1.560 Jobs in Gefahr: Bosch spart bei Steuergeräten und Engineering
Bosch kündigt Stellenabbau in Reutlingen und Abstatt an. Sparprogramm betrifft über 1.500 Jobs. Der Druck in der Autoindustrie steigt.
Hier bei Bosch in Reutlingen und bei der Tochterfirma Bosch Engineering in Heilbronn sollen über 1500 Stellen abgebaut werden.
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Der Spardruck beim weltgrößten Autozulieferer Bosch verschärft sich. An gleich mehreren Standorten in Deutschland will das Unternehmen tiefgreifende Einschnitte vornehmen. In Summe stehen 1.560 Arbeitsplätze zur Disposition. Betroffen sind sowohl Fertigung als auch Entwicklungsbereiche – und zwar in Reutlingen und beim Tochterunternehmen Bosch Engineering in Abstatt bei Heilbronn. Der Konzern reagiert damit auf sinkende Nachfrage, steigenden Konkurrenzdruck und strukturelle Veränderungen in der Autoindustrie.
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Reutlingen: Steuergeräteproduktion unter Druck
Im Werk Reutlingen droht ein erheblicher Personalabbau. Bis Ende 2029 sollen dort bis zu 1.100 Stellen wegfallen. Im Fokus steht der Bereich Steuergeräte. Diese elektronischen Komponenten übernehmen zentrale Aufgaben in modernen Fahrzeugen. Sie regeln unter anderem den Motor, die Klimaanlage oder verschiedene Assistenzsysteme.
Doch genau dieses Geschäft steht nun zur Disposition. Laut Bosch sind die Stückzahlen in den letzten Jahren deutlich gesunken. Zudem nehme der Wettbewerbsdruck durch neue Anbieter – insbesondere aus Asien – weiter zu. Die Fertigung sei in ihrer jetzigen Form nicht mehr wettbewerbsfähig, heißt es aus Unternehmenskreisen.
Neben der Produktion betrifft der geplante Abbau auch Entwicklung und Verwaltung. Bosch-Bereichsvorstand Dirk Kress betont: „Der erforderliche Stellenabbau fällt uns nicht leicht, ist zur Zukunftssicherung des Standorts jetzt aber dringend erforderlich.“
Noch ist keine endgültige Entscheidung über die genaue Ausgestaltung gefallen. Das Unternehmen hat Betriebsrat und Belegschaft bereits informiert. Gespräche über sozialverträgliche Lösungen sollen nun folgen.
Bosch Engineering: Dienstleister unter Spardruck
Auch bei der Tochterfirma Bosch Engineering mit Sitz in Abstatt bleibt die aktuelle Entwicklung nicht ohne Folgen. Das Unternehmen plant, weltweit bis zu 460 Stellen zu streichen – davon rund 380 Arbeitsplätze an den deutschen Standorten Abstatt und Holzkirchen. Bosch Engineering ist auf Entwicklungsdienstleistungen für Fahrzeugtechnik spezialisiert, arbeitet aber zunehmend auch für andere Branchen.
Ein Unternehmenssprecher begründete die Maßnahme mit Überkapazitäten und steigendem Kostendruck. Die Nachfrage entwickle sich nicht wie ursprünglich erwartet. Projekte würden verschoben, insbesondere Kund*innen aus der Automobilbranche zögerten aufgrund wirtschaftlicher Unsicherheiten oder Umbrüche. Auch die globale Zollpolitik bereite Schwierigkeiten.
Zudem wächst der Konkurrenzdruck, wie Geschäftsführer Johannes-Jörg Rüger offen einräumt: „Daher müssen wir strukturelle Anpassungen vornehmen und können auch einen Stellenabbau leider nicht vermeiden.“
Das Unternehmen betont, dass der Stellenabbau sozialverträglich gestaltet werden solle. Bereits zuvor hatte Bosch Engineering reagiert: Die Arbeitszeit der Belegschaft in Deutschland wurde reduziert – mit entsprechenden Einbußen beim Gehalt. Mit diesen Maßnahmen versuche man, betriebsbedingte Kündigungen möglichst zu vermeiden.
Bosch Engineering beschäftigt weltweit etwa 3.100 Mitarbeitende, davon rund 2.200 in Deutschland. Der Schwerpunkt liegt auf der Entwicklung technischer Systeme, etwa für automatisiertes Fahren, Elektromobilität oder vernetzte Fahrzeuge. Künftig will sich das Unternehmen noch stärker auf zukunftsfähige Geschäftsfelder fokussieren – etwa elektrifizierte Antriebe für Boote oder Assistenzsysteme für Landmaschinen.
Investitionen in Halbleiter: Bosch setzt auf Siliziumkarbid
Trotz der angekündigten Einschnitte investiert Bosch weiter in den Standort Reutlingen – jedoch in eine andere Richtung. Statt Steuergeräten liegt der Fokus nun auf Halbleitern. Bis 2025 soll dort die Reinraumfläche um über 5.000 Quadratmeter wachsen. Ziel ist die Fertigung von Siliziumkarbid-Chips, die vor allem in der Elektromobilität zum Einsatz kommen.
Diese speziellen Halbleiter sorgen dafür, dass weniger Energie verloren geht. Dadurch können E-Autos effizienter laden und weiter fahren. Bosch verspricht sich von diesem Technologiewechsel neue Marktchancen – nicht zuletzt, weil Siliziumkarbid-Bauelemente als Schlüsselelemente für die künftige Energie- und Mobilitätswende gelten.
Bereiche wie Bosch eBike Systems und Bosch Sensortec, die ebenfalls in Reutlingen ansässig sind, bleiben von den aktuellen Abbauplänen unberührt. Insgesamt arbeiten dort derzeit rund 10.000 Beschäftigte.
Strategiewechsel unter hartem Spardruck
Was in Reutlingen und Abstatt passiert, ist Teil eines umfassenderen Umbauprozesses. Bosch hatte bereits Ende 2023 mehrere Abbauprogramme angekündigt. Insgesamt sollen nach jetzigem Stand bis zu 15.000 Stellen wegfallen – ein großer Teil davon in Deutschland und im Automobilbereich.
Der Wandel zur Elektromobilität, ein sich abschwächender Automarkt, neue Wettbewerber und eine schwierige Weltwirtschaft setzen das Unternehmen unter Druck. Auch die BSH Hausgeräte GmbH sowie die Bosch-Werkzeugsparte sind von Stellenstreichungen betroffen. Bosch-Chef Stefan Hartung stellte zuletzt weitere Einschnitte in Aussicht.
Ein Blick auf die Zahlen zeigt: Ende 2024 beschäftigte Bosch weltweit rund 417.900 Menschen – etwa 11.600 weniger als im Vorjahr. In Deutschland sank die Zahl um 4.500 auf rund 129.600 Beschäftigte – ein Rückgang von 3,4 %. (mit dpa)
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