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Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen – Teil 2 07.07.2022, 09:07 Uhr

DVA-Entwurf folgt Bürgerlichem Gesetzbuch

Seit 2018 steht eine Anpassung der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen – Teil B (VOB/B) insbesondere an die Regelungen zu Leistungsänderungen im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) im Raum. Der Deutsche Vergabe- und Vertragsausschusses für Bauleistungen (DVA) hat dazu zunächst eine abwartende Haltung eingenommen. Inzwischen aber liegt der Entwurf einer Neufassung der VOB/B vor.

Foto: panthermedia/discovery (YAYMicro)

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Nach der aktuellen VOB/B kann der Auftraggeber einseitig Änderungen des Bauentwurfs/zusätzliche Leistungen anordnen. Das BGB kannte dazu bis 2018 keine Regelung. In Ausnahmefällen wurde angenommen, dass der Auftragnehmer einem Änderungsbegehren des Auftraggebers nach Treu und Glauben zustimmen müsse. Seit 2018 geht Paragraf 650 b BGB davon aus, dass die Vertragsparteien sich im Hinblick auf vom Auftraggeber gewünschte Vertragsänderungen grundsätzlich einigen müssen. Dem folgt der Entwurf der Neufassung der VOB/B. In Anlehnung an das BGB wird die Unterscheidung von Leistungsänderungen und zusätzlichen Leistungen aufgegeben und die Änderung des Werkerfolgs sowie Änderungen zur Erreichung des Werkerfolgs geregelt.

Eilbedürftigkeit: Auftragnehmer muss der Anordnung unverzüglich Folge leisten

In Paragraf 1 Abs. 3 VOB/B-E wird herausgestellt, dass die Vertragsparteien Änderungen einvernehmlich vereinbaren können. Nach Paragraf 1 Abs. 4 VOB/B-E kann der Auftraggeber solche Änderungen auch anordnen, was ausdrücklich auch für Anordnungen zur Einhaltung von Vertragsterminen gelten soll (aktuell ist umstritten, ob der Auftraggeber dazu berechtigt ist; die Gerichte nehmen dies überwiegend an). Bei Eilbedürftigkeit muss der Auftragnehmer der Anordnung unverzüglich Folge leisten. Sonst braucht der Auftragnehmer der Anordnung nicht nachzukommen, so lange über die Vergütung verhandelt wird. Die Parteien müssen also im Regelfall zunächst über die Nachtragsvergütung auf der Basis eines Nachtragsangebots des Auftragnehmers verhandeln. Dafür erforderliche Planungsleistungen und das Nachtragsleistungsverzeichnis sind vom Auftraggeber vorzulegen. Einigen sich die Parteien, führt der Auftragnehmer die Leistung zum vereinbarten Preis aus. Einigen sich die Parteien nicht, muss der Auftragnehmer der Anordnung nachkommen, wenn die Verhandlungen beendet sind. Sie gelten als beendet, wenn eine Vereinbarung in angemessener Zeit (längstens wohl unter Berücksichtigung von Paragraf 650 b Abs. 2 Satz 1 BGB 30 Kalendertage) nicht zustande kommt oder eine Partei sie für gescheitert erklärt, wenn diese Erklärung nicht willkürlich erfolgt. Gescheitert sind Verhandlungen, wenn die Parteien trotz ernstlicher Bemühungen keine Einigung erzielen oder eine Partei sich weigert, an (zumutbaren) Verhandlungen teilzunehmen.

Auch ohne Einigung Anspruch auf Abschlagszahlungen in angemessener Höhe

Kommt eine Vereinbarung nicht zustande, richtet sich nach Paragraf 2 Abs. 6 VOB/B-E die Vergütung nach den tatsächlichen Kosten nebst angemessenen Zuschlägen für Allgemeine Geschäftskosten, Wagnis und Gewinn. Gibt es eine Ur-Kalkulation, die spätestens mit Leistungsbeginn übergeben worden ist, wird vermutet, dass die auf ihrer Basis fortgeschriebene Vergütung der Vergütung nach den tatsächlichen Kosten entspricht. Gibt es eine solche Ur-Kalkulation nicht, tritt an deren Stelle die übliche Vergütung. Die Vermutung kann durch die Partei, die meint, dadurch benachteiligt zu sein, widerlegt werden.

Nach Paragraf 2 Abs. 11 VOB/B-E sind die Folgen Bauzeit bezogener Anordnungen bei der Vereinbarung nach Paragraf 2 Abs. 5 VOB/B-E beziehungsweise Ermittlung nach Paragraf 2 Abs. 6 VOB/B-E zu berücksichtigen. Dies wird prinzipiell auch jetzt schon so gehandhabt. Schließlich ergibt sich eine Folgeänderung in Paragraf 16 Abs. 2 VOB/B-E. Schon bislang war anerkannt, dass der Auftragnehmer auch dann, wenn keine Einigung über die Nachtragshöhe erzielt werden konnte, Anspruch auf Abschlagszahlungen in angemessener Höhe hatte. Nunmehr ist in Anlehnung an Paragraf 650 c Abs. 3 BGB vorgesehen dass der Auftragnehmer 80 % der von ihm behaupteten Mehrvergütung als Abschlagszahlung geltend machen kann, wobei – anders als nach Paragraf 650 c Abs. 3 BGB – nicht vorausgesetzt ist, dass der Auftragnehmer vorher ein entsprechendes Angebot unterbreitet haben muss. Allerdings muss der Auftragnehmer in voller Höhe der Abschlagsforderung einschließlich etwa entstehender Zinsen Sicherheit leisten. Für Überzahlungen besteht ein Rückforderungsanspruch des Auftraggebers, der ab dem Eingang der Überzahlung beim Auftragnehmer zu verzinsen ist.

Textform ersetzt Schriftform – bis auf Kündigung

Anstelle der in der VOB/B bislang vorgesehenen Schriftform (nach überwiegender Meinung genügt bereits jetzt in der Regel eine telekommunikative Übermittlung) sieht die geplante Neufassung der VOB/B nun generell ausdrücklich Textform vor. Diese setzt eine lesbare Erklärung voraus, in der die Person des Erklärenden genannt ist und die auf einem dauerhaften Datenträger abgegeben wird. Ein dauerhafter Datenträger setzt insbesondere voraus, dass die Erklärung aufbewahrt oder gespeichert werden kann. E-Mail und Telefax erfüllen diese Voraussetzungen. Bei der Kündigung des Vertrages wird aber nach wie vor Schriftform und damit eindeutig eine eigenhändig unterschriebene Erklärung verlangt (das beim Empfänger eingehende Telefax trägt ebenso wie ein eingescanntes und per E-Mail versandtes Dokument nur eine kopierte Unterschrift und erfüllt die Anforderungen der Schriftform nicht). Einheitlich werden in der geplanten Neufassung alle Fristen in Kalendertagen angegeben (bislang sind alle Fristen – außer in Paragraf 16 VOB/B – Werktage).

 

 

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Von Dr. Reinhard Voppel, Rechtsanwaltskanzlei Osenbrück, Bubert, Kirsten, Voppel, Köln