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Entsiegelung mit wasserdurchlässigen Flächenbelägen 01.03.2015, 00:00 Uhr

Zurück zum natürlichen Wasserkreislauf

Das vermutlich 2015 erscheinende Arbeitsblatt A 102 der DWA fordert den Erhalt des natürlichen Wasserhaushalts. Damit muss ein Großteil des Niederschlagswassers wieder in die Atmosphäre zurückgeführt werden, anstatt zu versickern oder oberflächig in ein Entwässerungssystem zu fließen. Eine Herausforderung, da die meisten Anlagen zur Regenwasserbewirtschaftung vor allem auf die Versickerung zielen, weniger auf die Evapotranspiration.

Quelle: Dierkes

Quelle: Dierkes

Die Regenintensitäten in Deutschland verändern sich. In den 1950er-Jahren zogen nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes im Sommer durchschnittlich acht bis zehn Tiefdruckgebiete über Deutschland, in den letzten Jahren waren es neun bis 15 [1]. Die Stadtentwässerung muss handeln, da urbane Sturzfluten zur Tagesordnung werden. Der Umgang mit dem Regenwasser muss sich grundlegend ändern.

In Münster beispielsweise regnete es am 28. Juli 2014 bis zu 292 mm in sieben Stunden, 166 mm in einer Stunde [2; 3]. Bei Weitem zu viel für die Kanalisation. Allein der größte lokale Versicherer beziffert den Schaden auf ca. 67 Mio. € [4] und zwei Todesopfer sind zu beklagen [3]. Die Gefahrenabwehr über den Schutz einzelner Objekte ist eine Strategie, mit dem Thema umzugehen, aber das ist nur ein Teil der Möglichkeiten, die zur Verfügung stehen. Langfristig sind Entwässerungssysteme gefragt, die mit solchen Regenmengen umgehen können.

Anpassung der Gesetze und Regelwerke

Das 2010 aktualisierte Wasserhaushaltsgesetz (WHG) fordert einen anderen Umgang mit dem Niederschlagswasser [5]. Eine dezentrale Versickerung, Verrieselung oder Einleitung in ein ortsnahes Gewässer wird gefordert [5]. Dezentralisierung wird von vielen Landesregelungen bevorzugt [6]. Das vermutlich noch 2015 im Gelbdruck erscheinende Arbeitsblatt A 102 der DWA geht noch weiter: Ein Hauptziel wird der Erhalt des lokalen natürlichen Wasserhaushalts im Siedlungsgebiet sein [7]. Damit müssten zwischen 34 und 92 % des Niederschlagswassers über die Verdunstung in die Atmosphäre zurückgeführt werden [8]. Der Rest sollte bevorzugt in Richtung des Grundwassers versickert werden, der Oberflächenabfluss ist zu begrenzen. Eine Herausforderung, da die meisten Anlagen zur Regen­wasserbewirtschaftung vor allem die Versickerung steigern, weniger die Evapotranspiration. Doch genau dieser Weg wäre der richtige, denn eine Verschiebung des Niederschlagswasserabflusses komplett in das Grundwasser kann ein nicht zulässiger Eingriff in den Wasserhaushalt sein und steigende Grundwasserspiegel zur Folge haben [9].

Lösungsansatz

In Deutschland werden jeden Tag etwa 72 ha neuer Flächen befestigt [10], was stetig mehr Oberflächenabfluss für die schon jetzt zum Teil überlasteten Kanalnetze bedeutet. Befestigung von Flächen heißt nicht automatisch gleich Versiegelung. Gründächer sind ein Weg für Gebäude, dieses Problem zu mindern [11]. Aber was ist mit Verkehrsflächen?

Auch hier gibt es Lösungen. Wasserdurchlässige Flächenbeläge sind seit den 1990er-Jahren auf dem Markt [12]. Sowohl als poröse Betonsteine und Betonsteine, die über die Fugen versickern (Stein-Fuge-Systeme). Bei diesen Systemen ist der Anteil an der Verdunstung deutlich erhöht (Bild 1) [13].

Bild 1 Der Wasserhaushalt im Naturraum, im urbanen Raum und bei einem wasserdurchlässigen Flächenbelag. Quelle: Denkes

Bild 1 Der Wasserhaushalt im Naturraum, im urbanen Raum und bei einem wasserdurchlässigen Flächenbelag.

Foto: Denkes

 

Allerdings hat sich die Bauweise nie flächen­deckend durchgesetzt. Warum das so ist, erschließt sich nicht unmittelbar.

Ein wasserdurchlässiges Pflaster muss gemäß „Merkblatt für Versickerungsfähige Verkehrsflächen“ (MVV) [14] mehr als 540 l/(s  ha) im Neuzustand und 270 l/(s  ha) dauerhaft versickern. Für das Starkregenereignis in Münster hieße das, selbst 166 mm/h in der Spitze wären ohne Überstau versickert. Im Vergleich dazu können die meisten Misch- oder Regenwasserkanäle im Mittel nur etwa 150 l/(s  ha) aufnehmen.

Anforderungen an wasserdurchlässige Flächenbeläge

Der wichtigste Grundsatz wasserdurchlässiger Beläge ist wie bei allen anderen Befestigungen eine ausreichende Tragfähigkeit für die Verkehrslasten. Hieraus resultieren spezielle bautech­nische Anforderungen an den Untergrund bzw. den Unterbau sowie die Tragschichten und Frostschutzschichten und an an die Pflasterdecke. Daneben müssen sie über den gesamten Nutzungszeitraum ausreichend Wasser versickern und sicher Schadstoffe zurückhalten damit das Grundwasser nicht gefährdet ist.

Belastungsklassen nach RStO

Verkehrsflächen werden gemäß den Richtlinien zur Standardisierung des Oberbaus von Verkehrsflächen (RStO) [15] in sieben Belastungsklassen ein­geordnet. Die Einteilung richtet sich nach der dimensionierungsrelevanten Beanspruchung B, die als „äquivalente 10-Ton­­nen-Achsübergänge“ angegeben wird [15]. Dabei erfolgt die Berechnung auf der Grundlage der örtlichen Ge­gebenheiten und voraussichtlichen Nutzungszeit sowie vor allem nach der zu erwartenden Beanspruchung.

Die RStO lassen sich anwenden für Fahrbahnen und sonstige Verkehrs­flächen wie z. B. Busverkehrsflächen, Parkflächen oder Rad- und Gehwege. Ausgenommen sind private Bauvor­haben wie etwa Hofflächen, Gartenwege, Garagenzufahrten oder gewerblich genutzte Flächen. Eine Bemessung in Anlehnung an die RStO ist gleichwohl ratsam. Wasserdurchlässige Pflaster lassen sich bis zur Bauklasse 3.2 anwenden.

Anforderungen an den Untergrund

Zunächst ist zu klären, ob der anstehende Boden bzw. Untergrund bezüglich der Wasserdurchlässigkeit, Tragfähigkeit, des Grundwasserspiegels oder Kontaminationen aus Vornutzungen für eine Versickerung überhaupt geeignet ist. Entscheidend für eine planmäßige Ver­sickerung ist die ausreichende Durchlässigkeit aller Schichten, so auch des anstehenden Bodens bzw. Untergrunds oder des eventuell erforderlichen Unterbaus. Gemäß DWA-Arbeitsblatt A-138 sollte der kf-Wert-Bereich zwischen 1  10–3 m/s und 1  10–6 m/s liegen [16]. Aber auch bei geringeren Durchlässigkeiten gibt es Möglichkeiten wie Planumsrigolen, die wasserwirtschaftlich Sinn machen.

Das Arbeitsblatt DWA-A138 legt für flächenhafte Versickerungen 10-minü­tige Regen bei n = 0,2 als Bemessungs­regen zugrunde [16]. Hieraus folgt laut MVV für ganz Deutschland eine maximale Regenspende von 270 l (s  ha), die rückstaufrei versickert werden muss. Bei der Durchsickerung verbleiben im Oberbau und Untergrund luftgefüllte Poren, die die Durchströmbarkeit verringern. Deshalb soll laut MVV der unter Laborbedingungen ermittelte kf-Wert doppelt so groß wie der Infiltrationsbeiwert sein, also mindestens 5  10–5 m/s betragen.

Ist die Durchlässigkeit des Untergrunds bzw. Unterbaus < 5  10–5 m/s, sind bautechnische Maßnahmen wie mächtigere Frostschutz- oder Tragschichten erforderlich. Eine weitere effektive Lösung sind Planumssickerschichten nach den RAS-Ew [17] mit Drainage und Anschluss an einen Regenwasserkanal oder Vorfluter.

Die Prüfung der Wasserdurchlässigkeit erfolgt gemäß DIN 18130-1 [18] im Labor oder besser vor Ort durch Infiltrationsversuche mittels Open-End-Test oder Tropfinfiltrometer (Bild 2) auf der Ebene, auf die später aufgebaut wird.

Quelle: Dierkes

Bild 2 Messung der spezifischen Versickerungsrate mit dem Tropf-Infiltrometer.

Foto: Denkes

 

Das Verformungsmodul Ev2 sollte größer als 45 MN/m2 sein, dies ist nach DIN 18134 (Plattendruckversuch) nachzuweisen [19]. Niedrigere Werte erfordern einen Bodenaustausch oder eine Bodenverbesserung

Anforderungen an den Oberbau

Verkehrsflächen mit Pflasterbelägen gewinnen ihre Stabilität primär aus dem Oberbau, über den die Belastungen in den Untergrund abgeleitet werden. Der Oberbau selbst besteht aus den Tragschichten und der Pflasterdecke mit Betonpflastersteinen, Bettung und Fugenfüllung (Bild 3).

Bild 3 Aufbau eines wasserdurchlässigen Flächenbelags Quelle: Denkes

Bild 3 Aufbau eines wasserdurchlässigen Flächenbelags

Foto: Denkes

Die Dimensionierung der Schichtdicken erfolgt gemäß den RStO [15].

Wichtig für die Dimensionierung der Schichten sind die Verkehrsbelastung sowie die örtliche Frosteinwirkung und Frostempfindlichkeit des anstehenden Untergrundes nach RStO [15] und ZTVE-StB 94 [20].

Bietet der Untergrund eine ausreichende Durchlässigkeit von  5,4  10–5 m/s (Frostempfindlichkeitsklasse F1), richtet sich die Dimensionierung nach der Verkehrsbelastung. Bei geringerer Durch­lässigkeit zwischen 5,4  10–5 m/s und 1  10–6 m/s (Frostempfindlichkeitsklassen F2 und F3) muss die Dicke der Tragschichten um 10 bis 20 cm erhöht werden. Bei noch niedrigeren Werten muss eine angepasste Planumsentwässerung angeordnet werden. Dabei wird das Wasser aus dem Oberbau abgeleitet und über z. B. Rigolen oder Dränrohre in versickerungsfähige Bereiche oder ein Oberflächengewässer geleitet.

Die Kernaufgabe der Frostschutzschicht besteht darin, die gesamte Konstruktion vor Frostschäden zu schützen. Aufgrund der nötigen Durchlässigkeit und Tragfähigkeit eignen sich für un­gebundene Frostschutzschichten nur korngestufte Kies- oder Schottertragschichten mit geringem Feinkornanteil. Für den Sieblinienverlauf der Baustoffgemische empfiehlt sich der untere bis mittlere zulässige Sieblinienbereich nach den TL SoB-StB [21]. So wird eine möglichst hohe Durchlässigkeit bei aus­reichender Tragfähigkeit erreicht.

Die Tragschichten müssen mit Vorsicht und gegebenenfalls lagenweise verdichtet werden, das Verformungsmodul Ev2 auf Oberfläche muss aber mindestens 120 MN/m2 aufweisen, der Nachweis erfolgt nach DIN 18134 (Plattendruckversuch) unter Berücksichtigung der Durchlässigkeit [19]. Die Durchlässigkeit muss größer als 5,4  10–5 m/s sein, der Nachweis erfolgt nach DIN 18130 [18] oder vor Ort durch Infiltrationsversuche. Der Feinkornanteil < 0,063 mm sollte gemäß den TL SoB-StB [21]  3 % sein.

Anforderungen an die Pflasterdecke

Das Fugen- und Bettungsmaterial muss durchlässig sein und zudem über hohe Kornfestigkeit verfügen. Zu vermeiden sind Kornzertrümmerungen, sie würden die Filterstabilität und somit die hydraulische Leistung der Pflasterdecke beeinträchtigen. In diesem Falle staut sich das Wasser im Belag ein und es kommt zwangsläufig zu Schäden. Zweckmäßig sind natürliche Gesteinskörnungen gemäß den TL Gestein-StB [22]. Für die Bettungs- und Fugenmaterialien gilt eine Durchlässigkeit  5,4   10–4 m/s. Unterschiedliche Gesteinskörnungen für Bettung und Fugen erfordern den Nachweis der Filterstabilität. Von besonderer Bedeutung ist der Kornzertrümmerungswert [23], der den Klassen SZ 18 oder SZ 22 entsprechen muss. Für die Betonsteine gelten die DIN 1338 [24] bzw. für haufwerksporige Betonsteine die DIN 18507 [25].

Anforderungen an den Einbau

Da die wasserdurchlässigen Beläge empfindlich auf Feinstoffe reagieren, müssen alle Baustoffe mit bindigen Bestandteilen zwingend von den Flächen ferngehalten werden. Auf keinen Fall dürfen Schüttstoffe auf fertig gepflasterten Flächen zwischengelagert werden. Von Haufwerken in der Nähe der Flächen dürfen bei Regen keine Abflüsse mit Feinstbestandteilen auf die Flächen gelangen.

Für Arbeiten an Beeten oder Bepflanzungen in direkter Angrenzung an die wasserdurchlässigen Flächen gelten spezielle Anforderungen. So sollten diese bereits vor Einbau der Flächenbeläge fertiggestellt sein und in jedem Fall ist sicherzustellen, dass kein Wasser von diesen unbefestigten Flächen auf die Pflasterfläche abfließt (Erosionskontrolle).

Durchlässigkeiten und Wartung

Eine zentrale Frage stellt das Thema Dauerhaftigkeit dar. Das System funktioniert nur dann langfristig, wenn die Versickerungsfähigkeit über die gesamte Nutzungsdauer aufrecht erhalten werden kann. Wie alle wassertechnischen Anlagen bedeutet dies im Betrieb regelmäßige Wartungs- bzw. Reinigungsmaßnahmen. Diese sind allerdings im Vergleich mit anderen Anlagen der Regenwasserbewirtschaftung als gering einzustufen.

Ergebnisse von Forschungsprojekten zeigen, dass bei qualifiziert eingebauten wasserdurchlässigen Pflasterbelägen die Durchlässigkeiten auch nach mehreren Jahren im Betrieb in den allermeisten Fällen ausreichend hoch sind, d. h. gemäß MVV mindestens 270 l/(s  ha) betragen. Eine entsprechende Untersuchung von Nolting [26] zeigte, dass von 23 untersuchten Belägen mit einem Alter zwischen vier und sieben Jahren 21 noch ausreichende Durchlässigkeiten aufwiesen. Zu ähnlichen Erkenntnissen kam der Autor nach Messungen an verschiedenen Flächenbelägen, die zwischen drei und 15 Jahre alt waren.

Boogaard et al. [27] gingen der Frage nach, wie hoch die Versickerungsrate bei alten Belägen ist, die nicht entsprechend der Vorgaben geprüft und gereinigt worden waren. Die Ergebnisse sprechen für die Bauweise. Die mittleren Durchlässigkeiten von solchen Flächenbelägen lagen in der Regel bei etwa 100 l/(s  ha) oder höher [27]. Die geforderten 270 l/(s  ha) wurden zwar nicht überall erreicht, allerdings konnten selbst diese Flächenbeläge eine Wassermenge entsprechend der Misch- oder Trennkanalisation aufnehmen.

Um eine ausreichende Wasserdurchlässigkeit dauerhaft zu gewährleisten, sollten gemäß Anforderungen des Deutschen Instituts für Bautechnik (DIBt) Messungen der Durchlässigkeit alle fünf Jahre erfolgen. Aufgrund der Ergebnisse dieser Messungen kann dann entschieden werden, ob eine Reinigung erfolgen muss, was bei Werten < 270 l/(s  ha) erforderlich wäre. Die Reinigung erfolgt mir einem Spül-/Saugverfahren (Bild 4), das mittlerweile von mehreren Firmen angeboten wird.

Bild 4 Regenerierung eines wasserdurchlässigen Pflasters.   Bild: Klostermann Beton

Bild 4 Regenerierung eines wasserdurchlässigen Pflasters.   Bild: Klostermann Beton

Es existieren sowohl Maschinen mit Handbetrieb für kleinere Flächen bis zu 500 m2 als auch große Maschinen für die Reinigung von Großflächen.

Sicherheit durch bauaufsichtliche Zulassung

Als Zulassungsstelle erteilt das Deutsche Institut für Bautechnik (DIBt) in Berlin allgemeine bauaufsichtliche Zulassungen (abZ) für Bauprodukte und Bauarten, für die es allgemein anerkannte Regeln der Technik nicht gibt oder die von diesen wesentlich abweichen. All­gemeine bauaufsichtliche Zulassungen sind zuverlässige Verwendbarkeitsnachweise von Bauprodukten bzw. Anwendbarkeitsnachweise von Bauarten im Hinblick auf bautechnische Anforderungen.

Eine Bauartzulassung bedeutet geprüfte Produkte und Systeme. Bezogen auf wasserdurchlässige Flächenbeläge auch Sicherheit bei der Planung, Ausschreibung und fachgerechten Erstellung, da die Bauweise und sämtliche Komponenten exakt definiert, geprüft und beschrieben werden. Ebenso enthalten sind Angaben hinsichtlich Betrieb und Wartung sowie Eigen- und Fremdüberwachung der Hersteller. Darüber hinaus sorgt das DIBt-Siegel für vereinfachte Genehmigungsverfahren. In der Summe bietet die Bauartzulassung also deutliche Vorteile für alle Baubeteiligten.

Ein DIBt-Zulassungsverfahren für wasserdurchlässige Flächenbeläge besteht seit 2005 und beinhaltet umfangreiche Funktionsprüfungen [28]. Alle Beläge werden eingehend in einem Laborprüfverfahren auf unterschiedliche Parameter untersucht. Darunter auf den Rückhalt von Feststoffen (AFS), Mineralölen (MKW) und gelösten Schwer­metallen (SM), den Einfluss von Tausalzen sowie auf die Umweltverträglichkeit der Baustoffe. Die Bauartzulassung bestätigt, dass die Pflasterbauweise dauerhaft wasserdurchlässig ist und relevante Schadstoffe an der Oberfläche zurückhält.

Ausblick

Vieles spricht für den verstärkten Einsatz wasserdurchlässiger Beläge. Trotzdem wird nur ein geringer Teil der Verkehrsflächen heute so ausgeführt. Gründe liegen in der mangelnden Kenntnis der Bauweise, aber auch an der Auf­gabenverteilung zwischen Tiefbau und Landschaftsplanung. Wasserdurchlässige Beläge sind ein vollständiges Entwässerungssystem und werden den Gestaltungsansprüchen der Architekten und Landschaftsplaner durchaus gerecht. Neue wasserdurchlässige Pflastersysteme haben kaum Grenzen in ihrer Gestaltung, Farben, Formen und Oberflächen (Bild 5).

Bild 5 Moderner, wasserdurchlässiger Flächenbelag.   Bild: ecosave-protect

Bild 5 Moderner, wasserdurchlässiger Flächenbelag.   Bild: ecosave-protect

Die Entwässerung wird zum Gestaltungselement, und das mit einem naturnahen Wasserhaushalt, Schadstoffsperre und Betriebssicherheit über zugelassene, geprüfte Systeme.

Zusammenfassung

Wasserdurchlässige Flächenbeläge sind das einzige Entwässerungssystem im Bereich der Regenwasserbewirtschaftung mit direkter Entsiegelung bzw. Verhinderung der Versiegelung und stellen somit ein wichtiges Element in der Siedlungsentwässerung dar. Neben Grün­dächern sind sie eines der wenigen Systeme, die nennenswert die Verdunstung fördern und somit das Stadtklima positiv beeinflussen. Alle Anforderungen an das noch im Jahr 2015 vermutlich erscheinende Arbeitsblatt A 102 der DWA bezüglich des Wasserhaushalts können so erfüllt werden. Die Systeme zeigen ein­fache Kontrollmöglichkeit und eine hohe Transparenz für Betreiber und Behörden, da Funktionsstörungen anders als bei unterirdischen Systemen unmittelbar beobachtet werden können.

Von der Kostenseite fallen vor allem niedrige Baukosten im Vergleich zu alternativen Systemen auf, da die Verkehrsflächen sowieso befestigt werden müssen und lediglich Mehrkosten für die wasserdurchlässige Pflasterbauweise zu berücksichtigen sind. Auf zusätzliche Entwässerungsmaßnahmen kann mit geprüften Produkten verzichtet werden. Damit rechnet sich die Bauweise oftmals ohne Berücksichtigung der eingesparten Niederschlagswassergebühren. Auch die Wartungskosten sind gering, da eine Reinigung in der Regel lediglich etwa alle zehn Jahre erfolgen muss.

Da bei aktuellen wasserdurchlässigen Betonsteinsystemen kaum Grenzen in der Ausführung auftreten, können sie als Gestaltungselement für den Architekten eingesetzt werden und nehmen damit einen Platz in der Raumgestaltung ein, und das als vollständiges, robustes Entwässerungssystem mit positivem Einfluss auf das Stadtklima und den Grundwasserschutz.  TS 424

  1. Literaturverzeichnis
  2. [1] Bojanowski, A.: Sommerbilanz: Der Klimawandel macht Deutschland nass. Spiegel online vom 15. September 2014. www.spiegel.de/wissenschaft/natur/wetter-und-klima-im- sommer-2014-bilanz-von-sonne-und-regen- a-991699.html
  3. [2] Hochwasser richtet große Schäden in Münsters Westen an. Westfälische Nachrichten vom 29. Juli 2014.
  4. [3] Hillmoth, G. : Unwetter in Münster – Stadt versinkt in den Fluten. Westfälische Nachrichten vom 29. Juli 2014.
  5. [4] Provinzial erhöht Schadenprognose auf mind. 67 Mio. Euro. Presseerklärung der Provinzial Versicherung vom 5. August 2014. www.provinzial-online.de/web/export/sites/
  6. wpv/_resources/download_galerien/privat_
  7. ueber_uns/presseinfos_2014/20140805_
  8. schadenprognose_zwei.pdf
  9. [5] Gesetz zur Ordnung des Wasserhaushalts (Wasserhaushaltsgesetz – WHG) vom 31. Juli 2009. BGBl. I, S. 2585), zul. geänd. durch Art. 2 des Gesetzes vom 15. November 2014. BGBl. I, S. 1724.
  10. [6] Anforderungen an die Niederschlagsentwässerung im Trennverfahren. Rd Erl. d. Ministeriums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz- IV-9 031 001 2104 vom 26. Mai 2004.
  11. [7] Schmitt, T. G.: Weiterentwicklung des Regelwerks zur Einleitung von Regenwetterabflüssen in Gewässer.- 17. Symposium Flussgebietsmanagement beim Wupperverband Gebietsforum „Wupper“ der Bezirksregierung Düsseldorf 21./22. Mai 2014.
  12. [8] Uhl, M.; Langner, J.; Henrichs, M.: Bilanzierung des Wasserhaushaltes in Siedlungen. In: Stuttgarter Berichte zur Siedlungswasserwirtschaft Bd. 217, , S. 91-118. München: Kommissionsverlag Oldenbourg Industrieverlag 2013.
  13. [9] Göbel, P.; Fach, S.; Kories, H.; Geiger, W. F.; Coldewey, W. G.: Naturnahe Regenwasserbewirtschaftung contra Grundwasserbewirtschaftung? Mitt. Ing.- u. Hydrogeol., 89 (2004), S. 159-163.
  14. [10] Bodenfläche nach Art der tatsächlichen Nutzung. Fachserie 3 Reihe 5.1. Hrsg.: Statistisches Bundesamt. Wiesbaden 2012.
  15. [11] Göbel, P.; Dierkes, C.; Kories, H.; Meßer, J.; Meißner, E.; Coldwey, W. G..: Einfluss von Gründächern und Regenwassernutzungen auf Wasserhaushalt und Grundwasserstand in Siedlungen. Grundwasser, 12 (2007) Nr. 3, S. 189-200.
  16. [12] Borgwardt, S.: Untersuchung der Durchlässigkeit von Bodenbelägen in wassergebundener Bauweise. Wasser & Boden 47 (1995) Nr. 2, S. 11-16.
  17. [13] Starke, P.; Göbel, P.; Coldewey, W. G.: Effects on evaporation rates from different water-permeable pavement designs. Water Sci. Technol., 63 (2011) Nr. 11, S. 2619-2627.
  18. [14] Merkblatt für Versickerungsfähige Verkehrsflächen (MVV).- Hrsg.: Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen. Köln 2013.
  19. [15] Richtlinien zur Standardisierung des Oberbaues von Verkehrsflächen (RStO)- Hrsg.: Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen. Köln 2012.
  20. [16] DWA-Arbeitsblatt A 138: Planung, Bau und Betrieb von Anlagen zu Versickerung von Niederschlagswasser. Hrsg.: Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall. Hennef 2005.
  21. [17] Richtlinien für die Anlage von Straßen – Teil: Entwässerung mit RAS-Ew-Bemessungshilfen auf CD-ROM (FGSV-Nr. 539). Hrsg.: Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen. Köln 2005.
  22. [18] DIN 18130-1: Baugrund – Unter­suchung von Bodenproben; Bestimmung des Wasserdurchlässigkeitsbeiwerts – Teil 1: Laborversuche. Berlin: Beuth Verlag 1998.
  23. [19] DIN 18134: Baugrund; Versuche und Versuchsgeräte, Plattendruckversuch. Berlin: Beuth Verlag 2001.
  24. [20] Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen und Richtlinien für den Bau von Schichten ohne Bindemittel im Straßenbau (ZTVT-STb 04). Hrsg.: Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen. Köln 2004.
  25. [21] Technische Lieferbedingungen für Baustoffgemische und Böden zur Herstellung von Schichten ohne Bindemittel im Straßenbau (TL-SOB-StB 04). Hrsg.: Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen. Köln 2004.
  26. [22] Technische Lieferbedingungen für Gesteinskörnungen im Straßenbau (TL Gestein-StB 04). Hrsg.: Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen. Köln 2007.
  27. [23] DIN EN 1097-2: Prüfverfahren für mechanische und physikalische Eigenschaften von Gesteinskörnungen – Teil 2: Verfahren zur Bestimmung des Widerstandes gegen Zertrümmerung. Berlin: Beuth Verlag 2010.
  28. [24] DIN EN 1338: Pflastersteine aus Beton – Anforderungen und Prüfverfahren. Berlin: Beuth Verlag 2003.
  29. [25] DIN 18507: Pflastersteine aus haufwerksporigem Beton – Begriffe, Anforderungen, Prüfungen, Überwachung. Berlin: Beuth Verlag 2012.
  30. [26] Nolting, B.: Langzeitverhalten wasserdurchlässiger Flächenbeläge.- 7. Kölner Kanal Kolloquium 6./7. September 2006, Köln. Hrsg.: RWTH Aachen, Institut für Siedlungswasserwirtschaft (ISA), S. 11/1-11/15.
  31. [27] Boogaard, F.; Lucke, T.; Beecham, S.: Effect of age of permeable pavements on their infiltration function.- CLEAN – Soil, Air, Water, Special Issue: Surface water management using sustainable drainage – SUDS. 42 (2014) Nr. 2, S. 146-152.
  32. [28] Wahrmund, D.: Prüfverfahren DIBt: Darstellung der Historie und Grundlagen.- www.dibt.de/de/Data/Ref_II_3_Vortrag_ Prüfverfahren_DIBt.pdf

Carsten Dierkes, FrankfurtProf. Dr.-Ing. Carsten Dierkes, Fachhochschule Frankfurt am Main, Fachgebiet Wasserwirtschaft Schwerpunkt Abwasser.