Warum Stellenanzeigen Bewerbende abschrecken
„Du musst leider draußen bleiben“ – Wie Sprache und Bilder in Stellenanzeigen Bewerbende ausschließen.
Schon beim ersten Blick abgeschreckt: Wie Sprache und Bilder in Stellenanzeigen Bewerbende unbewusst aussortieren.
Foto: PantherMedia / Andriy Popov
Anglizismen, jugendliche Floskeln oder übertrieben dynamische Bildwelten – oft reicht schon ein erster Blick auf eine Stellenanzeige, damit sich potenzielle Bewerbende unverstanden oder gar unerwünscht fühlen. Was wie eine Randnotiz klingt, betrifft überraschend viele.
Eine aktuelle Erhebung der Königsteiner Gruppe zeigt: Fast jeder Zweite fühlte sich im Bewerbungsprozess schon einmal ausgegrenzt, noch bevor die Bewerbung überhaupt geschrieben war. Für die Studie „Stellenanzeigen 2025“ befragte das Marktforschungsinstitut bilendi bundesweit 1.028 Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen.
Demnach erzeugen nicht nur konkrete Anforderungen oder harte Ausschlusskriterien Druck. Bereits der Tonfall einer Anzeige oder bestimmte Bildmotive können subtil vermitteln: „Du passt hier nicht rein.“ Viele Jobsuchende empfinden das wie ein vorgezogenes Ausmusterungsverfahren – und verzichten im Zweifel lieber ganz auf die Bewerbung.
Wenn Stellenanzeigen abschrecken
46 % der Befragten fühlten sich schon mindestens einmal durch Formulierungen oder Bilder in einer Stellenanzeige ausgeschlossen. Bei 29 % passierte das sogar mehrfach. Die Gründe dafür sind oft subtil – kleine Worte oder Bilder, die unbewusst Signale senden.
Häufige Stolpersteine laut Studie:
- Altersbegriffe: 44 % stören sich an Wörtern wie „jung“ oder „dynamisch“
- Stereotype Bilder: 43 % kritisieren Motive mit überwiegend jungen, aktiven Menschen
- Sprache: 40 % fühlen sich von Jugendsprache, Slang oder Anglizismen abgeschreckt
- Englisch: 34 % empfinden englischsprachige Ausschreibungen als ausgrenzend
Schon kleine Anpassungen könnten also dafür sorgen, dass sich deutlich mehr Kandidat*innen willkommen fühlen.
Wer sich in Stellenanzeigen oft ausgeschlossen fühlt
Blick auf die Studie: Viele Bewerbende sehen bestimmte Gruppen durch Sprache und Bildwelten in Stellenanzeigen benachteiligt – besonders ältere Kandidat*innen.
Betroffene Gruppen laut Befragten:
- Über 50 Jahre: 62 % fühlen sich hier am stärksten benachteiligt
- Bewerber:innen mit Kindern: 35 %
- Menschen mit Migrationshintergrund: 32 %
- Menschen mit Behinderung: 31 %
- Geschlecht: eher geringe Rolle – nur 11 % sehen Männer, 14 % Frauen benachteiligt
Unbewusste Formulierungen oder einseitige Bilder können ganze Bewerbergruppen abschrecken. Auch wenn Unternehmen dies nicht beabsichtigen, nehmen Kandidat:innen es wahr. Langfristig kann das die Arbeitgebermarke beschädigen, weil sie weniger offen und einladend wirkt.
„Unternehmen unterschätzen oft, wie stark Sprache und visuelle Elemente in ihren Anzeigen wirken. Eine unbedachte Wortwahl kann gleich ganze Bewerbergruppen ausschließen. In den meisten Fällen passiert das unbewusst, fällt den Kandidat:innen aber eben doch auf. Grundsätzlich schadet das nicht zuletzt der Arbeitgebermarke, die nicht als offen und transparent, sondern als ausschließend wahrgenommen wird – ein Eindruck, den man in der Folge nur schwer korrigieren kann“, kommentiert Nils Wagener, Geschäftsführer der Königsteiner Gruppe.
Unbewusste Diskriminierung kostet Bewerbungen
Die Folgen für Arbeitgeber sind klar: Viele Bewerbende fühlen sich schon vor der Bewerbung abgeschreckt. Während etwas mehr als ein Drittel (35 %) sagt, dass sie sich trotzdem bewerben, brechen über ein Fünftel (21 %) den Prozess direkt ab. Weitere 17 % schauen erst genauer hin – informieren sich intensiv über das Unternehmen oder nehmen sogar erst Kontakt mit der Personalabteilung auf, bevor sie entscheiden, ob sie sich bewerben oder nicht.
Für die Studie hat das Marktforschungsunternehmen bilendi im Auftrag der Königsteiner Gruppe bundesweit 1.028 berufstätige Menschen befragt, die sich in den letzten zwölf Monaten beworben haben. Die Befragung fand im August 2025 statt.
Die Teilnehmenden waren zu 48 % Männer und 52 % Frauen, im Durchschnitt 43,5 Jahre alt. 68 % arbeiteten Vollzeit, 32 % in Teilzeit.
Ein Beitrag von: