Was ausländische Fachkräfte von morgen mitbringen müssen
In Zeiten gravierenden Fachkräftemangels ist Berufsnachwuchs aus dem Ausland gefragt. Doch nicht alle ausländischen Abschlüsse werden anerkannt.
Ausländische Fachkräfte: Was Unternehmen morgen brauchen und welche Hürden es gibt.
Foto: panthermedia.net/ tempakul
Angesichts von rund 150.000 offenen Stellen in den Ingenieurberufen hat dieser Ansatz zweifellos Charme: Warum bis morgen warten, wenn man junge Menschen im Ausland – ob mit abgeschlossener oder mitten in einer Berufsausbildung, Studierende, vielleicht sogar Schulabsolventen und -absolventinnen – schon heute ansprechen und anwerben kann? Ein frühes Recruiting, der frühe Aufbau einer stabilen Bindung können zu nachhaltig starken Erfolgsfaktoren für Unternehmen werden und eine Win-win-Situation für beide Seiten bringen.
Dem Glück stehen allerdings je nach Herkunftsland der zukünftigen Fachkräfte einige bürokratische Hürden im Weg, denn nicht alle ausländischen Abschlüsse werden hierzulande anerkannt. Das gilt vor allem für Ausbildungs- und Studienabschlüsse, die außerhalb der Europäischen Union (EU) erworben wurden. Doch selbst innerhalb der EU ist eine Anerkennung nicht in jedem Fall gegeben.
Warum der Fachkräftemangel ein Problem ist – eine Bestandsaufnahme
Man braucht keinerlei ökonomisches Fachwissen, um zu begreifen, inwiefern der Fachkräftemangel ein Problem ist. Da reicht schon ein einfacher – branchenfremder – Blick, der in die Gastronomie: Werden nicht genügend Beschäftigte für die Küche und den Service gefunden, bleibt die Küche kalt und das Lokal stunden- oder tageweise geschlossen, Umsatz und Gewinn sinken. In großem Stil, wenn auch unterschiedlichem Ausmaß, gilt das seit Jahren auch für die Industrie und andere Branchen, in denen Ingenieurinnen und Ingenieure arbeiten.
Je mehr Fachkräfte fehlen, umso weniger produktiv arbeiten Unternehmen. Das wirkt sich nicht nur negativ auf diese Unternehmen selbst aus, sondern zum Beispiel auch auf ihre Zulieferer – und, je mehr Branchen betroffen sind, auf das gesamte Wirtschaftswachstum. Dass Fachkräfte fehlen, steht außer Frage: Auf 100 Ingenieurinnen und Ingenieure kommen laut Untersuchungen des VDI 333 freie Stellen.
So definiert der Gesetzgeber eine ausländische Fachkraft
Eine Fachkraft im Sinne des Gesetzes ist eine ausländische Person, die
- entweder eine deutsche qualifizierte (mindestens zweijährige) Berufsausbildung oder eine ausländische Berufsausbildung, die mit einer qualifizierten (mindestens zweijährigen) deutschen Berufsausbildung als gleichwertig anerkannt wurde
- oder einen deutschen, einen anerkannten ausländischen oder einen mit einem deutschen Hochschulabschluss vergleichbaren ausländischen Hochschulabschluss besitzt. (Quelle: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge)
Es gibt mehrere Arten von Fachkräften
Fachkraft wird häufig als Oberbegriff verwendet – aber Fachkraft ist nicht gleich Fachkraft; das ergibt sich ja schon aus der umfassenden Definition des BAMF. Das IW unterscheidet in seiner aktuellen Studie drei Arten von Fachkräften nach Qualifikation:
- Fachkraft – hat eine abgeschlossene Ausbildung
- Spezialist – hat einen Fortbildungsabschluss (Fachwirt, Meister, Techniker) oder Bachelor
- Experte – hat einen Diplom- oder einen Master
Wie der Fachkräftemangel wächst – ein differenzierter Blick in die Zukunft
Aktuell fehlen nach Untersuchungen des Institut der deutschen Wirtschaft Köln e.V. (IW) mehr als 530.000 Fachkräfte bundesweit. Das IW hat in einer neuen Studie, die die Trends der vergangenen sieben Jahre fortschreibt, berechnet, dass 2028 bereits 768.000 Fachkräfte in 1300 Berufen fehlen werden. Dabei zeigen sich für 2028 gegenüber 2023 unterschiedliche Entwicklungen in verschiedenen Branchen und Berufen. So wird zum Beispiel im Bereich Informatik bei den Experten ein Anstieg der fehlenden Fachkräfte um 2611 auf 18.655 erwartet; bei den Experten in der Bauplanung und -überwachung ein Anstieg von 5194 auf 17.040.
Bei den Fachkräften mit abgeschlossener Ausbildung in der Maschinenbau- und Betriebstechnik wird ein Rückgang des Mangels von um 1536 auf 10106 erwartet. Ein solcher Rückgang muss allerdings nicht immer Grund zum Jubeln sein, denn eine sinkende Nachfrage nach Fachkräften kann auch in einer schlechteren konjunkturellen Entwicklung begründet sein. Detailbetrachtung hin oder her, unter dem Strich bleibt der Fachkräftemangel auch in den Ingenieurberufen ein Problem.
VDI-Direktor Adrian Willig äußerte sich dazu wie folgt: „Wir brauchen eine breite Palette an Maßnahmen, um junge Menschen in Deutschland für Technik und Wissenschaft zu begeistern. Um die Fachkräftelücke zu schließen, sind auch ausländische Ingenieurinnen und Ingenieure unerlässlich.“
Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz – für Bewerber/-innen aus Nicht-EU-Staaten
„Fachkräfte aus aller Welt leisten einen wichtigen Beitrag für die deutsche Wirtschaft und Gesellschaft“ – so sieht es auch das Auswärtige Amt und betont: „Mit dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz hat Deutschland als modernes Einwanderungsland auch eines der modernsten Einwanderungsrechte Europas.“
Das Gesetz regelt ausdrücklich Erleichterungen für potenzielle Beschäftigte aus Nicht-EU-Staaten. Einige wichtige Punkte des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes:
- Vor der Einreise werden Abschlüsse im sogenannten Anerkennungsverfahren auf Gleichwertigkeit überprüft.
- Dabei gibt es Ausnahmen für IT-Spezialisten mit mindestens drei Jahren Berufserfahrung und einem regelmäßig angepassten Gehalt.
- Die Vorrangprüfung, nach der vor jeder Einstellung einer Fachkraft aus einem Drittstaat festgestellt werden, ob ein inländischer oder europäischer Bewerber zur Verfügung steht, gilt momentan nicht mehr für qualifizierte Beschäftigte, aber weiterhin für den Zugang zur Berufsausbildung.
- Die neue so genannte Blaue Karte EU erleichtert den Zuzug durch eine Reihe von Maßnahmen. Unter anderem haben können ausländische Akademikerinnen und Akademiker, die innerhalb der letzten drei Jahre einen Hochschulabschluss erworben haben, eine Blaue Karte EU erhalten, wenn diese mit dem Job in Deutschland ein Mindestgehalt von 45,3 % der jährlichen Beitragsbemessungsgrenze in der Rentenversicherung (im Jahr 2025: 43.759,80 Euro) erreichen. Dies gilt sowohl für Mangel- als auch Regelberufe.
Make it in Germany: ein Service-Portal für Arbeitgeber und ausländische Fachkräfte
Arbeitgeber finden auf diesem Portal des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie detaillierte Hilfestellungen für die Rekrutierung von (künftigen) Fachkräften aus dem EU- und Nicht-EU-Ausland, unter anderem zu
- Rekrutierungswegen
- Agenturen
- Bewerberprofilen
- der Einordnung von Qualifikationen
- den Bewerbungsverfahren.
Daneben werden zahlreiche Tipps zum Beispiel für die Einreise und Integration angeboten.
Ob schon ausgebildet oder noch weit vom Abschluss entfernt, bei „Make it in Germany“ finden potenzielle Fachkräfte aus dem EU- und dem Nicht-EU-Ausland und Arbeitgeber grundlegende und wichtige Informationen und Tipps zum Arbeiten und Leben in Deutschland. Einige Angebote für Fachkräfte aus dem Ausland:
- Junge Interessentinnen und Interessen können sich über Ausbildungs- und Studienmöglichkeiten informieren und finden Entscheidungshilfen, was für sie jeweils am besten geeignet ist.
- Hochschulabsolventen können klären, ob ihr Abschluss sie für einen der in Deutschland so genannten reglementierten Berufe, z. B. Architekt oder Architekt, qualifiziert und inwieweit er hierzulande anerkannt wird.
- Die Vergleichbarkeit eines ausländischen mit einem deutschen Hochschulabschlusses kann in der anabin-Datenbank überprüft werden.
Ausländische Abschlüsse in der anabin-Datenbank bewerten
Die anabin-Datenbank wird von der Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen (ZAB) betrieben. Sie bietet viele Informationen zur Bewertung ausländischer Bildungsnachweise und Hochschulen an. Momentan ist das Angebot ausschließlich auf Deutsch verfügbar.
Ein Blick in die anabin-Kriterien:
- Die ausländische Hochschule sollte mit einem „H+“ bewertet sein. Das heißt, dass die Hochschule in Deutschland anerkannt ist.
- Ist die Hochschule mit „H+/-“ bewertet ist, muss der Abschluss zusätzlich aufgeführt sein.
- Außerdem muss der ausländische Abschluss selbst als „entspricht“ oder „gleichwertig“ einem deutschen Hochschulabschluss eingestuft sein.
- Sind diese Kriterien erfüllt, gilt der ausländische Hochschulabschluss als vergleichbar mit einem deutschen Abschluss.
Ausländische Fachkräfte gesucht – Hilfe von der Arbeitsagentur
Auch die Bundesagentur für Arbeit bietet Hilfestellung bei der Suche nach Fachkräften aus dem Ausland, zum Beispiel mit Informationen über die sogenannte Vorabzustimmung, die Visaverfahren und somit eine Zulassung zum Arbeitsmarkt beschleunigt. Außerdem im Angebot: Details dazu, auf welchen Wegen Unternehmen Fachkräfte im Ausland finden und wie die die Fachkräfte von morgen hier ausbilden.
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