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Ifo-Branchenausblick 27.01.2023, 14:36 Uhr

Bis 2025 robuster Bausektor in Deutschland und Europa

Im Rahmen der Informationsgespräche zur Messe BAU, bei der auch Technik-Trends ein Thema waren, wurden Zahlen des Ifo-Instituts für die Baubranche präsentiert. Danach erweist sich das Baugeschehen mittelfristig als robust, auch wenn dieses Jahr mit Rückschlägen zu rechnen ist.

Die BAU erwartet im April 2023 nach vier Jahren erstmals wieder als Präsenzmesse ein internationales Publikum. Foto: Messe München

Die BAU erwartet im April 2023 nach vier Jahren erstmals wieder als Präsenzmesse ein internationales Publikum.

Foto: Messe München

Gestiegene Bauzinsen, hohe Realisierungskosten und wirtschaftliche Abkühlung – die Baubranche steht vor zahlreichen Herausforderungen und verspürt in Deutschland derzeit Gegenwind insbesondere aufgrund eines deutlichen Rückgangs im Wohnungsneubau. Auch der europäische Bausektor stagniert vorerst.

Wie sich die Situation für Hersteller und Anbieter von Materialien und Systemen im Baubereich mittelfristig weiter entwickeln könnte, skizzierte Ludwig Dorffmeister, Fachreferent für Bau- und Immobilienforschung des Ifo-Instituts, Anfang dieser Woche im Rahmen der BAU-Informationsgespräche. Basis des Branchenausblicks für den deutschen und europäischen Bausektor im Zeitraum bis 2025 war eine europäische Marktanalyse, an der das Ifo-Institut beteiligt war.

Die BAU sieht der Veranstalter Messe München als Weltleitmesse für Architektur, Materialien und Systeme. Die eigentlich alle zwei Jahre im Januar geplante Messe findet heuer nach der letzten Präsenzveranstaltung 2019 und einer Verschiebung auf das Frühjahr nun vom 17. bis 22. April 2023 in München statt.

Europäischer Bausektor stagniert vorerst

Nach den kräftigen Zuwächsen in den Jahren 2021 und 2022 (+5,8 Prozent und +3,0 Prozent) bleibt der europäische Bausektor wohl von einem erneuten Rückgang verschont. Dieses und nächstes Jahr stagniert der Markt, 2025 wächst er mit gut einem Prozent nur langsam, so die Zahlen des Ifo-Instituts. Zu den Impulsgebern zählen dabei die staatlichen Modernisierungshilfen im Hochbau, teils beträchtliche Investitionsbedarfe im Wohnungs- und Infrastruktursektor sowie die ab 2024 wieder deutlich positiveren wirtschaftlichen Aussichten.

„Der europäische Bausektor profitiert vor allem von der steigenden Baunachfrage in Frankreich, Spanien und Großbritannien. Dort liegen die Zuwächse zwischen zweieinhalb und knapp sieben Prozent. Insgesamt dürfte der Markt bis 2025 um rund 26 Milliarden Euro wachsen“, erklärte Dorffmeister.

In Europa wuchs der Bausektor insgesamt (rot) seit 2013 um etwa 20 Prozent, getrieben hauptsächlich durch den Wohngebäudesektor (dunkelblau), der nun einknickt, während der Infrastrukturbau (hellblau) gute Perspektiven bietet.

Foto: Ifo-Institut

Deutsche Baubranche verspürt weiter Gegenwind

Nach zwei verhaltenen Jahren wird die deutsche Bauleistung 2023 allenfalls schwach zunehmen. Immerhin dürfte der Nichtwohnhochbau nach der zurückliegenden Marktkorrektur im laufenden Jahr keine Einbußen mehr verzeichnen. Im Zuge der wirtschaftlichen Erholung und nach dem Verdauen des Inflationsschocks legen der gewerbliche sowie der öffentliche Hochbau spätestens 2024 wieder zu.

Für 2025 prognostiziert die Marktanalyse, dass der Umfang der Baumaßnahmen an neuen und bestehenden Nichtwohngebäuden hierzulande um rund ein Prozent größer sein wird als 2022. Auch der Tiefbausektor dürfte angesichts des teilweise immensen Investitionsbedarfs ab 2024 wieder Fahrt aufnehmen und bis 2025 um insgesamt zwei Prozent wachsen.

Die Entwicklung in Deutschland insgesamt (rot) und in einzelnen Bausektoren (europäische Entwicklung siehe voriges Bild).

Foto: Ifo-Institut

Deutlicher Rückgang des Wohnungsneubaus in Deutschland

Dass der deutsche Bausektor im Zeitraum 2021 bis 2025 letztlich nur stagnieren wird, liegt am baldigen Auslaufen der langjährigen Aufwärtsentwicklung im Wohnungsbau. Der große Bauüberhang und die langen Projektrealisierungszeiten werden den Neubaumarkt zwar vorerst stabilisieren, ab 2024 dürften die Folgen der großen Zurückhaltung auf Seiten der Projektentwickler, „Häuslebauer“ und Wohnungsunternehmen aber immer stärker durchschlagen.

Während die Fertigstellung von Ein- und Zweifamilienhäusern schon länger nahezu stagniert, waren größere Objekte immer stärker gefragt, wobei es auch dort zu einem Rückgang auf hohem Niveau kommen könnte,

Foto: Ifo-Institut

„Für das laufende Jahr ist im Wohnungssektor, der ja auch Baumaßnahmen an bestehenden Gebäuden umfasst, noch ein kleines Plus denkbar“, lautete die Prognose von Dorffmeister deshalb. „Danach geht es bergab.“

Im Gebäudesektor ist in Deutschland in den nächsten Jahren ein leichter Rückgang und daher eine im Vergleich zu den meisten anderen europäischen Staaten ungünstigere Entwicklung zu erwarten. In Italien wird eine starke Korrektur als Reaktion auf das Auslaufen einer populären Fördermaßnahme erwartet.

Foto: Ifo-Institut

Unterschiede in Bauordnungen der Bundesländer verteuern das Bauen

Als Vorsitzender des Ausstellerbeirats der BAU München verwies Dieter Schäfer, Vorstand der Deutsche Steinzeug Cremer & Breuer AG, im Namen der über 2000 Aussteller auch auf die bremsende Wirkung der unterschiedlichen Richtlinien etwa für Abstandsflächen, Brandschutz, Raumhöhe und barrierefreies Bauen in jedem Bundesland hin. Solche Differenzen erhöhen nach seiner Schätzung die Baukosten um fünf bis zehn Prozent.

Dieter Schäfer, Vorsitzender des Ausstellerbeirats der BAU und Vorstand der Deutsche Steinzeug AG.

Foto: Deutsche Steinzeug / Fotobonn

Recycling, Urban Mining und modulares Bauen als Trendthemen der Messe BAU

Zur Information über Trendthemen empfahl Schäfer den „Innovation Hub“ in der Halle B0 (zwischen ICM und B1), einen thematischer Neuzugang auf der Messe. Dort drehe sich alles um Recycling, Urban Mining und innovative Bauprozesse.

Zu den Trendthemen für nachhaltiges Bauen gehöre nach Schäfers Worten auch das modulare Bauen. Modulare Bauteile begünstigen laut Schäfer jedoch effizientere Bauverfahren, bieten bessere Kontrolle über Kosten und Qualität und beschleunigen die Bauzeiten. 60 bis 90 Prozent der Bauarbeiten werden in Hallen vorgefertigt, wodurch das Risiko wetterbedingter Verzögerungen wegfalle. Standardisierte Arbeitsabläufe ermöglichen darüber hinaus eine effiziente Einarbeitung von Bauteams.

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Von Messe München / Karlhorst Klotz