Martina Beyer: Global Playerin bei Ford
Als Abteilungsleiterin bei den Ford-Werken Köln ist Martina Beyer für die Entwicklung des Fahrwerks zuständig
Ein altes Werbeplakat ziert das Büro von Martina Beyer: die Ehefrau, die zum ersten Mal am Lenkrad des Ford Taunus ihres Mannes sitzen darf. Beyer fährt auch einen Ford – das Modell A von 1931. Und zwar in beige. Damals habe der legendäre amerikanische Autobauer schon eingesehen, dass Schwarz vielleicht doch nicht die einzig mögliche Farbe sei. Den Oldtimer hole sie regelmäßig aus der Garage, obwohl man sich bei der Lenkung richtig ins Zeug legen müsse. Aber das gehöre halt zum authentischen Fahrgefühl.
Dabei war Martina Beyer noch gar nicht Autofan, als sie sich als frischgebackene Maschinenbauingenieurin nach einem Job umschaute. 1993 war es, ein Krisenjahr: Ingenieure wurden eher entlassen als eingestellt. „Ich habe einfach die Anzeigen studiert und überlegt, wer ein guter Arbeitgeber sein könnte, weniger, was genau konstruiert wird“, erinnert sie sich.
Martina Beyer meistert den Berufseinstieg beim Autozulieferer ZF
Beim Autozulieferer ZF klappte es auf Anhieb. Sicher hatten der sehr gute Abschluss an der FH Münster und die Diplomarbeit, geschrieben bei der Asea Brown Boveri AG in Heidelberg, dazu beigetragen. Praktische Erfahrung im Werk konnte die junge Frau auch vorweisen: Vor dem Studium hatte sie eine Lehre als technische Zeichnerin samt Maschinenschlosser-Grundausbildung absolviert. „Ich finde es ganz wichtig für Frauen, die sich für einen technischen Beruf entscheiden, dass sie vorher ein wenig reinschnuppern. Auch um zu sehen, wie es in einer Männer-Domäne so zugeht“, sagt sie. Ihr gefiel es.
Nachdem sie bei ZF als Gruppenleiterin einzelne Komponenten betreut hatte, reizte es sie, den Zusammenhang zu begreifen. Es traf sich, dass Ford damals Ingenieure suchte. Und es war nicht irgendein Arbeitgeber, sondern ein globales Unternehmen. Beyer: „Ich bin zwar Technikerin, aber ich mag auch die Kommunikation und die Kooperation mit anderen Menschen und Kulturen.“ Heute gehören zu ihrem Team 100 Ingenieure und Ingenieurinnen in Deutschland, England, China und Indien.
1997 wechselt Martina Beyer zu Ford
Der Wechsel zu Ford 1997 war zunächst mit einem Karriere-Rückschritt verbunden: Beyer fing als Trainee an und rotierte zwei Jahre lang zwischen den verschiedenen Bereichen und Standorten. Ein Jahr davon verbrachte sie in den USA und war beim Serienstart des Kompaktwagens Focus mit dabei. Der erste Managerjob war anschließend in Aachen als Technologieleiterin im dortigen Forschungszentrum.
Als Abteilungsleiterin Fahrwerk für die europäischen Plattformen B, C und CV (Fiesta, Focus, Kuga, Transit, Transit Connect u. a.) ist sie nun für die Entwicklung der Modelle zuständig, die in drei bis vier Jahren in Serie gehen. Sie werden in Europa konstruiert, doch so ziemlich überall auf der Welt gebaut. Deshalb hängen auch vier Uhren über ihrem Schreibtisch: „Deutschland liegt sehr günstig in der Mitte“, lächelt sie. „Um die Mittagszeit hier sind die Amerikaner schon wach und die Australier und Chinesen noch nicht im Bett.“ Am Nachmittag steht ein „Chassis-all-hands-Meeting“ auf dem Terminkalender: Um die 1000 Ingenieure weltweit, auch die für Bremsen oder Lenkungen zuständigen, nehmen daran teil. Manche live, viele per Videokonferenz.
Nach dem Serienstart betreut das 100-köpfige Team auch die Produktion. „Wenn eines meiner Teile in der Fertigungsstätte in Thailand nicht funktioniert, ruft man mich an“, sagt Beyer. Doch es geht immer auch darum, die Qualität zu verbessern und die Kosten zu senken. „Wir haben bis zu 2 Mio. Fahrzeuge von einer Plattform im Jahr und da zählt jeder Cent.“ Die hohe Budget- und Umsatzverantwortung war ein Grund, dass Martina Beyer zu den Top 25 einflussreichsten Ingenieurinnen in Deutschland gehört. Das Budget ihrer Abteilung ist im niedrigen zweistelligen Millionenbereich, die Bauteile ihrer Fahrwerke bringen es auf einen weltweiten Umsatz von mehr als 1 Mrd. €.
Ford wünscht sich mehr Frauen wie Martina Beyer in der Produktentwicklung
„Wir wünschen uns Frauen wie Martina Beyer in der Produktentwicklung, schon alleine, weil viele Auto-Kaufentscheidungen von Frauen getroffen werden und Frauen die besten Autos für Frauen bauen können“, sagt Geschäftsführer Caspar Dirk Hohage. Frauenförderung ist bei Ford eher Teil des mehrfach ausgezeichneten Diversity Managements des Unternehmens. „Hier wird jeder wirklich gleichbehandelt“, behauptet Beyer: „Ich persönlich mag es nicht, wenn man Frauen gezielt fördert oder in höhere Positionen setzt. Wenn jemand sehr gut ist, soll er oder sie auch einen guten Job bekommen.“ Als Leiterin des Personalentwicklungskomitees für den Gesamtbereich Chassis gehört es zu ihren Aufgaben, geeignete Mitarbeiter für neue Manager-Posten zu identifizieren. „Da werden natürlich auch Frauen in Betracht gezogen.“
Wie lassen sich die Dienstreisen und Überstunden mit einem Familienleben vereinbaren? Eigene Kinder hat die Ingenieurin nicht, aber ihr Lebenspartner hat welche. Die Eltern in ihrer Abteilung hätten die Möglichkeit, in Teilzeit oder Telearbeit zu wechseln. Außerdem dürfe jeder sagen, wenn er nicht reisen möchte. „Es ist abhängig davon, welche Position man aufnehmen möchte. Wenn man Teil des Serienstartteams sein möchte, dann muss man auch vor Ort sein“, sagt die 45-Jährige. Man habe aber auch die Möglichkeit, innerhalb von Ford zu wechseln: „Ich habe das mehrmals getan, um zu sehen, welcher Bereich mir am besten liegt und zur Work-Life-Balance passt.“
Inzwischen gebe es viele Ingenieurinnen, die jetzt auch Supervisors, sprich Gruppenleiter, werden. „Im Chassis-Team haben wir schon drei weibliche Supervisors. Bei den Interviews haben wir festgestellt, die Frauen waren tatsächlich objektiv gesehen die besseren. Und das finde ich klasse!“ Auch wenn auf den höheren Management-Ebenen die Kolleginnen ziemlich rar sind, ist Beyer eher gegen die Quote. „Ich glaube, in fünf Jahren stellen wir uns die Frage gar nicht mehr.“
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