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Die Novellierung der TA Luft 01.12.2016, 00:00 Uhr

Die Novellierung der TA Luft

Das Bundesumweltministerium plant, die Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft (TA Luft) zu novellieren. Dies wird Auswirkungen sowohl auf den künftigen Betrieb genehmigungspflichtiger Anlagen als auch auf die Genehmigungspraxis haben. Nachfolgend wird aus dem Blickwinkel einer Messstelle nach § 29b BImSchG sowie eines Sachverständigenbüros auf die zu erwartenden Auswirkungen eingegangen.

Bild: Infraserv GmbH & Co. Höchst KG

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Die Erste Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz (Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft – TA Luft) konkretisiert – für Genehmigungs- und Überwachungsbehörden bindend – die Anforderungen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen und der Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, um – wie es in der Verwaltungsvorschrift einleitend heißt – „ein hohes Schutzniveau für die Umwelt insgesamt zu erreichen“.

Nicht zuletzt durch die mehrmalige Novellierung und Fortschreibung kann der TA Luft gut 50 Jahre nach dem erstmaligen Inkrafttreten im Jahr 1964 (seinerzeit noch mit der Gewerbeordnung als Rechtsgrundlage) zugestanden werden, dass dieser hohe Anspruch erfüllt wird – allerdings beschränkt auf den Anwendungsbereich der TA Luft, nämlich der anlagenbezogenen Luftreinhaltung mit dem Schwerpunkt auf den aktuell über 50 000 genehmigungsbedürftigen Anlagen.

Auf der Rechtsgrundlage des 1974 verabschiedeten Bundes-Immissionsschutzgesetzes wurde seinerzeit in der TA Luft erstmalig der Stand der Technik für immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftige Neuanlagen definiert – in der Rückschau war dies wohl die Initial­zündung für die weltweit führende Rolle, die Deutschland in der Abluftreinigungstechnologie bis heute einnimmt.

Mit der Novellierung 1986 (eine Aktualisierung des sog. Immissionsteils fand 1983 statt) wurde der Stand der Technik fortgeschrieben – vor allem aber waren die entsprechenden Vorschriften innerhalb bestimmter Übergangsfristen auch für Bestandsanlagen bindend. In Verbindung mit der Verpflichtung zur diskontinuierlichen bzw. (bei Überschreitung von definierten Massenstromschwellen) kontinuierlichen Emissionsüberwachung führte dies zu einer deutlichen Marktausweitung für private Messstellen, denen diese Ermittlungsaufgabe – bei entsprechender Kompetenz und Unabhängigkeit – übertragen wurde.

2002 wurde mit der bis heute gültigen TA Luft der Stand der Technik auf ein anspruchsvolles Niveau angehoben (wiederum mit Übergangsfristen für Bestandsanlagen) – vor allem aber wurden die Immissionswerte zum Schutz der menschlichen Gesundheit auf die Vor­gaben der EU-Luftqualitäts-Rahmenrichtlinie drastisch verschärft und die Vorschriften zur Ermittlung der Kenngrößen für die Vor-, Zusatz- und Gesamtbelastung im Rahmen eines Genehmigungsverfahrens geändert. Während zeit- und kostenaufwendige Vorbelastungsmessungen seither nur noch in Ausnahmefällen durchgeführt wurden, stieg der Aufwand zur Ermittlung der anlagenbedingten Zusatzbelastung aufgrund des Wechsels von dem mit einer Vielzahl an Einschränkungen behafteten Gauß-Modell hin zu einem Lagrangeschen Partikelmodell – ggf. mit einer vorgeschalteten Windfeldmodellierung – erheblich an.

Was wird sich nun in der zum Ende der Legislaturperiode 2017 angestrebten Novellierung der TA Luft ändern? Der im Sommer 2015 vorgelegte Entwurf wurde in der Fachwelt mit den beteiligten Kreisen durchaus kontrovers diskutiert – die Ergebnisse sind in den mittlerweile veröffentlichten Referentenentwurf eingeflossen.

Der vorliegende Beitrag beleuchtet aus dem Blickwinkel einer Messstelle nach § 29b BImSchG sowie eines Sachverständigenbüros, das im Rahmen von Genehmigungsverfahren regelmäßig mit den Anforderungen der TA Luft konfrontiert ist, die zu erwartenden Auswirkungen auf den Anlagenbetrieb zum einen und auf die Genehmigungspraxis zum anderen.

Die Gliederung entspricht der unverändert gebliebenen Grundstruktur der TA Luft. Die Nr. 4 (der sog. Immissionsteil der TA Luft) ist vor allem für die Genehmigungspraxis von Bedeutung, während die allgemeinen und speziellen Anforderungen zur Vorsorge gegen schäd­liche Umwelteinwirkungen in Nr. 5 der TA Luft (dem Emissionsteil, der zunächst behandelt wird) maßgeblich für den Anlagenbetrieb sind.

Auswirkung der geplanten Änderungen auf den Anlagenbetrieb

Die Verringerung von Feinstaub- und Stickstoffoxidemissionen steht aufgrund der besonderen wirkungsseitigen Relevanz dieser Schadstoffe erkennbar im Fokus des Emissionsteils des TA-Luft-Entwurfs.

Der allgemeine Staubgrenzwert gemäß Nr. 5.2.1 soll bei Emissionsquellen, die einen Massenstrom von 0,40 kg/h überschreiten, von bislang 20 auf 10 mg/m³ verschärft werden. Dies betrifft somit Quellen ab einem Volumenstrom von 40 000 m³/h – im Übergangsbereich zwischen 20 000 und 40 000 m³/h reduziert sich die maximal zulässige Staubkonzentration im fließenden Übergang von 20 auf 10 mg/m³. Mit Gewebefiltern nach dem Stand der Technik sind diese Anforderungen bei sorgfältiger und regelmäßiger Wartung jedoch problemlos einhaltbar, im Regelfall sogar deutlich unterschreitbar.

Wesentlich anspruchsvoller wird die Einhaltung der verschärften Emissionsbegrenzungen für Stickstoffoxide bei Feuerungs- und Verbrennungsmotor­anlagen, zumal wenn hierfür eine Abgasreinigung erforderlich sein wird. Der Referentenentwurf sieht vor, dass dann der Ammoniakschlupf auf 10 mg/m³ begrenzt wird und sowohl die Stickstoffoxid- als auch die Ammoniakemissionen ab einer Feuerungswärmeleistung von 20 MW kontinuierlich überwacht werden sollen. Der Grenzwert für die feuerungsbedingt entstehenden Form­aldehydemissionen soll ebenfalls verschärft werden.

Bei Verbrennungsmotoranlagen mit einer Feuerungswärmeleistung unter 20 MW sollen Nachweise über den dauerhaften emissionsarmen Betrieb, z. B. über die kontinuierliche effektive Funktion der Abgasreinigungseinrichtung zur Minderung der Stickstoffoxide, gefordert werden. Diese Vorgabe ist sehr zu begrüßen, da sie die Möglichkeit zur veränderten Motoreneinstellung bei diskontinuierlicher Emissionsüberwachung konsequent unterbindet.

Die Stickstoffoxidemissionen stehen besonders im Fokus, da der Jahres- Immissionswert von 40 µg/m³ NO2 in vielen Ballungsgebieten nach wie vor nicht eingehalten wird und zudem die nationale Emissionshöchstmenge gemäß der NEC-Richtlinie von 1 051 kt Stickstoffoxiden (Zielwert für 2010) deutlich überschritten wurde.

Sowohl die deutliche Erhöhung der Anlagen mit kontinuierlich arbeitenden Emissionsmesseinrichtungen als auch die vorgesehene Umstellung des Intervalls für diskontinuierliche Messungen an Feuerungs- und Verbrennungsmotoranlagen von drei Jahren auf eine jähr­liche Überwachung wird im Falle einer Umsetzung die Messstellen vor besondere Herausforderungen stellen. Die be­stehenden Messkapazitäten müssen ggf. deutlich ausgebaut werden, zumal durch die 2013 in Kraft getretene Bekanntgabe-Verordnung (41. BImSchV) strengere Anforderungen an die Kompetenz-, Zuverlässigkeits- und Unabhängigkeitsnachweise gestellt wurden.

Weiterhin ist von Bedeutung, dass künftig Messberichte innerhalb von acht Wochen nach Abschluss der Messungen vorgelegt werden müssen. Anstelle dieser konkreten Frist sieht die aktuelle TA Luft die „unverzügliche“ Vorlage vor, was im juristischen Sinne eigentlich „keine schuldhafte Verzögerung“ erlauben würde. Tatsächlich gelangen Messberichte aus unterschiedlichsten Gründen regelmäßig relativ spät zu den Überwachungsbehörden – die Konkretisierung ist daher zu begrüßen, aber auch anspruchsvoll in der Umsetzung für Betreiber und Messstellen.

Vor der Inbetriebnahme ist künftig von einer zu beauftragenden Messstelle eine Bescheinigung über den ordnungsgemäßen Einbau von kontinuierlichen Messeinrichtungen auszustellen und der zuständigen Behörde vorzulegen

Bei der Bewertung der Messergebnisse hat die Messunsicherheit seit der TA Luft 2002 einen besonderen Stellenwert bekommen. Bislang gilt eine Emissionsbegrenzung dann als zweifelsfrei eingehalten, wenn das Ergebnis jeder Messung zuzüglich der Messunsicherheit den Emissionsgrenzwert nicht überschreitet. Mit dem TA-Luft-Entwurf wird nun zusätzlich die sichere Überschreitung des Emissionsgrenzwertes sozusagen spiegelverkehrt definiert. Soweit das Messverfahren dem Stand der Messtechnik entspricht, ist die Messunsicherheit zugunsten des Betreibers zu berücksichtigen.

Die vorgenannten Regelungen werden den Aufwand für alle Beteiligten – Betreiber, Überwachungsbehörden und Messstellen – deutlich erhöhen.

Der Emissionsteil des TA-Luft-Entwurfs sieht im Übrigen eine Fülle weiterer Änderungen vor, deren Darstellung den hier zur Verfügung stehenden Rahmen sprengen würde. Stichpunktartig seien nachfolgend jedoch folgende Punkte genannt:

  • Spezielle Regelung für Formaldehyd als karzinogenem Stoff (keine Einstufung in die Klasse I bis III gemäß Nr. 5.2.7.1.1, Emissionsgrenzwert von 5 mg/m³ ab einem Massenstrom von 12,5 g/h, und somit auch kein Einfluss auf die Schornsteinhöhenbestimmung),
  • Umgruppierung von Benzol und damit Verschärfung des Grenzwerts,
  • Aufnahme von Quarzstaub in die Liste der karzinogen Stoffe,
  • konkrete Grenzwertfestsetzung für reproduktionstoxische Stoffe (zusätzlich zum abstrakten Emissionsminimierungsgebot),
  • der Dioxin(PCDD/F)-Grenzwert von 0,1 ng/m³ gilt künftig unter Einbeziehung von polycyclischen Biphenylen (PCB),
  • Anpassung der Anforderungen für gasförmige Emissionen beim Verarbeiten, Fördern, Umfüllen oder Lagern von flüssigen (bisher: organischen) Stoffen an die aktuellen Normen,
  • erstmalige Festlegung von Emissionsminderungsanforderungen in allgemeiner Form für Bioaerosole (Durchführung von Maßnahmen entsprechend dem Stand der Technik) sowie Vermeidungs- bzw. Minimierungsgebot für Verunreinigungen des Kühlwassers durch Mikroorganismen, insbesondere Legionellen, an stationären Verdunstungskühlanlagen inklusive Naturzugkühltürmen sowie Nassabscheider,
  • Regelungen zur Prüfung und Umsetzung von Maßnahmen zur Einsparung von Energie und Einsatzstoffen.

Eine sorgfältige Prüfung des Referentenentwurfs empfiehlt sich insbesondere für Anlagenbetreiber, um ggf. noch Argumente einbringen zu können bzw. um sich frühzeitig auf die anspruchsvollen Umsetzungsfristen für Bestandsanlagen einstellen zu können.

Diese sind in Nr. 6 des TA-Luft-Entwurfs in gestufter Form (analog der TA Luft 2002) wie folgt definiert:

  • Unverzügliche Sanierung, wenn die Anforderungen der TA Luft 2002 nicht eingehalten sind,
  • Sanierungsfrist von drei Jahren bei Maßnahmen mit geringem Aufwand,
  • allgemeine Sanierungsfrist von fünf Jahren nach Inkrafttreten der neuen TA Luft.

Bei nur geringfügiger Überschreitung der in Nr. 5 der TA Luft festgelegten Emissionsbegrenzungen hat die Über­wachungsbehörde einen Ermessensspielraum, sofern die Abhilfemaßnahmen zu aufwendig sein sollten.

Auswirkung der geplanten Änderungen auf die Genehmigungspraxis

Die vorgenannten Änderungen sind natürlich nicht nur während des An­lagenbetriebs, sondern auch schon im Genehmigungsverfahren von Bedeutung. Über die Festsetzung von Nebenbestimmungen im Genehmigungsbescheid oder über eine nachträgliche Anordnung werden sie für den Anlagenbetreiber verpflichtend.

Der sog. Immissionsteil (Nr. 4 der TA Luft), in dem die Anforderungen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen beschrieben sind, ist hin­gegen ausschließlich für die Genehmigungsphase relevant. Hierbei hat die zuständige Behörde zunächst den Umfang der Ermittlungspflichten festzustellen. Die Genehmigungsfähigkeit ist dann gegeben, wenn die ermittelte Gesamtbelastung, bestehend aus der Vor- und Zusatzbelastung, die in den Nrn. 4.2. bis 4.5 festgelegten Immissionswerte nicht überschreitet.

Die bisherige Regelung, wonach die Ermittlung der Kenngrößen für die Vor-, Zusatz- und Gesamtbelastung bei Erfüllung bestimmter Kriterien entfallen soll, wurde in dem TA-Luft-Entwurf durch die begriffliche Einführung der Gesamtzusatzbelastung geändert. Diese ist definitionsgemäß der Immissionsbeitrag, der durch die gesamte zu beurteilende Anlage hervorgerufen wird.

Damit soll die aktuell (auch nach dem sogenannten GKM-Urteil des Bundesverwaltungsgerichts) noch immer strittige Frage des Irrelevanzbezugs dahingehend geklärt werden, dass die Irrelevanzregeln der TA Luft im Änderungsgenehmigungsverfahren auf die durch die Gesamtanlage nach Änderung hervorgerufene Zusatzbelastung anzuwenden sind und nicht auf die durch die Änderung hervorgerufene Zusatzbelastung.

In der bisherigen Genehmigungspraxis gab es für die Beurteilung von Geruchsimmissionen, Stickstoff- und Säureeinträgen sowie Bioaerosolen noch keine bundeseinheitliche Rechtsgrundlage. Diese Lücke soll mit dem vorliegenden TA-Luft-Entwurf geschlossen werden – in den Anhängen 7 bis 10 finden sich hierzu nunmehr umfangreiche Regelungen (u. a. soll die Geruchs­immissions-Richtlinie weitgehend inhaltsgleich übernommen werden). Allerdings stellen sich hierbei zahlreiche Fragen, die derzeit in der Fachwelt kontrovers diskutiert werden.

Insbesondere der Anhang 8 (Prüfung der Verträglichkeit atmosphärischer Stoffeinträge für Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung) ist aus Sicht des Autors kritisch zu hinterfragen.

Im Rahmen eines immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens soll künftig ein Abschneidekriterium für den Einwirkbereich der Zusatzbelastung in Höhe von 0,3 kg Stickstoff pro Hektar und Jahr sowie eine Bagatellschwelle in Höhe von 3 % des relevanten Deposi­tionswerts (Critical Load) gelten. Das Abschneidekriterium stellt eine hohe Hürde dar, die im Einzelfall nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand eingehalten werden kann.

Der Nachweis für die Einhaltung der Bagatellschwelle ist jedoch kumulativ zu führen, d. h. es sind die Auswirkungen aller maßgeblichen Vorhaben in die Betrachtung einzubeziehen. Maßgebliche Vorhaben sind die zu genehmigende Anlage sowie alle Pläne und Projekte im Sinne von § 34 BNatSchG, deren Einwirkbereich den betreffenden Beurteilungspunkt umfasst und die nicht bereits in der Vorbelastung enthalten sind. Die Vorbelastung wird dargestellt durch den letzten gültigen Hintergrundbelastungsdatensatz Stickstoffdeposition des Umweltbundesamts. Zu betrachten sind alle Vorhaben, die seit diesem Zeitpunkt realisiert oder genehmigt wurden bzw. deren Planung als verfestigt anzusehen ist. Ausgenommen sind Vorhaben, deren Beeinträchtigung aufgrund eines Ausnahmeverfahrens nach § 34 Absatz 3 bis 5 BNatSchG kompensiert wurden.

Dieser Regelungsvorschlag geht weit über die bisherige Rechtsprechung hinaus, soweit er den Irrelevanzwert nicht nur auf das zur Genehmigung stehende Vorhaben sowie auf weitere geplante, jedoch noch nicht realisierte Vorhaben bezieht, sondern auch auf alle Vorhaben, die bereits realisiert sind und die in der Summe mit dem neuen Vor­haben die Bagatellschwelle von 3 % überschreiten. Nach § 34 Abs. 1 BNatSchG sei zu prüfen, ob ein Vor­haben „einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Projekten“ geeignet ist, Natura 2000-Gebiete erheblich zu beeinträchtigen. Dieses Kumulationsgebot hat das Bundesverwaltungsgericht bisher dahingehend ausgelegt, dass bei der Prüfung, ob projektbedingte Schadstoffeinträge die Bagatellschwelle überschreiten, kumulativ nur die Auswirkungen anderer Projekte zu berücksichtigen sind, soweit sich diese Auswirkungen konkret absehen lassen. Genehmigte und bereits realisierte Projekte gehen in die Vorbelastung ein.

Die dazu entbrannte naturschutzrechtliche und naturschutzfachliche Diskussion würde durch Anhang 8 zur TA Luft durch eine sehr enge, in der Praxis oft nicht oder nur schwer umsetzbare Version der Irrelevanzklausel abgeschlossen. Daher sollte insbesondere diese vorgesehene Regelung im weiteren Verfahren nochmals kritisch hinterfragt werden.

Auf eine weitere Neuerung im bisherigen TA-Luft-Entwurf mit praktischer Relevanz für künftige Genehmigungsverfahren soll nachfolgend hingewiesen werden: Gemäß der neu eingeführten Nr. 3.6 soll vor Erteilung einer Genehmigung (oder einer Änderungsgenehmigung) geprüft werden, ob die Betriebs­organisation des Anlagenbetreibers geeignet erscheint, um seinen Pflichten gemäß § 5 BImSchG und den aufgrund des § 7 BImSchG erlassenen Rechtsverordnungen gerecht zu werden.

Zu diesem Zweck soll der Anlagenbetreiber der zuständigen Behörde folgende umweltrelevante Aspekte seiner Betriebsorganisation darlegen:

  • Organisationsstruktur und Verantwortlichkeiten (Aufbauorganisation),
  • Festlegungen hinsichtlich der Verfahrensabläufe (Ablauforganisation),
  • Organisation regelmäßiger Maßnahmen zur Instandhaltung der Anlage,
  • Eigenüberwachung des Anlagenbetriebs und der Emissionen,
  • Organisation von Abhilfemaßnahmen bei der Überschreitung von Emissionsgrenzwerten sowie bei Störungen des bestimmungsgemäßen Betriebs,
  • Dokumentation umweltrelevanter Sachverhalte, z. B. der Maßnahmen zur Instandhaltung der Anlage, der Ergebnisse der Eigenüberwachung, von Störungen des bestimmungsgemäßen Betriebs sowie von Abhilfemaßnahmen.

Die Eignung der Betriebsorganisation des Anlagenbetreibers kann mit Verweis auf ein zertifiziertes Umweltmanagementsystem nach EN ISO 14001 oder nach der EMAS-Verordnung ohne nennenswerten Zusatzaufwand leicht geführt werden. Dies gilt auch für den Nachweis der Energieeffizienz als eine der Betreibergrundpflichten durch die Einbeziehung der Anlage in ein zertifiziertes Energiemanagementsystem nach EN ISO 50001.

In allen anderen Fällen ist jedoch im Rahmen der Erstellung des Genehmigungsantrags mit deutlich erhöhten Dokumentationspflichten zu rechnen.

Fazit

Die geplante neue TA Luft wird sowohl den künftigen Betrieb genehmigungspflichtiger Anlagen als auch die Genehmigungspraxis massiv beeinflussen. Neben aus umweltpolitischer Sicht begrüßenswerten Änderungen enthält der bisherige Entwurf auch etliche Regelungen, die in der Fachwelt kontrovers diskutiert wurden.

Dem weiteren Rechtsetzungsverfahren, insbesondere der Ressortabstimmung innerhalb der Bundesregierung sowie der für den 7. Dezember 2016 angekündigten Anhörung der beteiligten Kreise gemäß § 51 BImSchG kann daher mit Spannung entgegengesehen werden.

TS 565

 

Von Dipl.-Ing. Norbert Suritsch

Dipl.-Ing. Norbert Suritsch, Geschäftsführer der Müller-BBM Projektmanagement GmbH, Planegg.