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Brandschutz 12.06.2023, 09:00 Uhr

Wie lässt sich die Brandausbreitung bei der Produktion und beim Lagern von Lithium-Ionen-Batterien verhindern?

Weltweit steigt der Bedarf an Elektrofahrzeugen und stationären Energiespeichersystemen. Entsprechend erhöht sich auch die Anzahl der Lithium-Ionen-Batterien (LIB)-Fabriken. Das Forschungsprojekt SUVEREN2use beschäftigt sich mit dem Thema Brandschutz für die gesamte Batterie-Wertschöpfungskette. Unter anderem finden Versuche mit Hochdruckwassernebel statt.

Batteriebrand im Realmaßstab. Foto: FOGTEC

Batteriebrand im Realmaßstab.

Foto: FOGTEC

LIB werden aufgrund ihres geringen Gewichts, einer höheren Energie- und Leistungsdichte und der langen Lebensdauer immer attraktiver. Dies spiegelt sich auch in den Verkaufszahlen der Fahrzeuge im Personenverkehr wider. Allein in der ersten Jahreshälfte 2022 stieg der weltweite Absatz auf fast 4,3 Millionen.

Jedoch bergen diese leistungsstarken Batterien bei einer fehlerhaften Handhabung ein großes Sicherheitsrisiko. Dies betrifft nicht nur ihre Anwendung, sondern auch die Bereiche Produktion und Lagerung. Bereits 2019 erschien ein Artikel zum Thema Brand in der in der Produktionshalle eines Akkuherstellers in Deutschland. Der Sachschaden war enorm. Die Polizei berichtete von mehreren Hunderttausend Euro. An diesem Beispiel wird deutlich, wie wichtig und sinnvoll ein angemessenes Brandschutzkonzept ist.

Wodurch entsteht bei der Produktion ein Brandrisiko?

Zum einen können Ausfälle von Systemen zur Absaugung von entzündbaren Dämpfen und Stäuben zu einem Brandrisiko führen. Zum anderen stellen technische Fehler wie die Beschädigung des Separators bei der Zellassemblierung, wo die Bauteile aus der Elektrodenproduktion weiterverarbeitet und zu einer fertigen Zelle zusammengebaut werden, eine Gefahr dar. Auch bei der Integration von Zellen und Modulen ins Gehäuse können die Zellen durch eine falsche Handhabung beschädigt werden und somit ein Brandrisiko bergen.

Werden die Zellen während des Produktionsprozesses beschädigt, kann es zu dem sogenannten thermischen Durchgehen (engl. Thermal Runaway) kommen. Bei diesem Vorgang führen selbstbeschleunigende exotherme Reaktionen und interne Kurzschlüsse innerhalb der Zelle zu einem starken Temperaturanstieg. Werden die dabei entstehenden Batteriegase durch Funken oder heiße Oberflächen entzündet, ist es möglich, dass ein Feuer entsteht, das sich schnell auf weitere Module und Batteriesysteme ausbreiten kann.

Forschungsprojekte zum Brandverhalten

Um den Gefahren in den Produktionsbereichen adäquat zu begegnen, müssen geeignete Maßnahmen entwickelt werden. Im Rahmen des Forschungsprojekts SUVEREN_Storage führte die FOGTEC bereits in Zusammenarbeit mit dem Institut für angewandte Brandschutzforschung (IFAB) Nachweis-Brandversuche für Energiespeicheranlagen im Realmaßstab durch.

In einem Folgeprojekt wurde der Raum- und Gebäudeschutz bei der Produktion von Zellen, Batteriemodulen und kompletten Traktionsbatterien betrachtet. Die Durchführung basierte auf den Vorgaben der Brandschutz-Richtlinien zur schutzzielorientierten Nachweisführung. Dabei wurden Erkenntnisse und Erfahrungen aus vorangegangenen Forschungsprojekten berücksichtigt. Zur Prüfung stand die Wirksamkeit der Brandschutzmaßnahmen in der jeweiligen Anwendung durch Brandversuche im Realmaßstab.

Brand mit Hochdruckwassernebel bekämpfen

Diese Versuche fanden in einem offenen Raum (140 m2, Höhe der Decke: 6,6 m) unter natürlichen Ventilationsbedingungen statt. Bewertungskriterium war die Verhinderung der Brandausbreitung. Vorangegangene Versuche belegten, dass sich Wasser aufgrund seiner guten Kühlwirkung als effizientes Brandbekämpfungsmittel für LIB-Brände eignet.

Um die Brandentwicklung zu unterbrechen, wurde durch Hochdruckrohre Wassernebel mit bis zu 100 bar versprüht. Die winzigen Tröpfchen kühlten den Brand schnell herunter.

Im Vergleich: Sprinklertropfen (oben) und Wassernebeltröpfchen (unten) Grafik: Fogtec

Diese Technologie zeichnet sich zudem durch einen stark reduzierten Wasserverbrauch aus, wodurch deutlich geringere Mengen an kontaminiertem Löschwasser erzeugt werden. Die Versuche bestätigten, dass die geprüfte Hochdruckwassernebel-Anlage in der Lage war, die Brandausbreitung zu verhindern. Die Ergebnisse wurden vom IFAB nach der Norm EN 14972 zertifiziert und vom TÜV begutachtet.

Brandgefahr in Lagerräumen

Weitere Betrachtungen zur Absicherung von Produktionsräumen erfolgen im Rahmen des Forschungsprojektes SUVEREN2use, das noch bis Ende 2025 läuft. Das Vorhaben wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz gefördert und beschäftigt sich mit dem Thema Brandschutz über die gesamte Batterie-Wertschöpfungskette hinweg – angefangen bei der Produktion, über die Lagerung und Anwendung bis hin zum Recycling.

Da bei LIB eine Selbstentzündung möglich ist, besteht auch beim Lagern ein Brandrisiko. Einer der Gründe ist, dass die Batterien häufig über keine Batteriemanagement-Systeme verfügen. Darüber hinaus sind sie häufig nicht oder nur leicht verpackt. Dadurch kann sich die Wärmestrahlung schnell ausbreiten und in kürzester Zeit das gesamte Lager in Brand stehen.

Nähere Untersuchungen sind im Rahmen des Forschungsprojektes Ende 2023 geplant. Die Brandversuche beschäftigen sich dann unter anderem mit der Absicherung von Lagerbereichen, weil es aktuell noch keine genauen Vorgaben und Richtlinien für eine sichere Lagerung gibt. *

*Den vollständigen Artikel finden Sie in der aktuellen Ausgabe 05/06 der Technischen Sicherheit.

Von A. Sulce, A. Langstrof

Dr. Anda Šulce,
Leiterin Forschung & Entwicklung, FOGTEC Brandschutz GmbH, Köln
Alexandra Langstrof,
freie Journalistin, Erkrath.