Bauen teuer wie nie – Besserung frühestens im Sommer
Lieferengpässe, Rohstoffknappheit, erhöhte Nachfrage im In- und Ausland haben sich auf den Bausektor ausgewirkt: Bauen ist im Jahr 2021 deutlich teurer geworden. Dennoch wurden in Deutschland zuletzt mehr Genehmigungen für Neubauten eingeholt.
Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) heute mitteilte, stiegen die Erzeugerpreise für einzelne Baustoffe wie Holz und Stahl im Jahresdurchschnitt 2021 so stark wie noch nie seit Beginn der Erhebung im Jahr 1949. So verteuerte sich Konstruktionsvollholz um 77,3 % gegenüber dem Vorjahresdurchschnitt, Dachlatten um 65,1 %, Bauholz um 61,4 %. Selbst die Preise für Spanplatten, für die in der Regel das Abfallprodukt Sägespäne genutzt wird, stiegen um 23,0 %. Zum Vergleich: Der Erzeugerpreisindex gewerblicher Produkte insgesamt legte im Jahresdurchschnitt 2021 um 10,5 % gegenüber 2020 zu.
Nicht nur die gestiegenen Holzpreise, auch die Stahlpreise treiben die Kosten auf dem Bau in die Höhe: Betonstahl in Stäben war im Jahresdurchschnitt 2021 um 53,2 % teurer, Betonstahlmatten kosteten 52,8 % mehr als 2020. Betonstahl wird unter anderem im Rohbau zur Verstärkung von Bodenplatten, Decken oder Wänden eingesetzt. Metalle waren 2021 insgesamt um 25,4 % teurer als im Vorjahr, was nicht ohne Folgen für Bauprojekte bleiben dürfte. So verteuerte sich Halbzeug aus Kupfer und Kupferlegierungen, das beispielsweise für den Heizungsbau oder in der Elektroinstallation genutzt wird, um 26,9 % gegenüber dem Vorjahresdurchschnitt.
Höhere Energiepreise wirken preistreibend
Preistreibend auf den Baustellen wirkten sich auch die gestiegenen Erdölpreise aus. Bitumen auf Erdölbasis verteuerte sich im Jahresdurchschnitt 2021 um 36,1 % gegenüber 2020. Dieser Baustoff wird unter anderem im Straßenbau verwendet, aber auch zur Abdichtung von Dächern, Gebäuden und Fundamenten gegen das Eindringen von Wasser. Die insgesamt hohen Energiepreise waren auch ein Grund für höhere Teuerungsraten bei im Bausektor vielfach genutzten chemischen Produkten. So lagen die Erzeugerpreise für Dämmplatten aus Kunststoff wie Polystyrol um 20,7 % über dem Niveau des Vorjahres. Auch Epoxidharz, ein wichtiges Bindemittel für Farben und Lacke, verteuerte sich um 28,9 %.
Arbeiten am Bau ebenfalls deutlich verteuert
Mit den Baumaterialpreisen stiegen auch die Preise für Bauleistungen. Insgesamt verteuerten sich die Preise für den Neubau von Wohngebäuden im Jahresdurchschnitt 2021 um 9,1 % gegenüber dem Vorjahr. Die Rekordteuerungsraten bei Holzbaustoffen dürften ein Grund dafür sein, dass es bei den Zimmer- und Holzbauarbeiten den stärksten Anstieg im Rohbau gab. Sie verteuerten sich im Jahresdurchschnitt 2021 um 29,7 % gegenüber 2020.
Doch auch in anderen Bereichen kletterten die Preise kräftig. Entwässerungskanalarbeiten kosteten im Jahresdurchschnitt 10,9 Prozent mehr als ein Jahr zuvor, Dachdeckungs- und Dachabdichtungsarbeiten 10,5 % und Klempnerarbeiten 10,4 % mehr.
Mehr Neubauten genehmigt
Trotz steigender Preise wurden in Deutschland zuletzt mehr Genehmigungen für Neubauten eingeholt – auch eine Folge staatlicher Förderungsanreize. So endete am 31. März 2021 die Antragsfrist für das Baukindergeld. Dies führte zu einem Boom von Baugenehmigungen im ersten Quartal. 2021 dürfte das vierte Jahr in Folge ein Plus bei den Baugenehmigungen erreicht werden.
Von Januar bis November 2021 stieg die Zahl der Baugenehmigungen von neuen Wohn- und Nichtwohngebäuden gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 4,5 % auf rund 145.000, dem höchsten Wert seit dem Jahr 2006 (2006: 161.000 Baugenehmigungen). Auch der Wert von 2006 war durch das Auslaufen einer staatlichen Förderung geprägt: Am 31.12.2005 endete die Eigenheimzulage. Viele der dafür beantragten Baugenehmigungen wurden erst Anfang 2006 final erteilt und statistisch erfasst.
In neu zu errichtenden Wohngebäuden wurden von Januar bis November 2021 rund 293.000 Wohnungen genehmigt. Das waren 1,7 % mehr als im Vorjahreszeitraum. Dabei stieg die Zahl der Baugenehmigungen für Zweifamilienhäuser um 24,6 %. Bei Einfamilienhäusern und Mehrfamilienhäusern kam es dagegen nur zu einer leichten Erhöhung um 1,2 % beziehungsweise 0,5 %.
Bauüberhang nimmt zu
Die Zahl der Baugenehmigungen ist ein wichtiger Frühindikator zur Einschätzung der zukünftigen Bauaktivität, da Baugenehmigungen geplante Bauvorhaben darstellen. Allerdings nimmt die Zahl der Bauvorhaben, die noch nicht begonnen beziehungsweise noch nicht abgeschlossen wurden (der sogenannte Bauüberhang), seit dem Jahr 2008 zu. Im Jahr 2020 lag der Überhang von genehmigten aber noch nicht fertiggestellten Wohnungen bei rund 780.000 Wohnungen. Die tatsächliche Entwicklung der Bautätigkeit wird in den Baufertigstellungen dargestellt. Ergebnisse zu den Baufertigstellungen und zum Bauüberhang im Jahr 2021 wird das Statistische Bundesamt im Mai 2022 veröffentlichen.
Hauptverband der Deutschen Bauindustrie: „Sehr volatile Preisentwicklung“
„Der aktuelle starke Anstieg der Baupreise ist vor allem auf Knappheiten und die damit einhergehenden Preissteigerungen bei Baumaterialien zurückzuführen“, kommentierte Tim-Oliver Müller, Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie, den Bericht des Statistischen Bundesamtes (Destatis), wonach die Erzeugerpreise für einzelne Baustoffe wie Holz und Stahl im Jahresdurchschnitt 2021 so stark wie noch nie seit Beginn der Erhebung im Jahr 1949 gestiegen sind. „Klar ist: Steigende Materialpreise sowie staatliche Anforderungen und mehr Klimaschutz kosten Geld.“
Wichtig sei, dass steigende Preise den Mieterinnen und Mietern nicht 1:1 zur Last gelegt werden. Deshalb müsse etwa die soziale Frage nach bezahlbarem Wohnraum zusätzlich mit Initiativen der Politik beantwortet werden. Sie müssen nach Ansicht von Müller im Dialog mit der Immobilienwirtschaft im Bündnis der Bauministerin für bezahlbares Wohnen gefunden werden. Die Hängepartie mit der BEG-Förderung habe erst letzte Woche den dringenden Handlungsbedarf dafür deutlich gemacht.
Leichte Entspannung im Sommer erwartet
Zu Mitte des Jahres rechnet die Branche mit einer leichten Entspannung: „Trotzdem: Die Preisentwicklung ist sehr volatil“, sagte Müller und erneuerte seine Empfehlung, dass Auftraggeber sowie Bauunternehmer daher auch weiterhin Preisschwankungen in ihren Budgets und Kalkulationen berücksichtigen und sich auf einen fairen Umgang dieser nicht beeinflussbaren Faktoren verständigen sollten.
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