Privatsphäre am Arbeitsplatz 22.10.2025, 12:00 Uhr

Mehr Ruhe, bitte! – Fraunhofer erforscht das Büro der Zukunft

Offene Büros fördern Austausch – aber rauben auch oft die nötige Ruhe. Das Fraunhofer-Institut für Bauphysik IBP erforscht, wie akustische und visuelle Privatheit Stress mindern, Gesundheit stärken und Büros nachhaltiger machen kann. Ziel ist ein „Privatheitsindex“, der Architektinnen und Architekten dabei hilft, Räume zu planen, die Konzentration und Wohlbefinden fördern.

Offene Büros fördern Austausch – doch fehlende Privatheit kann stressen. Fraunhofer-Forschende zeigen, wie Rückzugsräume Wohlbefinden und Leistung stärken.

Offene Büros fördern Austausch – doch fehlende Privatheit kann stressen. Fraunhofer-Forschende zeigen, wie Rückzugsräume Wohlbefinden und Leistung stärken.

Foto: Fraunhofer IBP

Modern gestaltete Büros sind oftmals offen und transparent – Ziel ist, die Kommunikation und Flexibilität der Mitarbeitenden zu fördern. Wenn allerdings viele Menschen auf engem Raum zusammenarbeiten müssen, fehlt es oft an Privatheit. Das ungewollte Mithören von Gesprächen, der Einblick in Bildschirme oder fehlende Rückzugsmöglichkeiten führen zu Stress und mindern die Konzentration und das Wohlbefinden.

Das Forschungsprojekt „Nachhaltige akustische und visuelle Privatheit am Büroarbeitsplatz“ des Fraunhofer IBP widmet sich gezielt der Herausforderung, mehr Privatheit in Büros zu etablieren, ohne die Kommunikation und die Möglichkeiten des flexiblen Arbeitens einzuschränken.

Privatheit – attraktiver Faktor für Beschäftigte

Privatsphäre im Büro ist für viele Mitarbeitende ein wichtiger Faktor:

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„Viele Menschen fühlen sich in ihrer Privatsphäre gestört, wenn sie in offenen Büroumgebungen arbeiten. Das wirkt sich nicht nur negativ auf die Konzentration, sondern auch auf das Wohlbefinden am Arbeitsplatz aus“, erklärt Noemi Herget, Forscherin am Fraunhofer IBP.

Um attraktiv zu bleiben, sollten Büros daher nicht nur Möglichkeiten zum Austausch implementieren, sondern auch Rückzugsorte bieten, sodass Beschäftigte konzentriert und ungestört arbeiten können.

Die Relevanz steigt vor allem weiter durch Trends wie Activity-based-Working und Desksharing: Mitarbeitende wechseln je nach Tätigkeit zwischen verschiedenen Arbeitsplätzen und haben oftmals keinen persönlichen Stammarbeitsplatz mehr. Offene Raumkonzepte sind dabei die Norm – doch gerade hier muss beim Bau bedarfsgerecht geplant werden.

Privatheitsindex – Ein Leitfaden für Architekturbüros

Um Architektinnen und Architekten bei der zukünftigen Planung von Büroflächen zu unterstützen, arbeiten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Fraunhofer IBP an der Entwicklung eines fundierten Privatheitsindex. Dieser erfasst erstmalig ganzheitlich die Wechselwirkungen zwischen visueller und akustischer Privatheit. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse sollen eine praxisnahe Grundlage schaffen, mit der Architektinnen und Architekten, Planende und Unternehmen arbeiten können.

Der Index dient außerdem als digitaler Leitfaden mit konkreten Handlungsempfehlungen für Neubauten und Sanierungen. So können in Zukunft, Büroräumlichkeiten den Bedürfnissen und der Aufgabenstellung der Mitarbeitenden entsprechen und langfristig nutzbar bleiben.

Bei einer Onlinebefragung mit mehr als 780 Beschäftigten wurden Daten zum aktuellen Status quo in Bürogebäuden gesammelt. Ergänzend wurden im Synergy-Space des Fraunhofer IBP verschiedene Büroszenarien unter realitätsnahen Bedingungen getestet – von akustischen Trennwänden über visuelle Abschirmungen bis hin zu biophilem Design mit natürlichen Materialien.

Die Teilnehmenden bearbeiteten dabei unterschiedliche, bürotypische Aufgabenstellungen wie Telefonieren, konzentrierte Textarbeit oder kreative Tätigkeiten und mussten anschließend bewerten, inwieweit ihr Bedürfnis nach Privatheit in den jeweiligen Arbeitsplatzsituationen erfüllt wurde.

Privatheit im Büro – Schlüssel zu Gesundheit und Produktivität

Nach Auswertung der Daten ist das Ergebnis eindeutig: Das Einzelbüro ist in Bezug auf Privatheit die beste Option für alle untersuchten Arbeitssituationen. Besonders hoch ist das Bedürfnis nach Privatsphäre bei kommunikativen Aufgaben, wie Telefonieren oder Videokonferenzen – viele Beschäftigte möchten weder gehört noch gesehen werden von ihren Kolleginnen und Kollegen. Bei kreativen Tätigkeiten und konzentrierter Textarbeit reicht allerdings schon eine Reduzierung der akustischen Störfaktoren aus.

Als besonders ansprechend werden begrünte Arbeitsplätze bewertet. Biophilic Design kann daher in Kombination mit optimierter Privatheit genutzt werden, um das Wohlbefinden am Arbeitsplatz zu verbessern. Für die Praxis lässt sich aus den Ergebnissen ableiten, dass eine Kombination aus Einzelbüros und gemeinsam nutzbaren Bereichen, auch „Kombibüros“ genannt, eine ideale Lösung darstellen kann.

Privatsphäre am Arbeitsplatz ist weit mehr als reiner Wohlfühlfaktor – sie wirkt sich auf die Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Beschäftigten aus. Weniger Stress, bessere Konzentration und höhere Zufriedenheit sind entscheidend für eine angenehme Arbeitskultur.

Ein Beitrag von:

  • Anastasia Pukhovich

    Anastasia Pukhovich ist Volontärin beim VDI Verlag. Ihre Tätigkeit beim Max-Planck-Institut für Nachhaltige Materialien weckte ihr Interesse an allen Themen rund um Chemie und Umwelt, welche sie auch journalistisch verfolgt.

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