Dominoeffekt: Fachkräftemangel in Schlüsselberufen trifft alle
Der Mangel an Fachkräften in Erziehung, Pflege und Verkauf hat weitreichende Folgen – auch für andere Branchen. Eine Studie zeigt, wie ernst die Lage ist.

Warum fehlende Fachkräfte bald alle betreffen.
Foto: PantherMedia / maxxyustas
Immer mehr Menschen verabschieden sich in den Ruhestand, doch der Nachwuchs bleibt aus. Vor allem in bestimmten Berufsgruppen droht sich der Fachkräftemangel deutlich zuzuspitzen – das zeigt eine aktuelle Studie. Wenn dieser Trend anhält, könnte das für viele Branchen zum echten Problem werden.
Demografischer Wandel verschärft Fachkräftemangel
In ganz Deutschland fehlen Erzieherinnen, Sozialarbeiter, Pflegekräfte und Verkäufer – genauso wie Fachkräfte in vielen anderen Berufen. Laut einer Studie des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) wird sich dieser Mangel in den nächsten Jahren noch verschärfen. Schon im Jahr 2028 könnten rund 768.000 Stellen unbesetzt bleiben, weil es nicht genug gut ausgebildete Fachkräfte gibt. Zum Vergleich: 2024 waren es im Durchschnitt noch 487.000.
„Hauptgrund ist der demografische Wandel. Viele Menschen gehen in den nächsten Jahren in den Ruhestand“, zitiert die dpa den Studienautor Jurek Tiedemann. „Wenn wir es nicht schaffen den Mangel abzufedern, wird das künftig für noch mehr Menschen im Alltag spürbar sein.“ Fehlen Kita- oder Pflegeplätze, können viele Menschen nicht mehr arbeiten oder ihre Arbeitszeit nicht erhöhen – weil sie sich dann selbst um ihre Kinder oder Angehörigen kümmern müssen.
Deutliche Engpässe sichtbar
Die Autoren der Studie haben Daten aus dem Jahr 2023 sowie Entwicklungen der letzten Jahre ausgewertet, um die künftige Lage auf dem Arbeitsmarkt in etwa 1300 Berufen zu bewerten. Dabei zeigen sich deutliche Engpässe:
- Größter Mangel im Verkauf:
Die Fachkräftelücke bei Verkäufern könnte von aktuell über 12.900 auf 40.470 Stellen anwachsen.
Ein Grund: Zu wenige junge Menschen entscheiden sich für eine Ausbildung im Einzelhandel, so Studienautor Tiedemann. - Auf Platz zwei liegen Kindererzieherinnen und -erzieher:
Rund 30.800 Stellen könnten unbesetzt bleiben. - Es folgt der Bereich Sozialarbeit und Sozialpädagogik:
Hier fehlen voraussichtlich über 21.150 Fachkräfte. - Auch in der Gesundheits- und Krankenpflege droht ein Engpass:
Gut 21.350 Stellen könnten nicht besetzt werden.
Die Experten haben auch geschaut, in welchen Berufen die Zahl der Beschäftigten am meisten steigen oder fallen könnte. Den größten Zuwachs gibt es bei Erziehern und Erzieherinnen: Bis 2028 könnten dort etwa 143.400 neue Stellen besetzt werden. Trotzdem reicht das nach Meinung der Studienautoren nicht aus, um den gesamten Bedarf zu decken. Außerdem wird die Zahl der Beschäftigten in IT-Berufen voraussichtlich um 26 % steigen – vor allem wegen der fortschreitenden Digitalisierung.
Rückgang in Metallberufen
Das IW erwartet den größten Rückgang in Metallberufen. Bis 2028 könnten dort rund 161.200 Fachkräfte weniger zur Verfügung stehen. Viele gehen in Rente, und es kommen zu wenige junge Leute nach. Auch bei Bankkaufleuten wird ein großer Rückgang erwartet: Die Zahl der Beschäftigten könnte um etwa 56.300 sinken. Tiedemann erklärt, dass das Bankwesen automatisiert werde, Filialen geschlossen würden und Schalter immer seltener zu finden seien. Deshalb werde weniger Personal benötigt.
Die Experten empfehlen, die Berufsorientierung an Schulen besser zu machen, mehr Anreize zu schaffen, damit Menschen länger arbeiten, und es einfacher zu machen, gut ausgebildete Fachkräfte aus dem Ausland zu holen. (mit dpa)
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