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Alternative Biomasse 11.07.2022, 13:08 Uhr

Hackgut-Vergaser heizt Einfamilienhaus

Heizen mit Holz bedeutet nicht zwangsläufig klassische Scheitholzverbrennung oder Pelletsnutzung. Eine Alternative – besonders im ländlichen Raum – bieten moderne Hackgutkessel. Sie nutzen nicht nur die Ressourcen aus nächster Nähe, sondern arbeiten auch nachhaltig und wirtschaftlich, wie ein Beispiel aus dem fränkischen Rentweinsdorf zeigt.

Das Einfamilienhaus wurde etwa 30 Jahre lang mit Scheitholz beheizt. 2019 stellte Wolfgang Elflein auf Hackgut um. Foto: Windhager

Das Einfamilienhaus wurde etwa 30 Jahre lang mit Scheitholz beheizt. 2019 stellte Wolfgang Elflein auf Hackgut um.

Foto: Windhager

Mit Holz kennt Wolfgang Elflein sich aus. Während seiner langjährigen beruflichen Laufbahn betreute der Diplom-Ingenieur und Oberförster rund 5.000 Hektar Wald. Da ist es beinahe logische Konsequenz, dass er den nachwachsenden Rohstoff auch zur Beheizung seines Hauses nutzt. Doch sein alter Scheitholzkessel war bereits 30 Jahre alt, absehbar das er die geforderten Werte nicht mehr erreicht. Ein Austausch stand demnach bevor. Dem Material Holz sehr verbunden, suchte der 75-jährige Heizungsbetreiber nach neuen Lösung: „Mit der neuen Heizung wollte ich Wärme mit Holz möglichst einfach und bequem realisieren.“ Nach einem Gespräch mit dem zuständigen Schornsteinfegermeister sowie einer Sanitär- und Heizungs-Fachfirma entschied sich Wolfgang Elflein für eine Hackgutheizung.

Moderner Hackgutkessel sorgt für effiziente Brennstoffausnutzung

Der vorgesehene Hackgut-Vergaser konnte den Forst-Fachmann schnell überzeugen. Er kam mit einer Nennleistung von 30 Kilowatt zum Einsatz und wurde an Stelle des alten Scheitholzmodells installiert. Der neue Kessel punktet durch seinen speziellen Zero-Emissions-Vergaser mit patentierter Gegenstromvergasung, der eine besonders saubere Verbrennung, niedrige Emissionswerte sowie eine effiziente Brennstoffausnutzung erlaubt: Dabei wird der Brennstoff selbst als Filter genutzt. Die Funktionsweise ist einfach erklärt: Nach der Zündung des Hackguts entsteht im untersten Bereich des Brennraums ein Glutbett. Darüber verkohlt das Hackgut und bildet eine Art Aktivkohleschicht. Die aus dem Glutbett aufsteigenden Holzgase werden von der Kohleschicht und dem darüber liegenden, frischen Hackgut gefiltert bevor sie verbrannt werden. Die Verbrennung erfolgt dadurch so sauber, dass kaum mehr messbare Staubwerte erreicht werden.

Der Brenner besteht aus hochlegiertem Edelstahl und ist dadurch besonders robust. Der Kessel ist absolut dicht ausgeführt, sodass das Glutbett lange erhalten bleiben kann, ohne Brennstoff- oder Luftzuführung. Dadurch ist ein selbsttätiges Anheizen ohne Zündung und damit eine Einsparung von bis zu 90 % der Zündenergie möglich. Die Entaschung erfolgt – auch während des Betriebs des Kessels – über patentierte, doppelte Entaschungsplatten.

Automatische Brennstoffzuführung

Der Transport des Hackguts erfolgt per Saugsystem vom Lager bis zum Heizkessel. Dieses Transportsystem wurde speziell für diesen Hackgut-Vergaser entwickelt. Es ermöglicht die Beförderung des Brennstoffs über eine Strecke von rund 25 Metern sowie einen Höhenunterschied von bis zu sieben Metern. Damit muss das Brennstofflager nicht mehr zwangsläufig direkt neben dem Heizraum eingerichtet werden. Wolfgang Elflein errichtete seinen Lagerraum in Eigenleistung. Er fasst etwa 60 Kubikmeter Hackgut. Die Befüllung des Lagers dauert pro Heizsaison rund zwei Stunden. Damit sich das Gebäude gut in die Umgebung einfügt, erhielt es eine Sandsteinverkleidung sowie eine historische Tür. Das Holz bezieht Familie Elflein über ihren Sohn, der ebenfalls als Förster tätig ist. Ein Forstunternehmen verkleinert das Holz nach der erforderlichen Norm zu Hackgut und befüllt damit das Lager. Von dort wird der Brennstoff über eine Distanz von 20 Metern sowie zwei Meter Höhe zum Kessel befördert.

Zur Austragung der Hackschnitzel aus dem Lager entwickelte die Firma Windhager ein spezielles Protektor-Rührwerk, das sich durch äußerste Leichtgängigkeit und einen Motor mit besonders geringem Stromverbrauch auszeichnet. Das Getriebe liegt nicht, wie herkömmlich, direkt am Boden auf, sondern wird durch einen Schutzmantel befestigt, der Kraft und Gewicht des Hackguts in den Boden leitet. So ergibt sich eine hohe Widerstandsfähigkeit auch bei kurzfristig starker Belastung, beispielsweise während des Befüllens. Die zur Aufnahme des Brennstoffs eingesetzten 60 Millimeter hohen Blattfedern werden über eine längere Strecke geführt. Sie sind damit gut gegen Knick- oder Rissschädigung geschützt.

Die Befüllung des Hackgutlagers nimmt etwa zwei Stunden in Anspruch.

Foto: Windhager

Der Transport der Holzschnitzel erfolgt durch einen Sicherheits-Schneckenkanal mit spezieller Seitenschub-Technologie. Der asymmetrische, vergrößerte Querschnitt des Kanals erlaubt den Transport auch seitlich neben der Schnecke. Dadurch ergibt sich eine hohe Unempfindlichkeit gegen Fremdkörper und ein minimaler Verschleiß. Die Schneckenwendel ist mit sechs Millimeter Stärke robuster ausgeführt als bei herkömmlicher Bauweise. Im Raumaustragungskopf besitzt der Schneckenkanal eine gegenläufige Wendel. Langes Material oder Fremdkörper werden so stets nach unten in den Fallschacht transportiert. Ein Blockieren der Schnecke wird damit vermieden.

Erfolgt der Brennstofftransport nicht über eine Sauganlage, sondern eine Schnecke, kommt eine intelligente Zwei-Kammern-Zellradschleuse zum Einsatz. Diese verfügt über Sensoren, die dafür sorgen, dass nur jene Holzstücke zerkleinert werden, die für den weiteren Transport zu groß sind. Damit ist ein Schutz vor unnötigem Verschleiß gegeben. Die Sensoren stellen darüber hinaus eine exakte Brennstoffdosierung sicher und ermöglichen die optimale Anpassung an unterschiedliche Brennstoffqualitäten.

Die Zellradschleuse wird wie alle anderen Motoren modulierend angesteuert. Alle Antriebe laufen dadurch besonders leichtgängig, leise und vor allem stromsparend. Für den kompletten Brennstofftransport braucht der Kessel daher im Schnitt nur 120 Watt. Ein weiteres Plus: Der Hackgut-Vergaser benötigt keinen Starkstromanschluss und kann mit 230 Volt betrieben werden.

Wärmeversorgung für zwei Häuser

Neben dem Haus von Wolfgang Elflein mit knapp 180 Quadratmeter Wohnfläche soll auch das Haus seines Sohnes mit 150 Quadratmeter Wohnfläche auf dem gleichen Grundstück per Fernwärmeleitung an den Wärmeerzeuger angeschlossen werden. Dafür wurden die Anschlüsse bereits vorgerüstet. Die Wärmeleitung ist etwa 45 Meter lang. Die Warmwasserversorgung wird durch einen Hygienepufferspeicher mit 1.000 Liter Fassungsvermögen sichergestellt. Darüber hinaus wurde eine bereits bestehende Solaranlage in das Heizkonzept integriert. Ebenfalls saniert wurde die Abgasanlage im Bestand: In den vorhandenen keramischen Schornstein wurde ein einwandiges Abgasrohr aus Edelstahl in einer Nennweite von 130 Millimetern eingebracht. Zudem kam ein Zugbegrenzer zum Einsatz.

Zu einem hohen Komfort beim Heizungsbetrieb trägt eine Heizungsregelung bei, die im Hackgut-Vergaser integriert ist. Hauptkomponente ist ein Kessel-Bedienelement. Es verfügt über ein kapazitives Glas-Display, das wie ein Smartphone oder Tablet zu bedienen ist. Alle relevanten Informationen lassen sich mit wenigen Touch- und Wischbefehlen abrufen und einstellen. Um dem Betreiber die Heizungsregelung via Smartphone oder Tablet zu ermöglichen, wurde das Bedienelement serienmäßig mit einem leistungsfähigen Webserver ausgestattet. Er erlaubt den gleichzeitigen Zugriff mehrerer User und ermöglicht zudem die Anbindung an das herstellereigene Fernüberwachungs- und Wartungssystem. Auf diese Weise lassen sich die aktuellen Betriebszustände stets überprüfen. Das ist besonders von Interesse, da Wolfgang Elflein über längere Zeiträume mit unterschiedlichen Holzarten heizt, um herauszufinden, welches Holz sich am besten eignet. Aktuell heizt er mit Fichtenholz, im Anschluss wird Hackgut aus Esche zum Einsatz kommen. Dank der Anlage lassen sich die Werte genau ermitteln und später vergleichen.

 

 

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Von Windhager/ Marc Daniel Schmelzer