Arbeitskräfte 01.09.2025, 12:30 Uhr

Wenn das Anschreiben mehr über ChatGPT verrät als über den Bewerber

Bewerbungen im Wandel: KI erstellt immer mehr Anschreiben. Sie zeigen oft KI-Kompetenz statt Motivation – wie verändert das den Recruiting-Prozess?

KI im Bewerbungsprozess

Die deutsche Arbeitswelt im Spannungsfeld von KI im Bewerbungsprozess – Zwischen Forderungen nach klaren Richtlinien und der Herausforderung, menschlichen Kontakt zu wahren.

Foto: PantherMedia / AndreyPopov

Künstliche Intelligenz ist in Bewerbungsprozessen innerhalb von zwei Jahren vom umstrittenen Tool zum Standard geworden. 43,2 % der Bewerbenden verwenden inzwischen KI für ihre Anschreiben, weitere 30,3 % können sich das vorstellen. Seit 2023 hat sich der Anteil der KI-Nutzenden damit mehr als verdreifacht. Das zeigt eine aktuelle Umfrage von softgarden, für die von Mai bis Juli 2025 insgesamt 6.929 Bewerbende befragt wurden.

KI übernimmt das Bewerbungsanschreiben

  • Das beliebteste KI-Tool bei Bewerbungen ist derzeit ChatGPT (85,8 %).
  • Spezielle KI-Anwendungen für Bewerbungsthemen spielen aktuell kaum eine Rolle.
  • Im Frühjahr 2023 nutzten erst 12,7 % der Bewerbenden KI für Anschreiben.
  • Der starke Anstieg zeigt: In Zukunft werden die meisten Anschreiben KI-generiert sein.

Anschreiben zeigt mehr KI-Kompetenz als Motivation

Der deutliche Anstieg macht klar: Schon bald werden die meisten Anschreiben von KI verfasst und eher die Tool-Kenntnisse der Bewerbenden widerspiegeln.
„Damit verändert sich nicht nur das „Wie“ im Bewerbungsprozess, sondern auch das „Was“. Anschreiben als eignungsdiagnostisches Instrument werden von Experten schon lange mit einem Fragezeichen versehen. Wer heute ein Anschreiben liest, bekommt darin womöglich weniger Einblick in Motivation oder Persönlichkeit als in KI-Kompetenz und Tool-Vertrautheit“, schreiben die Autoren der Untersuchung.

Besonders verbreitet ist die Nutzung von KI bei Akademiker*innen: Über die Hälfte (50,4 %) setzt sie bei Bewerbungen ein, bei Menschen mit einfachem Schulabschluss sind es nur 31,6 %.

Künstliche Intelligenz wird immer stärker in Bewerbungen eingesetzt – auch, weil Bewerbende KI bereits im Alltag nutzen. Über die Hälfte (52,8 %) gibt an, KI in ihrem Arbeitsalltag einzusetzen. Auch privat findet KI zunehmend Anwendung, etwa in der Kommunikation (40,2 %) oder für Gesundheit und Fitness (34,5 %).

Beim Einsatz von KI durch Arbeitgeber im Recruiting sind die Meinungen der Bewerbenden gemischt. Vorteile sehen viele in schnelleren Rückmeldungen (80,3 %), Nachteile werden vor allem im Verlust des persönlichen Kontakts (85,8 %) und in möglichen Fehlentscheidungen durch die KI (81,7 %) gesehen.

Auswahlprozess effizienter und objektiver gestalten

Die Integration künstlicher Intelligenz (KI) im Bewerbungsprozess hat in den letzten Jahren signifikante Veränderungen hervorgebracht. Unternehmen setzen vermehrt auf automatisierte KI-Tools, um den Auswahlprozess effizienter und objektiver zu gestalten. Diese Technologien analysieren Bewerbungen anhand vordefinierter Kriterien, wodurch eine schnellere Vorauswahl möglicher Kandidaten erfolgt. Trotz der Vorteile birgt die Nutzung von KI im Bewerbungsprozess auch Herausforderungen in Bezug auf Datenschutz und Fairness.

Deshalb ist es wichtig sicherzustellen, dass Algorithmen nicht diskriminierende Praktiken reproduzieren und menschliche Intervention bei sensiblen Entscheidungen gewährleistet ist bzw. der menschliche Kontakt bzw. ein Gesprächspartner soll erhalten bleiben.

Mit anderen Worten: Der fortschreitende Einsatz von KI in der Personalbeschaffung unterstreicht die Notwendigkeit für Bewerber, nicht nur über fachliche Qualifikationen, sondern auch über ein Verständnis für die Wechselwirkungen zwischen Mensch und Technologie zu verfügen, um erfolgreich im modernen Arbeitsmarkt zu bestehen.

Beidseitige Verbesserung des Bewerbungsprozesses

In einer sich ständig wandelnden beruflichen Landschaft nutzen sowohl Arbeitgeber als auch Bewerber künstliche Intelligenz (KI) als Schlüsselressource im Bewerbungsprozess. Während Unternehmen KI-Tools einsetzen, um effizient nach qualifizierten Kandidaten zu suchen, setzen Bewerber ihrerseits auf KI, um ihre Bewerbungsunterlagen zu optimieren. KI-gesteuerte Anwendungen bieten Bewerbern die Möglichkeit, ihre Lebensläufe und Anschreiben gezielt an die Anforderungen bestimmter Stellen anzupassen. Durch die Analyse von Jobbeschreibungen können Bewerber relevante Schlüsselbegriffe identifizieren und ihre Qualifikationen entsprechend hervorheben.

Diese wechselseitige Nutzung von KI spiegelt den Trend wider, dass Technologie zunehmend zur beidseitigen Verbesserung des Bewerbungsprozesses beiträgt. Während Recruitern KI dabei hilft, rasch qualifizierte Talente zu identifizieren, ermöglicht sie Bewerbern eine gezieltere und effektivere Darstellung ihrer Fähigkeiten. Es ist ein Paradigmenwechsel, der die Bedeutung von Technologiekompetenz für Bewerber unterstreicht, die nicht nur ihre fachlichen Qualifikationen, sondern auch ihre Fähigkeit zur strategischen Anpassung an moderne Rekrutierungstrends demonstrieren müssen. In dieser zunehmend digitalisierten Arbeitswelt wird die effektive Nutzung von KI zu einer entscheidenden Fähigkeit sowohl für Arbeitgeber als auch für Bewerber.

Auch interessant: So kann KI Ihre Bewerbungschancen im Jobmarkt ruinieren

Ein Beitrag von:

  • Alexandra Ilina

    Alexandra Ilina ist Diplom-Journalistin (TU-Dortmund) und Diplom-Übersetzerin (SHU Smolensk) mit mehr als 20 Jahren Berufserfahrung im Journalismus, in der Kommunikation und im digitalen Content-Management. Sie schreibt über Karriere und Technik.

Zu unseren Newslettern anmelden

Das Wichtigste immer im Blick: Mit unseren beiden Newslettern verpassen Sie keine News mehr aus der schönen neuen Technikwelt und erhalten Karrieretipps rund um Jobsuche & Bewerbung. Sie begeistert ein Thema mehr als das andere? Dann wählen Sie einfach Ihren kostenfreien Favoriten.