Verschluckt beim Kaffeetrinken – Sozialgericht erkennt Arbeitsunfall
Ein Bauarbeiter verschluckt sich beim Kaffeetrinken, stürzt und bricht sich das Nasenbein. Ist das ein Arbeitsunfall? Das Landessozialgericht Sachsen-Anhalt sagt: In diesem Fall ja.

Zum Teambuilding gehört auch mal ein gemeinsames Kaffeetrinken. Das sahen die Richter am Landessozialgericht Sachsen-Anhalt genauso.
Foto: Rawpixel/smarterpix
Es klingt wie eine Szene aus einem Slapstick-Film: Ein Bauarbeiter verschluckt sich an seinem Kaffee während der morgendlichen Besprechung im Baucontainer. Er muss so stark husten, dass er nach draußen gehen will, um das Meeting nicht zu stören. Auf dem Weg zum Ausgang wird er bewusstlos, stürzt auf ein Metallgitter und bricht sich das Nasenbein.
Berufsgenossenschaft sieht keinen Arbeitsunfall
Die Berufsgenossenschaft sieht darin aber keinen von der gesetzlichen Versicherung gedeckten Arbeitsunfall. Sie argumentiert, dass der Kaffeegenuss keinen betrieblichen Zwecken gedient habe. Der Bauarbeiter habe hier privat gehandelt. Das wollte der Mann so nicht stehen lassen und zog vor das zuständige Sozialgericht, jedoch ohne Erfolg. Das schloss sich der Berufsgenossenschaft nämlich an.
Landessozialgericht Sachsen-Anhalt erkennt Arbeitsunfall an
Anders nun aber das Landessozialgericht (LSG) Sachsen-Anhalt. Im Urteil vom 22. Mai 2025 (Az. L 6 U 45/23) lautet das Urteil: „Das Ereignis wird mit einer Nasenbeinfraktur als Arbeitsunfall festgestellt.“
Kaffee vom Arbeitgeber erfüllt beruflichen Zweck
Der Senat musste untersuchen, ob § 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII erfüllt ist. Danach sind Arbeitsunfälle Unfälle infolge einer den Versicherungsschutz begründenden Tätigkeit. Das Gericht hatte also zu klären, ob es einen sachlichen Zusammenhang zwischen der betroffenen Verrichtung (dem Kaffeetrinken) und der versicherten Tätigkeit (Arbeit auf der Baustelle) gibt.
Kaffee für die kollegiale Gemeinschaft
Dabei stellte es fest, dass zwar grundsätzlich die Aufnahme von Nahrung und Getränken keinen betrieblichen Zweck erfüllt. Denn dabei werden menschliche Grundbedürfnisse wie Hunger und Durst befriedigt. Hier läge der Fall aber anders. Mit dem Kaffeegenuss wollte der Kläger nämlich kein Grundbedürfnis erfüllen.
Durch gemeinsames Kaffeetrinken bei der Besprechung werden die positive Arbeitsatmosphäre und kollegiale Gemeinschaft gestärkt, so die Richter. Außerdem werden durch das Koffein Wachsamkeit und Aufnahmebereitschaft gesteigert. Das hätte der Arbeitgeber auch gewusst, da er den Kaffee selbst zur Verfügung stellte. Die Teilnahme an der Besprechung war für die Mitarbeiter zudem verpflichtend.
Mitgebrachter Kaffee ist nicht beruflich
Die Richter wiesen aber darauf hin, dass Kaffeetrinken nicht immer beruflich bedingt ist. So liegt ihrer Meinung nach kein Arbeitsunfall vor, hätte der Kläger sich in der Frühstückspause an einem in der Thermoskanne selbst mitgebrachten Kaffee verschluckt. Das Urteil ist nicht rechtskräftig, die Revision zum Bundessozialgericht zugelassen.
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