitung, in der die persönlichen Daten der betreffenden Person genannt werden – in der Regel Name, Geburtsdatum und Geburtsort.
Daraufhin werden die Angaben zur Beschäftigungsdauer festgehalten. Hier wird dokumentiert, wann das Arbeitsverhältnis begonnen hat und zu welchem Zeitpunkt es endet. Unmittelbar daran schließt sich die Beschreibung der Position oder der Positionen an, die während der Anstellung ausgeübt wurden. Falls es im Verlauf Beförderungen oder interne Stellenwechsel gab, werden diese ebenfalls erwähnt.

Ein zentraler Teil des Zeugnisses ist die Tätigkeitsbeschreibung. Sie vermittelt einen Überblick über den beruflichen Verantwortungsbereich und konkretisiert, welche Aufgaben regelmäßig übernommen wurden. Oft werden die Aufgabenbereiche zusätzlich einzeln aufgeführt, sei es in Fließtext oder in gegliederter Form, damit die Tätigkeit transparent und nachvollziehbar dargestellt wird.

Neben der allgemeinen Tätigkeitsbeschreibung können besondere Verantwortlichkeiten, Projekte oder Erfolge hervorgehoben werden. Dazu gehören zum Beispiel die Leitung von Teams oder Projekten, die Übernahme zusätzlicher Aufgaben oder auch messbare Erfolge, die auf das Engagement des Arbeitnehmers zurückgehen.

Darauf folgt die Leistungsbeurteilung. Hier geht es um die Qualität und Quantität der Arbeit, um Motivation, Belastbarkeit und Einsatzbereitschaft. Eng verbunden damit sind Angaben zum Fachwissen und zu den Qualifikationen, die für die Position wichtig waren. Auch absolvierte Weiterbildungen oder Zusatzkenntnisse finden hier ihren Platz.

Im Anschluss wird die Arbeitsweise beurteilt – etwa in Bezug auf Sorgfalt, Effizienz, Selbstständigkeit oder Zuverlässigkeit. Häufig wird zudem auf Arbeitserfolge und besondere Stärken eingegangen, die das berufliche Profil abrunden.

Ein weiterer wichtiger Abschnitt widmet sich dem Sozialverhalten. Beschrieben wird, wie sich die betreffende Person gegenüber Vorgesetzten, Kollegen, Mitarbeitern sowie Kunden oder Geschäftspartnern verhalten hat. Ergänzend dazu können Aspekte wie Teamfähigkeit und Kommunikationsstärke hervorgehoben werden, da diese im beruflichen Alltag eine zentrale Rolle spielen.

Den Abschluss des qualifizierten Arbeitszeugnisses bildet die Schlussformel. Sie ist in der Regel standardisiert und enthält Dank für die geleistete Arbeit sowie – je nach Situation – das Bedauern über das Ausscheiden. Üblicherweise schließen Arbeitgeber mit guten Wünschen für die private und berufliche Zukunft des Arbeitnehmers.

Typische Formulierungen und ihre Bedeutung nach Noten

Sehr gut (Note 1)

Hervorragende Leistungen, durchgehend positiv, oft mit Verstärkern („stets“, „vollsten“).

  • „stets zu unserer vollsten Zufriedenheit“
  • „hat die ihm/ihr übertragenen Aufgaben stets außerordentlich erfolgreich erledigt“
  • „zeichnete sich durch hervorragendes Fachwissen und außergewöhnliche Einsatzbereitschaft aus“
  • „hat Aufgaben jederzeit mit großer Effizienz und höchster Sorgfalt ausgeführt“
  • „war ein(e) geschätzte(r), stets vorbildliche(r) Mitarbeiter(in)“
  • Schlussformel typisch: „Wir bedauern sein/ihr Ausscheiden sehr und wünschen ihm/ihr weiterhin viel Erfolg und alles Gute.“

Gut (Note 2)

Sehr solide Leistungen, zuverlässig, mit positiver, aber etwas weniger überschwänglicher Wortwahl.

  • „stets zu unserer vollen Zufriedenheit“
  • „erfüllte die ihm/ihr übertragenen Aufgaben sicher und zuverlässig“
  • „zeichnete sich durch sehr gute Fachkenntnisse und hohe Motivation aus“
  • „arbeitete stets engagiert und zielorientiert“
  • „war ein(e) sehr geschätzte(r) Mitarbeiter(in), der/die sich gut ins Team einfügte“
  • Schlussformel typisch: „Wir danken ihm/ihr für die stets gute Zusammenarbeit und wünschen weiterhin viel Erfolg.“

Befriedigend (Note 3)

Ordentliche, durchschnittliche Leistung. Die Formulierungen sind sachlich, ohne besondere Betonungen.

  • „zu unserer vollen Zufriedenheit“
  • „bewältigte die übertragenen Aufgaben korrekt und ordnungsgemäß“
  • „verfügte über ein solides Fachwissen, das er/sie erfolgreich einsetzte“
  • „arbeitete pflichtbewusst und zuverlässig“
  • „war ein(e) verlässliche(r) Mitarbeiter(in), der/die sich in das Team integrierte“
  • Schlussformel typisch: „Wir danken ihm/ihr für die Zusammenarbeit und wünschen weiterhin alles Gute.“

Ausreichend (Note 4)

Leistungen mit spürbaren Schwächen. Positive Wörter werden abgeschwächt, Verstärker fehlen.

  • „zu unserer Zufriedenheit“
  • „erledigte die ihm/ihr übertragenen Aufgaben im Allgemeinen ordnungsgemäß“
  • „verfügte über Grundkenntnisse, die er/sie im Arbeitsalltag anwendete“
  • „arbeitete mit gewisser Sorgfalt, konnte aber nicht immer überzeugen“
  • „war ein(e) Mitarbeiter(in), der/die sich bemühte, den Anforderungen gerecht zu werden“
  • Schlussformel typisch: „Wir wünschen ihm/ihr für die Zukunft alles Gute.“ (kein Dank, kein Bedauern)

Mangelhaft (Note 5)

Deutliche Kritik, oft durch Einschränkungen oder „verklausulierte“ Formulierungen.

  • „im Großen und Ganzen zu unserer Zufriedenheit“
  • „hat sich bemüht, die Aufgaben zu unserer Zufriedenheit zu erledigen“
  • „zeigte Verständnis für die übertragenen Aufgaben“ (statt: hat sie erfolgreich erledigt)
  • „war bestrebt, den Anforderungen gerecht zu werden“
  • „arbeitete mit Fleiß und Eifer“ (ohne Erfolg oder Ergebnisbewertung)
  • Schlussformel typisch: oft neutral oder ganz weggelassen – ein Warnsignal.

Besondere Formulierungen und „Geheimsprache“ in Arbeitszeugnissen

Arbeitszeugnisse sind oft wohlwollend formuliert, enthalten aber häufig subtile Hinweise auf Leistung und Verhalten. Hinter scheinbar neutralen oder positiven Formulierungen können sich verschlüsselte Botschaften verbergen.

Verschlüsselungen und problematische Wendungen

Manche Formulierungen wirken auf den ersten Blick harmlos oder sogar positiv, enthalten in Wahrheit jedoch kritische Hinweise. Idealerweise sollten solche Formulierungen im Zeugnis vermieden werden.

„hat sich stets bemüht“

Signalisiert, dass der Mitarbeiter zwar Einsatz gezeigt hat, aber die Aufgaben nicht erfolgreich umgesetzt wurden. Varianten sind: „bemühte sich nach Kräften“ oder „hat die Aufgaben mit Einsatz angegangen“.

„zeigte Interesse“

Bedeutet oft, dass die Kenntnisse oder Erfolge fehlten. Beispiel: „war interessiert an der Mitarbeit“ oder „hat das Aufgabengebiet kennengelernt“.

„war um gute Zusammenarbeit bemüht“

Deutet häufig auf Schwierigkeiten im Team oder mit Vorgesetzten hin. Ähnliche Wendungen: „bemühte sich um ein gutes Verhältnis“ oder „hat die Kollegen unterstützt, wo möglich“.

„arbeitete mit Fleiß und Eifer“

Zeigt, dass Engagement vorhanden war, aber die Ergebnisse nicht überzeugen konnten. Varianten: „zeigte Initiative“ oder „war engagiert bei der Sache“.

„zeigte Verständnis“

Wird verwendet, wenn Aufgaben nicht selbstständig erledigt wurden. Beispiele: „hat sich in die Prozesse eingearbeitet“ oder „hat die Aufgaben nachvollzogen“.

„hat Aufgaben kennengelernt“

Impliziert, dass der Mitarbeiter keine eigenständige Verantwortung übernommen hat.

Warnsignale im Arbeitszeugnis

Warnsignale in einem Arbeitszeugnis sind oft subtil, lassen sich aber anhand bestimmter Formulierungen oder fehlender Elemente erkennen. Ein erstes typisches Signal ist das Fehlen von Dank, Bedauern oder guten Zukunftswünschen. Steht beispielsweise nur „Wir wünschen ihm/ihr alles Gute“, ohne ausdrücklichen Dank oder Bedauern über das Ausscheiden, deutet dies meist auf Unzufriedenheit mit der Leistung oder auf ein durchschnittliches Zeugnis hin.

Ein weiteres Warnsignal ist das Fehlen des Wortes „stets“ in der Leistungsbewertung. Formulierungen wie „er/sie erfüllte die Aufgaben zu unserer vollen Zufriedenheit“ lassen auf eine schwankende oder nur durchschnittliche Leistung schließen, während „stets zu unserer vollsten Zufriedenheit“ eine sehr gute Bewertung ausdrückt.

Auch wenn im Zeugnis ausschließlich die Tätigkeiten aufgelistet werden, ohne dass deren Qualität bewertet wird, ist dies ein Indiz für eine Abwertung. Solche reinen Tätigkeitsbeschreibungen geben keinen Hinweis auf die tatsächliche Leistung oder besondere Erfolge des Mitarbeiters.
Zudem ist die übermäßige Verwendung von Formulierungen wie „bemüht“ oder „versucht“ problematisch. Sie zeigen an, dass der Mitarbeiter zwar Einsatz gezeigt hat, seine Ziele jedoch nicht erreicht hat.

Unzulässige Formulierungen im Arbeitszeugnis

Im Arbeitszeugnis gibt es klare Regeln: Es muss wahr, wohlwollend und klar formuliert sein. Bestimmte Formulierungen sind unzulässig, weil sie gegen das Gesetz oder die Grundprinzipien des Zeugnisses verstoßen. Dazu gehören unter anderem:

Diskriminierende Formulierungen

Alles, was auf Geschlecht, Alter, Herkunft, Religion, sexuelle Orientierung oder Behinderung abzielt, ist unzulässig. Beispiele:

  • „Für ihr Alter sehr lernfähig“
  •  „Er war für eine Frau technisch sehr versiert“
  • „Hat den Anforderungen eines älteren Mitarbeiters nicht ganz entsprochen“

Herabsetzende oder beleidigende Formulierungen

Negative Bewertungen dürfen nicht offen beleidigend sein. Beispiele:

  • „war unfähig, Aufgaben zu erledigen“
  • „Zeigt keinerlei Eigeninitiative“
  • „unzuverlässig und nachlässig“

Falsche Angaben oder Übertreibungen

Übertriebene Lobeshymnen oder falsche Leistungsangaben sind ebenfalls unzulässig, da sie das Zeugnis verfälschen.

Arbeitszeugnis selbst erstellen – ist das möglich?

Grundsätzlich ist es erlaubt, ein Arbeitszeugnis selbst zu entwerfen. Viele Arbeitgeber akzeptieren einen Entwurf, der anschließend formal geprüft und unterschrieben wird. Dies ist besonders hilfreich, um sicherzustellen, dass die Formulierungen Leistungen und Erfolge angemessen widerspiegeln. Wichtig ist, dass das Zeugnis objektiv, wohlwollend und rechtlich korrekt formuliert wird. Dabei sollten versteckte negative Hinweise vermieden und typische Fallstricke der Zeugnisformulierung berücksichtigt werden, um die Glaubwürdigkeit des Dokuments zu wahren.

Sind Arbeitszeugnisse noch zeitgemäß?

Im digitalen Zeitalter wirken Arbeitszeugnisse zunehmend überholt. Früher waren sie eine der wenigen objektiven Referenzen für berufliche Leistung, heute werden sie oft nur noch formal wahrgenommen. Klassische Zeugnisse sind standardisiert, enthalten häufig verschlüsselte Formulierungen und lassen viel Interpretationsspielraum. Gerade für junge Fachkräfte oder in modernen, flexiblen Arbeitsmodellen bieten sie nur begrenzten Mehrwert, da Projektarbeit, Freelancer-Tätigkeiten oder kurzfristige Einsätze selten adäquat abgebildet werden.

Zudem gewinnen digitale Referenzen, Empfehlungsschreiben, Arbeitsproben oder Profile auf beruflichen Netzwerken zunehmend an Bedeutung. Diese geben potenziellen Arbeitgebern oft einen direkteren und realistischeren Eindruck von Fähigkeiten, Erfolgen und Arbeitsweise. Arbeitszeugnisse bleiben zwar rechtlich relevant und können formell eine gewisse Sicherheit bieten, ihre praktische Aussagekraft und ihr Einfluss auf die Bewerbungsentscheidung sind jedoch rückläufig.

Ein Beitrag von:

  • Alexandra Ilina

    Alexandra Ilina ist Diplom-Journalistin (TU-Dortmund) und Diplom-Übersetzerin (SHU Smolensk) mit mehr als 20 Jahren Berufserfahrung im Journalismus, in der Kommunikation und im digitalen Content-Management. Sie schreibt über Karriere und Technik.

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