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01.06.2016, 00:00 Uhr

Schutz von Rohrleitungen bei Blitz- und Hochspannungsbeeinflussung

Rohrleitungen sind Lebensadern unserer Industriegesellschaft. Von ihrer sicheren Funktion hängen zahlreiche Versorgungs- und Produktionssysteme ab. Schäden an Rohrleitungssystemen verursachen nicht nur hohe Reparaturkosten, sondern können auch zu Gefahrensituationen für Personen, Sachwerte und die Umwelt führen. Eine Risikobewertung zur Vermeidung von Gefahrensituationen spielt deshalb bei Planung, Bau und Betrieb von Rohrleitungssystemen eine wichtige Rolle. Der Schutz erdverlegter Rohrleitungen vor Korrosion ist die wichtigste Schutzmaßnahme zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit und des sicheren Betriebs dieser Anlagen. Jedoch werden Rohrleitungen auch durch externe Faktoren wie Blitzentladungen und Hochspannungsanlagen beeinflusst, die geeignete Schutzmaßnahmen erforderlich machen. Lösungen zum Schutz von Rohrleitungen bei Blitzbeeinflussung und Hochspannungsbeeinflussung sind Gegenstand des nachfolgenden Beitrags.

Quelle: DEHN + SÖHNE GmbH + Co.KG

Quelle: DEHN + SÖHNE GmbH + Co.KG

  • Ein passiver Korrosionsschutz wird durch die Beschichtung der Rohrleitung durch Anstriche und Umhüllungen erzielt. Diese nichtleitende isolierende Beschichtung soll verhindern, dass ein Strom vom Rohrleitungsstahl in den Erdboden fließt. Im praktischen Einsatz ist jedoch mit dem Auftreten von Umhüllungsschäden zu rechnen, die dazu führen, dass sich durch die unterschiedliche Bodenbeschaffenheit an den verschiedenen Schadstellen unterschied­liche freie Korrosionspotentiale ausbilden. Bereits bei einer Differenz von wenigen hundert Millivolt in den unterschiedlichen freien Korrosionspotentialen kann ein Korrosionsstrom von der Rohrleitung ins Erdreich einsetzen und zu Materialabtrag führen. Korro­sions­erscheinungen durch unterschiedliche Bodenbeschaffenheiten im umgebenden Erdreich der Rohrleitung lassen sich deshalb durch einen reinen passiven Korrosionsschutz praktisch kaum verhindern.

Eine weitere Ursache von Korrosion von Metallen im Erdreich ist deren unterschiedliches freies Korrosionspotential im Erdreich. Aufgrund dieser unterschiedlichen Potentiale besteht eine Korrosionsgefährdung bei einem Kontakt zwischen der Rohrleitung und einem bewehrten Betonfundament. Gemessen mit einer Kupfer/Kupfersulfat-Elektrode (Cu/CuSO4) weist Stahl im Betonfundament ein freies Korrosionspotential von -200 bis -400 mV auf. Dem gegenüber hat Stahl im Erdreich ein freies Korrosionspotential von -500 bis – 800 mV [1]. Dieser Potentialunterschied hat zur Folge, dass es in diesem Fall zu einem Materialabtrag/Korrosion an der beschädigten Umhüllungsstelle der Rohrleitung kommt. Eine elektrische Trennung der erdverlegten Rohrleitung und des bewehrten Betonfundaments ist deshalb aus Korrosionsschutzgründen unbedingt notwendig.

Beim Betrieb von elektrischen Gleichstrombahnen werden die Schienen als Rückleiter verwendet. Da diese Schienen nicht vollständig vom Erdreich isoliert sind, fließt ein Teil des Rückstroms als Streustrom vom Schienenfahrzeug über das Erdreich zurück zum Bahnunterwerk. Befindet sich auf diesem Weg parallel eine Rohrleitung, so wird diese durch den Streustrom für die Rückleitung zum Bahnunterwerk verwendet werden. Bei Schäden in der Umhüllung der Rohrleitung stellt sich dabei bei Fehlstellen mit kleinen Flächen eine hohe Stromdichte ein, die Korrosionserscheinungen an der Rohrleitung verursacht.

Aufgrund baurechtlicher Vorgaben werden Rohrleitungen oftmals abschnittsweise parallel zu Hochspannungsleitungen in sog. Energietrassen oder parallel zu elektrifizierten Bahn­trassen verlegt. Diese enge Nachbarschaft birgt die Gefahr der Einkopplung von Wechselspannungen.

Um möglichen Korrosionserscheinungen durch

 unterschiedliche Bodenbeschaffenheit,

 unterschiedliches freies Korrosionspotential unterschiedlicher Metalle,

 Streuströme aus Gleichstrombahnen und

  induzierte Wechselspannungen

vorzubeugen, wird mit kathodischen Korrosionsschutzmaßnahmen dem sich von selbst einstellenden elektroche­mischen Prozess der Korrosion Einhalt geboten. Dies wird durch den Einsatz von galvanischen Anoden (Opferanoden) oder Fremdstromanlagen erreicht. Damit wird der schleichende Materialabtrag an der Stahloberfläche verhindert, indem das Metall/Medium-Potential zu negativeren Werten verschoben und gleichzeitig die Korrosionsgeschwindigkeit erheblich verringert wird. Der kathodische Korrosionsschutz (KKS) bedarf einer kontinuierlichen Überwachung der Pipeline. Dazu wird der Spannungspegel am Rohr an definierten Messstellen entlang der Leitung erfasst und gegebenenfalls die Stärke des Schutzstroms angepasst. Dafür wird die Rohrleitung in einzelne Segmente unterteilt, die voneinander elektrisch isoliert sind. Zur elektrischen Trennung der verschiedenen Rohrleitungsabschnitte werden Isolierkupplungen (vorwiegend unterirdisch) und Isolierflansche (oberirdisch) verwendet (Bild 1).

Bild 1 Beeinflussungsmöglichkeiten von Rohrleitungen. Quelle: DEHN + SÖHNE GmbH + Co.KG

Blitzbeeinflussung

Blitzbedingte Überspannungen infolge eines Einschlags in exponierte Teile einer Pipelineanlage führen fast immer zu einem Überschreiten der Durchschlagsfestigkeit von Isolierstücken führen. Offene Funkenbildungen oder die Zerstörung des Isolierstücks können die Folge sein. Defekte Isolierstücke beeinträchtigen wesentlich die Wirksamkeit des kathodischen Korrosionsschutzes. Die sich daraus ergebende Notwendigkeit des Austauschs des Isolierstücks ist mit hohen Reparaturkosten und Ausfallkosten für die Anlage verbunden. Deshalb sieht die Technische Regel GW 24 des DVGW [2] vor, dass zum Schutz der Isolierstücke vor Zerstörung durch blitzbedingte Spannungen und Ströme der Einsatz von Trenn­funkenstrecken zwingend ist.

Trennfunkenstrecken sind Bauteile für den Blitzschutzpotentialausgleich entsprechend DIN EN 62305-3 [3]. Sie müssen den Prüfanforderungen der DIN EN 62561-3 [4] entsprechen. Für den Einsatz in explosionsgefährdeten Bereichen müssen die Trennfunkenstrecken zusätzlich explosionsgeschützt ausgeführt und entsprechend der Ex-Zone am Einsatzort ATEX-zertifiziert sein.

Für den bestimmungsgemäßen Einsatz der Trennfunkenstrecke müssen die elektrischen Eigenschaften der Isola­tionsstrecke des Isolierstücks zu den elektrischen Daten der parallel geschalteten Funkenstrecke koordiniert sein. Die Koordination der beiden Komponenten muss sicherstellen, dass der elektrische Ausgleichsvorgang nach einer Blitzentladung entlang einer Rohrleitung über die Trennfunkenstrecken und nicht über die Isolationsstrecken der Isolierkupplungen oder -flansche erfolgt. Dafür muss das Ansprechen der Trennfunkenstrecke bei einer Spannung erfolgen, die unterhalb der Durch- oder Überschlagsfestigkeit der Isolation des Isolierstücks liegt.

Entsprechend [2] wird die Isola­tionsfestigkeit von Isolierstücken durch das Anlegen einer Prüfwechselspannung (UPW) von 50 Hz nachgewiesen. Dabei werden zwei Klassen unterschieden:

 Klasse 1:  UPW = 5 kVeff

 Klasse 2:  UPW = 2,5 kVeff

Bei diesen Spannungswerten darf kein Durch- oder Überschlagen der Isolierstücke stattfinden.

Das Ansprechen der Trennfunkenstrecke muss deshalb unterhalb der o. g. Werte erfolgen, damit die Isolations­koordination sichergestellt ist. Zur Ermittlung des Ansprechverhaltens der Trennfunkenstrecke wird die genormte Blitzstoßspannung der Wellenform 1,2/50 s verwendet [5]. Im Datenblatt der Funkenstrecken wird dabei derjenige Spannungswert (Uas) ausgewiesen, der in einer festgelegten Testreihe zu 100 % zum Ansprechen der Funken­strecke führt. Erfüllt der Wert der 100 % Ansprech-Blitzstoßspannung (Uas) die Bedingung

Uas UPW/2,

so kann die betreffende Trennfunkenstrecke zum Schutz der Isolierstücke eingesetzt werden. Für die Ansprech-Blitzstoßspannungen der Trennfunkenstrecken zum Schutz der Isolierstücke gelten demnach folgende Anforderungen:

 an Isolierstücken der Klasse 1:

Uas  2,5 kV (1,2/50 s)

 an Isolierstücken der Klasse 2:

Uas  1,25 kV (1,2/50 s)

Bild 2 zeigt eine Trennfunkenstrecke für den Einsatz an Isolierstücken der Klassen 1 und 2 in explosionsgefährdeten Bereichen.

Bild 2 Trennfunkenstrecke für den Einsatz an Isolierstücken. Quelle: DEHN + SÖHNE GmbH + Co.KG

Installation von Trennfunkenstrecken

Neben den elektrischen Daten der Trennfunkenstrecke wird ihre Schutzwirkung ganz wesentlich durch die gewählte Installationsart am Einsatzort bestimmt. Nach Überschreiten der Ansprech-Blitzstoßspannung bricht die Spannung über der Funkenstrecke auf einen Wert von wenigen 10 V zusammen (roter Kurvenverlauf in Bild 3).

Bild 3 Schematischer Spannungsverlauf an Trennfunkenstrecke und Isolierstück bei Blitzbeeinflussung. Quelle: DEHN + SÖHNE GmbH + Co.KG

Dieser Wert ist bestimmt durch die Bogenspannung des Lichtbogens Ubo der Funkenstrecke. Nach Ansprechen der Funkenstrecke beginnt der Blitzstrom zu fließen, was Spannungsfälle an den Impedanzen der Anschlussleitungen der Trennfunkenstrecke verursacht. Da es sich bei dem Blitzstrom um einen kurzzeitigen Stromimpuls mit hoher Stromänderungsgeschwindigkeit (di/dt) handelt, muss neben der ohmschen auch die induktive Komponente der Impedanz der Anschlussleitung bei der Abschätzung des Spannungsfalls betrachtet werden.

Der Spannungsfall der Anschlussleitung UL errechnet sich deshalb aus

wobei

RL der ohmsche Widerstand der Anschlussleitung,

L    die Induktivität der Anschlussleitung,

Iimp der Wert des Blitz-Stoßstroms und

      die Steilheit des Blitz-Stoßstroms ist.

Entsprechend der Anordnung der Funkenstrecke in Bild 3 ergibt sich für die maximale Spannung (Umax) für Funkenstrecke und Anschlusstechnik während des Ableitvorgangs:

Umax= UL1 + UL2 + Ubo

Für den sicheren Betrieb darf der Wert von Umax den Scheitelwert der Prüfspannung (UPW), die zum Nachweis der Isolationsfestigkeit der Isolierstücke verwendet wurde, nicht überschreiten. In Bild 3 ist dies für eine Prüfung in der Klasse 1 dargestellt. Hier muss Umax der Bedingung:

Umax <  5 kV

Umax< 7,07 kV

genügen.

Fallbeispiel 1

Zur Verdeutlichung soll das Einsatzbeispiel entsprechend Bild 4 diskutiert werden.

Bild 4 Anschluss der Trennfunkenstrecke mit Rundleitung. Quelle: DEHN + SÖHNE GmbH + Co.KG

Es handelt sich dabei um ein im Erdreich befindliches Isolierstück. Die zugehörige Trennfunkenstrecke soll jedoch aus Gründen der regelmäßigen Prüfung leicht zugänglich oberirdisch montiert werden. Für diese gewählte Anordnung ist in allen Phasen des blitz­bedingten Ableitvorgangs die Koordination zwischen Funkenstreckeninstalla­tion und Isolierstück zu bewerten. Dabei wird von folgenden Parametern ausgegangen:

1. Funkenstrecke

Uas  1,25 kV

Ubo = 30 V

2. Anschlussleitung

Kupfer 25 mm² (Rundleiter)

Länge von Hin- und Rückleiter: 4 m

RL = 0,712 m/m

L = 1 H/m

Abstand der Anschlusspunkte an der Rohrleitung: 0,3 m

3. Blitzstromparameter (Tabelle C.2 in [2])

Iimp = 50 kA (10/350 s)

= 5 kA/s

4. Isolierstück

Klasse 1

UPW = 5 kV

Umax< 7 kV

Die Ergebnisse der Berechnungen des Spannungsfalls der Gesamtanordnung unter Verwendung von Kupferleitern (rund) mit einem Querschnitt von 25 mm² sind in Tabelle 1 zusammengestellt.

Tabelle 1 Spannungsfälle an Rundleitern 25 mm2 gemäß Berechnung nach GW24 [2].

In dieser Beispielanordnung ist die Koordinationsbedingung für das Ansprechverhalten der Funkenstrecke erfüllt, da Uas der Funkenstrecke mit einem Wert von 1,25 kV unterhalb des erforderlichen Grenzwerts von < 2,5 kV für ein Isolierstück der Klasse 1 liegt. Bei der Betrachtung der Gesamtanordnung im Falle des Ansprechens der Funkenstrecke lässt sich jedoch aus Tabelle 1 entnehmen, dass in diesem Anwendungsfall mit einem Spannungsfall von 21,7 kV gerechnet werden muss. Dieser Wert liegt deutlich über dem zulässigen Wert Umax von 7 kV. Damit kann die Lösung nach Bild 4 unter den gegebenen Bedingungen in der Praxis nicht verwendet werden. Das Hauptproblem stellt hier der induktive Spannungsfall der Anschlussleitungen dar.

Fallbeispiel 2

Durch die Verwendung induktivitätsarmer Anschlussleitungen ließe sich der induktive Spannungsfall der Installationsanordnung nach Bild 4 soweit verringern, dass der zulässige Wert von Umax< 7 kV nicht mehr überschritten wird. Eine solche Lösung unter Verwendung einer koaxialen Anschlussleitung zeigt Bild 5.

Quelle: DEHN + SÖHNE GmbH + Co.KG

Bild 5 Trennfunkenstrecke mit koaxialer Anschlusstechnik. Quelle: DEHN + SÖHNE GmbH + Co.KG

Sie beinhaltet die Trennfunkenstrecke nach Bild 2 in Kombination mit einer Mittelspannungsleitung vom Typ N2XSY 01×35/16 6/10 kV.

Bei der erneuten Betrachtung wird nun von folgenden Parametern ausgegangen:

1. Funkenstrecke

Uas  1,25 kV

Ubo = 30 V

2. Anschlussleitung

Mittelspannungsleitung Typ N2XSY 01×35/16 6/10 kV

Länge: 2 m

Abstand der Anschlusspunkte an der Rohrleitung: 0,3 m

3. Blitzstromparameter (Tabelle C.2 in [2])

Iimp = 50 kA (10/350 s)

 = 5 kA/s

4. Isolierstück

Klasse 1

UPW = 5 kV

Umax< 7 kV

Durch den Anbieter der Lösung nach Bild 5 wurden die entsprechenden Spannungsfälle für unterschiedliche Konfigurationen messtechnisch ermittelt und in der Einbauanleitung für diese Lösung dokumentiert [6].

Tabelle 2 Auszug aus der Einbauanleitung [6].

Tabelle 2 zeigt auszugsweise die Werte, die für die erneute Betrachtung des Anwendungsbeispiels benötigt werden.

In dieser verbesserten Beispielanordnung nach Bild 5 ist die Koordinationsbedingung für das Ansprechverhalten der Funkenstrecke wiederum erfüllt, da Uas der Funkenstrecke mit einem Wert von 1,25 kV unterhalb des erforder­lichen Grenzwerts von < 2,5 kV für ein Isolierstück der Klasse 1 liegt. Bei der Betrachtung der Gesamtanordnung im Falle des Ansprechens der Funken­strecke lässt sich nun aus Tabelle 2 entnehmen, dass in diesem Anwendungsfall mit einem Spannungsfall von 4,9 kV gerechnet werden muss. Dieser Wert liegt nun deutlich unter dem zulässigen Wert Umax von 7 kV.

Bei Verwendung speziell geprüfter neuer Anschlusstechniken wie die im Bild 5 gezeigte Lösung zum Anschluss der Trennfunkenstrecke ist deren ober­irdische Anordnung zu Prüfzwecken nun technisch einfach und korrekt realisierbar.

Anforderungen an die Anschluss­technik

Die gesamte Anschlusstechnik muss

  blitzstromtragfähig,

 zündfunkenfrei (bei gleichzeitig auftretender gefährlicher explosionsfähiger Atmosphäre),

 unmittelbar parallel und eng am Isolierstück angeordnet,

  auf kürzestem Weg angeschlossen,

 gegen zufälliges Überbrücken (z. B. durch Werkzeuge) gesichert

ausgeführt sein.

Geeignete Anschlusspunkte an Rohrleitungen sind angeschweißte Fahnen oder Bolzen sowie Gewindebohrungen in den Flanschen zur Aufnahme von Schrauben.

Ein Anschluss mittels Schelle ist nur dann zulässig, wenn durch Prüfungen Zündfunkenfreiheit bei Blitzströmen nachgewiesen ist.

Alle Schraubverbindungen sind gegen Selbstlockern zu sichern, z. B. durch das Einlegen eines Federrings. Zahnscheiben haben sich in der Anwendung (Funkenbildung bei Blitzströmen) nicht bewährt.

Prüfung der Trennfunkenstrecken

Werden Trennfunkenstrecken in explosionsgeschützter Ausführung (ExFS) in explosionsgefährdeten Bereichen eingesetzt, müssen diese nach der Norm DIN EN 60079-17 [7] spätestens nach drei Jahren geprüft werden. Eine Prüfung der ExFS mit Anschlusstechnik besteht immer aus einer Sichtprüfung und einer messtechnischen Prüfung.

Die Sichtprüfung umfasst die optische Kontrolle der ExFS mit Anschlusstechnik auf

 Beschädigung des Gehäuses der ExFS,

 Einbaulage gemäß der Einbauanleitung des Herstellers,

 Isolation der Anschlusskabel,

  Lockerung der Anschlussleitung,

  Prüfung der Kontaktsicherheit,

  Verschmutzung der ExFS Installation,

 Eignung für den Einbau in explo­sionsgefährdeten Bereichen.

Eine Prüfung der ExFS auf Kurzschluss und ausreichendes Isolationsvermögen muss entsprechend der jeweiligen Herstellerangaben und Prüfanweisungen durchgeführt werden. Elek­trische Prüfungen müssen im ausgebauten Zustand und außerhalb von explo­sionsgefährdeten Bereichen erfolgen. Sollte eine elektrische Prüfung im Ex-Bereich notwendig sein, so darf dies nur in enger Abstimmung mit dem Betreiber erfolgen.

Grenzwerte bei Hochspannungs­beeinflussung

Neben der Beeinflussung durch Blitzentladungen werden Rohrleitungen wie eingangs beschrieben auch durch Hochspannungsleitungen oder Bahnstromsysteme beeinflusst. Hier ist zu unterscheiden, ob diese Beeinflussungen dauerhaft (stationär) oder kurzzeitig (temporär) auftreten. In beiden Fällen wird jedoch eine Wechselspannung in das Rohrleitungssystem induziert. Die AfK-Empfehlung Nr. 3 [8] lässt aus Gründen des Berührungsschutzes bei einer Dauerbeeinflussung (stationär) maximal 60 V und bei einer Kurzzeitbeeinflussung bis zu 0,2 s (temporär) maximal 1 000 V zu. Diese Grenzwerte für den Berührungsschutz bei Beeinflussung durch Wechselströme (16,7 oder 50 Hz) können durch den Einsatz von Trennfunkenstrecken nicht erreicht werden. Dennoch müssen Trennfunkenstrecken ein Wechselstromableitvermögen (z. B. 500 A für 0,2 s) aufweisen, um nach einer Zündung durch Wechselspannungen bei ca. 500 V die kurzzeitigen Wechselströme zerstörungsfrei führen zu können. Zur Einhaltung des Berührungsschutzes an wechselspannungsbeeinflussten Rohrleitungen sind deshalb über den Einsatz von Trennfunkenstrecken hinausgehende Maßnahmen erforderlich. Weitere Hinweise zu Grenzwerten für die elektrische Sicherheit von Personen im Zusammenhang mit beeinflussten Rohrleitungen finden sich in DIN EN 50443 [9]. Die dort angegebenen Werte beziehen sich auf Teile von metallischen Rohrleitungen oder angeschlossenen Geräten und Einrichtungen, die (elektrotechnisch) unterwiesenen Personen zugänglich sind.

Bild 6 Spannungswerte. Quelle: DEHN + SÖHNE GmbH + Co.KG

In Bild 6 sind die Grenzwerte der Beeinflussungsspannungen grau hinterlegt aufgelistet und im Diagramm entsprechend grau dargestellt. Für den Fall, dass nicht unterwiesene Personen mit der Rohrleitung in Kontakt kommen können, wird in [9] die Forderung er­hoben, dass eine weitere Verringerung der zulässigen Spannung vorgenommen wird, ohne jedoch dabei konkrete Werte vorzugeben.

Spannungsgesteuerter Kurzschließer

Eine Einrichtung, mit der Wechselspannungen an Rohrleitungen auf Werte unterhalb der Grenzwerte der Norm DIN EN 50443 reduziert werden können, ist der in Bild 7 gezeigte spannungs­gesteuerte Kurzschließer.

Bild 7 Spannungsgesteuerter Kurzschließer VCSD 40 IP65. Quelle: DEHN + SÖHNE GmbH + Co.KG

Diese intelligente Abgrenzeinheit ist ein aus einem Überspannungsereignis heraus gesteuerter Kurzschlussschalter, der stationäre, temporäre und transiente Überspannungen begrenzt. Alle auftretenden Fremdspannungen werden abgeleitet und auf einen voreingestellten Wert begrenzt, ohne die für den kathodischen Korrosionsschutz vorhandene Gleichspannung (KKS-Potential) nach­teilig zu beeinträchtigen. Das Begrenzungsverhalten dieses Gerätes ist rot hinterlegt in Bild 6 dargestellt.

Wie der Darstellung zu entnehmen ist, begrenzt der spannungsgesteuerte Kurzschließer die Beeinflussungsspannungen an der Rohrleitung unterhalb der Grenzwerte der AfK-Empfehlung Nr. 3 [8] und DIN EN 50443 [9]. Seine Einsatzweise und seinen prinzipiellen Aufbau zeigt Bild 8.

Bild 8 Einsatzweise und Prinzipschaltbild des VCSD 40 IP65. Quelle: DEHN + SÖHNE GmbH + Co.KG

Fazit

Die vorgestellten Schutzmaßnahmen und -geräte leisten einen wichtigen Beitrag zur Aufrechterhaltung des katho­dischen Korrosionsschutzes von Rohrleitungssystemen bei Beeinflussung durch transiente Ereignisse wie Blitzeinschläge, aber auch bei temporärer oder stationärer Wechselstrombeeinflussung durch Hochspannungsanlagen. Die Begrenzung unzulässig hoher Berührungsspannungen zum Schutz von Personen ist ein wichtiges Schutzziel beim Betrieb von Rohrleitungssystemen.

Ein sicherer und störungsfreier Betrieb von Rohrleitungen ist nur dann möglich, wenn die Fachgebiete Korrosionsschutz, Hochspannungsbeeinflussung und Blitzschutz im Gesamtzusammenhang ge­sehen werden, da sich die Einzelaspekte der unterschiedlichen Schutzmaßnahmen untereinander beeinflussen können. Eine interdisziplinäre Zusammenarbeit der Fachgebiete ist deshalb die Voraussetzung für ein umfassendes Schutzkonzept.   TS 536

  1. Literaturverzeichnis
  2. [1] Blitzplaner. Hrsg.: DEHN + SÖHNE. 3. akt. Aufl. Neumarkt 2013.
  3. [2]  Arbeitsblatt GW 24: Kathodischer Korro­sionsschutz in Verbindung mit explosionsgefährdeten Bereichen. ( textgleich mit der AfK-Empfehlung Nr. 5). Bonn: DVGW 2014.
  4. [3] DIN EN 62305-3. Blitzschutz – Teil 3: Schutz von baulichen Anlagen und Personen. Berlin: Beuth Verlag 2011.
  5. [4] DIN EN 62561-3: Blitzschutzsystembauteile (LPSC) – Teil 3: Anforderungen an Trennfunkenstrecken. Berlin: Beuth Verlag 2012.
  6. [5] DIN EN 60060-1: Hochspannungs-Prüftechnik – Teil 1: Allgemeine Begriffe und Prüfbedingungen. Berlin: Beuth Verlag 2010.
  7. [6] Montageanleitung Coax-Connection Box, Koaxialer Anschluss der EXFS100. Publikation Nr. 1846/UPDATE 07.14. Neumarkt: DEHN+SÖHNE.
  8. [7] DIN EN 60079-17: Explosionsgefährdete Bereiche – Teil 17: Prüfung und Instandhaltung elektrischer Anlagen. Berlin: Beuth Verlag 2014.
  9. [8] AfK-Empfehlung AFK 3: Maßnahmen beim Bau und Betrieb von Rohrleitungen im Einflussbereich von Hochspannungs-Drehstromanlagen und Wechselstrom-Bahnanlage (textgleich mit DVGW-Arbeitsblatt GW 22 und der Technischen Empfehlung Nr. 7 der Schiedsstelle für Beeinflussungsfragen) 2014.
  10. [9]  DIN EN 50443: Auswirkungen elektromagnetischer Beeinflussungen von Hochspannungswechselstrombahnen und/oder Hochspannungsanlagen auf Rohrleitungen. Berlin: Beuth Verlag 2011.

Autor

Dipl.-Ing. Veiko Raab, DEHN + SÖHNE GmbH + Co.KG, Neumarkt.

Von Veiko Raab, Neumarkt