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Trinkwasserhygiene in der Pandemie 01.02.2021, 10:29 Uhr

„Wasser muss fließen“

Corona, Lockdown, Stillstand – auch in vielen Trinkwasserleitungen bewegt sich derzeit nichts. In geschlossenen Sportstätten und verwaisten Büros werden Waschbecken und Duschen nicht genutzt. Das Problem dabei: Die stagnierenden Wasserleitungen bieten beste Voraussetzungen für gesundheitsgefährdende Keime.

Foto: panthermedia.net/pressmaster

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Die simpelste Möglichkeit, wie man einer Verkeimung von Trinkwasserleitungen umfänglich vorbeugen kann, lässt sich in drei Worten zusammenfassen: „Wasser muss fließen“. Doch es gibt genügend Szenarien, wo dies in unserem Alltag nicht geschieht: Aktuell beispielsweise in Büros, weil sich immer mehr Menschen im Home-Office befinden, oder in Sportstätten, wo die Umkleideräume und Duschen nicht genutzt werden. Aber auch jenseits der Pandemie – etwa wenn wir in den Urlaub fahren, droht nach der Rückkehr ungebetener Besuch: In den Leitungen können sich gefährliche Keime und Legionellen angesammelt haben.

Was sagen die Regelwerke?

Eine gängige Faustformel ist die so genannte 72/72-Regel: Ist an einer Entnahmestelle (Waschbecken, Dusche, Urinal) bis zu 72 Stunden kein Wasser entnommen worden, muss anschließend für mindestens 72 Sekunden gespült werden – Warm- wie Kaltwasser (VDI 6023). Wichtig dabei: Es müssen alle Entnahmestellen gleichzeitig geöffnet sein, um für eine genügend starke Durchströmung der Verteilleitungen zu sorgen. Im Privathaushalt ist dies noch recht einfach zu realisieren, in einem Bürogebäude ist der Hausmeister dafür lange unterwegs. Bei mehr als 72 Stunden bis maximal sieben Tage ohne einen Wasserwechsel sind alle Armaturen gemäß DIN EN 806-5, Kapitel 8 „Wiederinbetriebnahme“, für fünf Minuten vollständig zu öffnen. Bei mehr als sieben Tagen und bis zu vier Wochen Betriebsunterbrechung ist eine „Mechanische Reinigung“ gemäß des DVGW-Arbeitsblatt 557 „Reinigung und Desinfektion von Trinkwasser-Installationen“ durch einen Fachbetrieb notwendig. Sie erfolgt mit Wasser und wird in diesem Regelwerk als „Spülen“ bezeichnet. Im besten Fall sind die Leitungen vor der Außerbetriebnahme komplett abgesperrt worden. Darüber hinaus sind bei mehr als vier Wochen Betriebsunterbrechung zusätzlich zu dem vollständigen Wasseraustausch mikrobiologische Kontrolluntersuchungen durch einen Experten erforderlich, sowohl in den Kaltwasser- wie auch in den Warmwasserleitungen.

Außerbetriebnahme von Trinkwasserinstallationen besser vermeiden

Grundsätzlich sollte eine komplette Außerbetriebnahme einer Trinkwasserinstallation, wenn möglich, vermieden werden. Das schützt vor einer mikrobiellen Belastung des Trinkwassers und vermeidet möglicherweise teure Folgekosten. Die deutsche Trinkwasserverordnung (TrinkwV), maßgebliche Rechtsvorschrift für den Erhalt der Trinkwasserqualität, sieht vor, dass der „bestimmungsgemäße Betrieb“ einer Trinkwasserinstallation jederzeit sicherzustellen ist. Auch in Zeiten einer Corona-Pandemie. In der Praxis bedeutet dies, dass beispielsweise in Restaurants, Schulen oder Fitnessstudios auch während ihrer Schließung eine Wasserentnahme stattfinden muss. Der reguläre Betrieb wird sozusagen simuliert, indem an allen Zapfstellen spätestens alle 72 Stunden so viel Wasser entnommen wird, dass ein kompletter Wasseraustausch im Leitungsnetz erfolgt. Das kann manuell erfolgen, die Industrie hat zu diesem Zweck aber auch verschiedenste automatisierte Lösungen entwickelt, die es dem Betreiber oder Hausmeister ersparen die Entnahmen persönlich durchzuführen. Zudem arbeiten diese Armaturen zumeist berührungslos – ein zielführende Investition auch für die Zeit nach der Pandemie.

Podcast-Tipp zur Trinkwasserhygiene:

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