Zwei Klassen, ein Arbeitsmarkt: Wie KI die Spaltung vertieft
Künstliche Intelligenz verändert die Arbeitswelt – aber nicht für alle gleich. Eine neue Studie zeigt, wer schon profitiert, wer zurückbleibt und warum gezieltes Handeln jetzt entscheidend ist.
KI spaltet – nach Bildung, Beruf und Betrieb.
Foto: PantherMedia / fuzzbones
Wir haben schon mehrfach über künstliche Intelligenz (KI) am Arbeitsplatz berichtet – über Hoffnungen, Ängste, Chancen und die vielen Fragen, die damit einhergehen. Das Thema ist riesig, und mit jedem Tag wird es größer: Neue Tools, neue Möglichkeiten, neue Herausforderungen. Jetzt gibt es neue Zahlen, die zeigen, wie sich KI tatsächlich in der Arbeitswelt verbreitet – und wer davon profitiert. Eine aktuelle Studie der Universität Konstanz wirft einen genaueren Blick auf die Entwicklungen. Und sie zeigt: Während einige Berufsgruppen immer stärker auf KI setzen, bleiben andere bislang außen vor.
KI erreicht nicht alle Berufe gleichermaßen
Besonders stark verbreitet ist der Einsatz in Berufen, die viel Wissen und Qualifikation erfordern. In anderen Bereichen bleibt der Zugang zu KI jedoch begrenzt.
Trotz wachsendem Interesse an KI und schneller technischer Entwicklungen ist ihre Nutzung in Deutschland noch nicht weit verbreitet. Laut der zweiten Konstanzer KI-Studie 2025 setzen inzwischen 35 % der Beschäftigten KI-Tools ein – das sind 11 Prozentpunkte mehr als im Vorjahr. Am häufigsten kommen Programme zur automatischen Textgenerierung wie ChatGPT zum Einsatz. Auch spezialisierte Anwendungen für Vorhersagen und Robotik werden zunehmend genutzt.
Der Einsatz von KI wächst vor allem in Berufen, die viel Fachwissen erfordern – zum Beispiel in IT, Verwaltung oder Forschung. Dort nutzen inzwischen 45 % der Beschäftigten KI-Anwendungen, das sind 15 Prozentpunkte mehr als im Vorjahr. In handwerklichen und produktionsnahen Berufen fällt der Anstieg deutlich kleiner aus: nur 4 Prozentpunkte mehr, insgesamt 21 %.
Große Unterschiede in Wahrnehmung und Wirkung am Arbeitsplatz
Gleichzeitig zeigt sich: Die Unsicherheit bleibt groß. Etwa ein Drittel der Beschäftigten (33 %) weiß nicht, wie sich KI auf den eigenen Job auswirken wird. Viele sehen zwar Gefahren für den Arbeitsmarkt insgesamt, fühlen sich persönlich aber weniger betroffen. So halten 46 % Automatisierung für ein großes Risiko für den Arbeitsmarkt, aber nur 20 % haben Angst, ihren eigenen Arbeitsplatz zu verlieren.
„Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass KI in Deutschland zwar immer wichtiger wird – die gesellschaftliche Debatte aber stark von Unsicherheit und Ungleichheiten geprägt ist“, kommentiert Florian Kunze, Leiter der Studie und Professor für Organizational Behavior an der Universität Konstanz.
Die Studie zeigt: KI verstärkt derzeit bestehende Unterschiede auf dem Arbeitsmarkt. Auch bei der Einschätzung der Chancen gibt es große Unterschiede: 43 % der Büro- und Wissensarbeiter*innen erwarten positive Effekte durch KI – bei den Beschäftigten in körperlich geprägten Berufen sind es nur 24 %.
Bildungsstand und KI
Die Konstanzer KI-Studie zeigt auch: Der Bildungsstand spielt eine wichtige Rolle. Zwar nutzen alle Gruppen heute mehr KI als im Vorjahr – aber die Unterschiede bleiben groß. Beschäftigte mit Hochschulabschluss setzen KI dreimal so häufig ein wie Menschen mit geringerem Bildungsabschluss. Auch die Bereitschaft, sich im Umgang mit KI weiterzubilden, ist bei höher Gebildeten deutlich größer.
Carolina Opitz, wissenschaftliche Mitarbeiterin im Forschungsprojekt, erklärte, dass vor allem bereits privilegierte Personen stärker von den Chancen der Technologie profitierten. Ohne gezielte politische oder betriebliche Unterstützung drohe eine dauerhafte digitale Spaltung des Arbeitsmarkts.
Digitale Spaltung stoppen – mit gezielter Förderung und Weiterbildung
Während sich immer mehr Beschäftigte mit KI beschäftigen, geht der Wandel in den Unternehmen selbst deutlich langsamer voran. Besonders kleine Firmen tun wenig, wenn es um Schulungen oder klare Informationen zum KI-Einsatz geht. Größere Unternehmen sind aktiver, aber auch dort ist das Engagement insgesamt noch eher gering.
„Es besteht die Gefahr, dass sich abgehängte Organisationen herausbilden, in denen der technologische Wandel kaum ankommt und Beschäftigte dauerhaft schlechtere Entwicklungschancen haben“, warnt Kunze. „Das Risiko einer wachsenden sozialen Spaltung erfordert gezielte Anstrengungen von Politik, Wirtschaft und Bildungseinrichtungen.“
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