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Konjunkturumfrage Bau 24.04.2023, 11:47 Uhr

Ingenieurmangel, Auftragsrückgänge, Stornierungen – aber deutlich höhere Einstiegsgehälter

Ingenieurbüros blicken deutlich pessimistischer in die Zukunft als noch im Vorjahr. Das ergab die aktuelle Konjunkturumfrage der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau. Freuen können sich nur die Berufsanfänger.

Die Ergebnisse der Konjunkturumfrage 2023 der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau zeigen, dass Ingenieurbüros mit Sorge in die Zukunft blicken. Foto: Bayerische Ingenieurekammer-Bau / VDI-Fachmedien / K.Klotz

Die Ergebnisse der Konjunkturumfrage 2023 der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau zeigen, dass Ingenieurbüros mit Sorge in die Zukunft blicken.

Foto: Bayerische Ingenieurekammer-Bau / VDI-Fachmedien / K.Klotz

Nur noch 64,3 % der befragten Ingenieurbüros schätzen laut der Konjunkturumfrage 2023 der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau ihre aktuelle Geschäftslage positiv ein. Das entspricht einer Verschlechterung um 14 Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahr (78,3%). 30,3 Prozent beurteilen ihre Geschäftslage als befriedigend (Vorjahr 17,9%) und 5,4 Prozent negativ (Vorjahr 3,8%).

Eckdaten der aktuellen Befragung

Die Konjunkturumfrage 2023 wurde im Zeitraum vom 3. März bis 10. April 2023 unter den über 7.500 Mitgliedern der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau durchgeführt. Darunter sind 4.316 Inhaber von Ingenieurbüros und freiberuflich sowie gewerblich tätige Ingenieure.

An der Konjunkturumfrage 2023 haben insgesamt 669 Inhaber von Ingenieurbüros und Ingenieure teilgenommen (Rücklaufquote 15,5 Prozent).

Pessimistische Einschätzung der Auftragseingänge

Das derzeitige Auftragsvolumen schätzen 62,7 Prozent als gut (Vorjahr 78,6%), 30,8 Prozent als befriedigend (Vorjahr 17,6%) und 6,4 Prozent als schlecht (Vorjahr 3,8%).

Für das Jahr 2023 rechnen jedoch nur noch 13,9 Prozent der Befragten mit einer Steigerung des Auftragsvolumens (Vorjahr: 24,8 %.). 58,6 Prozent gehen davon aus, dass das Auftragsvolumen gleich bleiben wird (Vorjahr 61,6%) und 27,4 Prozent, dass es sinken wird (Vorjahr 13,6%).

Ursachen der aktuellen wirtschaftlichen Situation

Mit 55,3 % geben mehr als die Hälfte der Büros an, dass sich die aktuellen Krisen wie der Krieg in der Ukraine oder die Corona-Pandemie negativ auf die wirtschaftliche Situation ihres Büros ausgewirkt haben.

Auf die Frage, welche Faktoren die wirtschaftliche Situation ihres Unternehmens maßgeblich beeinflusst haben, nennen 54 % gestörte Projektabläufe aufgrund aktueller Krisen an vorderster Stelle. Lieferengpässe und Preissteigerungen folgen mit 48,2 % direkt dahinter.

Meistgenannte Ursache für die aktuellen wirtschaftlichen Probleme sind die gestörten Projektabläufe aufgrund aktueller Krisen.

Foto: Bayerische Ingenieurekammer-Bau

Dünne Personaldecke in Ingenieurbüros

Ein großes Problem ist auch die schwierige personelle Ausstattung der Branche. 41,2 % geben den Ingenieurmangel der Büros und 39,6 % einen Mangel an technischen Fachkräften und Bauzeichner/innen als kritischen Punkt an.

Weiteren 36,2 % der befragten Büros machen Auftragsrückgänge, Stornierungen und Ausschreibungsengpässe Sorgen, 30,9 % die Auswirkungen der Corona-Pandemie. Als weitere Einflussgrößen auf ihre wirtschaftliche Situation geben 29,8 % den Wegfall der verbindlichen Mindest- und Höchstsätze gemäß Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (BIM) an und 11 % die Einführung digitaler Planungsmethoden wie BIM.

Deutlicher Anstieg der Einstiegsgehälter

Die Einstiegsgehälter für Bachelor- und Masterabsolventen sind in Folge des Fachkräftemangels gegenüber 2022 deutlich angestiegen. 52 % der Büros zahlen inzwischen ab dem ersten Berufsjahr ein Bruttojahresgehalt über 45.000 Euro (Vorjahr: 45 Prozent), 38 % der Büros zwischen 40.000 und 45.000 Euro (Vorjahr: 42 Prozent) und nur noch 10 % unter 40.000 Euro (Vorjahr: 13 Prozent).

Die Einstiegsgehälter für Bachelor- und Masterabsolventen sind gegenüber 2022 deutlich angestiegen.

Foto: Bayerische Ingenieurekammer-Bau

54,5 Prozent der befragten Ingenieurbüros haben derzeit offene Stellen. Hier gibt es kaum eine Veränderung im Vergleich zum Vorjahr mit 53,6 Prozent. 64,1 Prozent haben Schwierigkeiten, Stellen mit qualifiziertem Personal zu besetzen. Im Vorjahr waren dies 73,5 Prozent.

Umsatzentwicklung und Ertragslage

Die Umsatzentwicklung für 2023 wird wesentlich schlechter eingeschätzt als noch im Vorjahr. 28 Prozent der Befragten rechnen mit sinkenden Umsätzen (Vorjahr 15,6 Prozent). Nur noch 18,2 Prozent (Vorjahr 26 Prozent) gehen von steigenden Umsätzen aus und 53,9 Prozent (Vorjahr 58,4 Prozent) erwarten, dass ihre Umsätze gleich bleiben.

Auch bei der Ertragslage ergibt sich eine Verschlechterung zum Vorjahr. So beurteilen 44,8 Prozent (Vorjahr 57 Prozent) der Umfrageteilnehmer ihre derzeitige Ertragslage als gut, 46,9 Prozent (Vorjahr 36,2 Prozent) als befriedigend und 8,2 Prozent (Vorjahr 6,8 Prozent) als schlecht.

Für das Jahr 2023 rechnen nur noch 13,3 Prozent mit einer Verbesserung der Ertragslage, das entspricht 6,2 Prozentpunkte weniger als im Vorjahr (19,5 Prozent). 60 Prozent (Vorjahr 66,4 Prozent) erwarten keine Veränderung, aber 26,6 Prozent eine Verschlechterung der Ertragslage. Im Vorjahr waren dies nur 14 Prozent.

„Diese Zahlen zeigen, dass die aktuellen Krisen wie die Corona-Pandemie und der Krieg in der Ukraine direkte negative Konsequenzen für die bayerischen Ingenieurbüros haben“, sagt Prof. Dr.-Ing. Norbert Gebbeken, der Präsident der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau.

Foto: Bayerische Ingenieurkammer-Bau Tobias Hase

Wirtschaftliche Bedeutung der Ingenieurbüros

Die Umfrage zeigt nach Ansicht der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau, wie wichtig die Arbeit der Ingenieure im Bauwesen für Gesellschaft und Wirtschaft sind. So verzeichneten die 81.375 Ingenieurbüros in Deutschland im Jahr 2020 53,36 Milliarden Euro Umsatz und beschäftigen 508.917 Personen. Mit rund 10,7 Milliarden Euro steuern die 14.599 freiberuflich tätigen Ingenieure und Ingenieurbüros in Bayern über ein Fünftel des bundesweiten Umsatzes bei. Dabei betreuen mittelständischen Ingenieurbüros in Deutschland Bauinvestitionen von rund 324 Mrd. Euro und geben etwa 60.000 jungen Menschen durch Ausbildungsplätze, Praktikanten- und Diplomandenstellen eine Perspektive.

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Von Bayerische Ingenieurekammer-Bau / Karlhorst Klotz