Kohle 17.12.2010, 19:50 Uhr

„Wir werden Braunkohle noch lange brauchen“

Der Energiekonzern RWE treibt die Planungen für ein neues Braunkohlekraftwerk im rheinischen Braunkohlerevier voran. Der Genehmigungsprozess soll 2011 angestoßen werden. Finale Investitionsentscheidun-gen stehen aber erst in zwei bis drei Jahren an. Johannes Lambertz, Vorstandsvorsitzender der Kraftwerkstochter RWE Power, erläutert im Interview mit den VDI nachrichten die Braunkohlestrategie des Unternehmens.

VDI nachrichten: Welche Bedeutung hat das Energiekonzept der Bundesregierung für die Braunkohleförderung und -kraftwerke in Deutschland?

Lambertz: Es ist wichtig und gut, dass es jetzt überhaupt ein Energiekonzept gibt. Wir hoffen, dass es länger Bestand haben wird. Denn ein solches Konzept muss die Rahmenbedingungen setzen für die Energieversorgung der Zukunft. Bis 2020 will die Politik 30 % des Stromes in Deutschland auf Basis erneuerbarer Energien erzeugen, langfristig 80 % bis zum Jahr 2050.

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Für die Braunkohle heißt das: Da erneuerbare Energien teilweise keine oder weniger gesicherte Leistung liefern können als fossile Kraftwerke oder Kernkraftwerke, müssen wir mit unseren Anlagen, die früher immer in der Grundlast gelaufen sind, flexibler werden. Das heißt in der Praxis:

Unsere Braunkohlekraftwerke müssen dann Volllast laufen, wenn erneuerbare Energien nicht verfügbar sind, und dann Leistung zurückfahren, wenn Sonne und Wind mit voller Kapazität am Netz sind. Denn es gibt zurzeit keine Energiespeicher, die über längere Zeiträume überbrücken können, an denen der Wind nicht weht oder die Sonne nicht scheint. Kurzum: Konventionelle Kraftwerke, vor allem auch die Braunkohle, brauchen wir noch lange Zeit, weil es keine andere große Back-up-Kapazität gibt.

Sie werden also ihre Kraftwerke flexibler betreiben müssen. Inwieweit können Sie den Anspruch erfüllen?

Wir arbeiten schon einige Zeit daran, dass unsere neuen Stein- und Braunkohlekraftwerke, die sich gerade im Bau befinden, sich auf diese Randbedingungen einstellen. Das heißt zunächst einmal: Man muss relativ schnelle Lastrampen fahren, um Kraftwerke schnell hoch- und wieder runterfahren können.

Was heißt „schnell“?

Wir können die Leistung unserer BoA-Kraftwerke (BoA: Braunkohlenblöcke mit optimierter Anlagentechnik, Anm. d. Red.) innerhalb von 15 min um bis zu 50 % absenken oder aufbauen. Ganz wichtig ist die Minimallast: Es wäre ideal, auf rund 30 % herunterkommen zu können. Flexibilität ist das Schlüsselwort. Deshalb haben wir unsere bestehenden Anlagen u. a. mit neuer Leittechnik und neuen Regelventilen nachgerüstet, um sie bis auf 50 % Last absenken zu können. Neue Anlagen kommen auf eine noch geringere Minimallast.

Die Bundesregierung will, dass Deutschland weiter Vorreiter beim Klimaschutz ist. Wie können Sie sich da mit der Braunkohle einbringen?

Wir wollen in Deutschland Vorreiter beim Klimaschutz sein, und ich unterstütze das, weil wir dafür die Ingenieure und das Kapital haben. Wir müssen die Technologien entwickeln, müssen innovativ sein. Aber: Das gesamte Konzept des Umbaus ist ökonomisch und ökologisch so zu gestalten, dass uns viele folgen. Denn sonst ist es völlig irrelevant, was wir tun. Dem Vorreiter müssen die anderen folgen wollen und können!

Ein Beispiel: Wenn man in Deutschland bei Photovoltaik über 50 % der weltweit installierten Leistung verfügt und weiß, wie viel wir da investieren – was der Stromverbraucher bezahlen muss –, dann werden uns nicht viele folgen. Bei Wind ist das etwas anderes vor allem die Konzentration auf den Offshorebereich ist eine gute Entwicklung.

Konkret: Sie haben in die BoA-Technologie investiert. Wie sieht es da mit Nachahmern aus?

Seit Jahren besuchen uns chinesische Ingenieure. Die informieren sich, wie wir die Leistungserhöhung über kritische Dampfparameter und moderne Werkstoffe gestalten. Wenn es dadurch gelingt, die chinesischen Kohlekraftwerke, die quasi im Wochentakt gebaut werden, auch nur um 1 % im Wirkungsgrad zu verbessern, dann hätten wir eine gewaltige Menge CO2 eingespart. Das ist Vorreiter im wohlverstandenen Sinne.

Wie geht es nach BoA weiter mit der Braunkohle-Kraftwerkstechnik?

Der nächste Schritt ist, die Braunkohle, die ja einen Wasseranteil zwischen 50 % und 60 % hat, vorzutrocknen. Heute wird die Braunkohle im Kraftwerk mit 1000 °C heißem Rauchgas getrocknet. Das ist energetisch nicht besonders sinnvoll.

Zukünftig soll die von unseren Ingenieuren entwickelte Wirbelschicht-Trocknung mit interner Abwärmenutzung (WTA) Energie sparen. Das bei der Trocknung mit rd. 100 °C ausdampfende Wasser hat noch nutzbare Wärmeenergie. Über einen Wärmetauscher wird diese Energie für die Speisewasservorwärmung des Kessels genutzt. So können wir den Wirkungsgrad des Kraftwerkes noch einmal um rund ein Zehntel anheben, von 43 % auf über 47 %.

Wir haben einen ersten Rahmenlizenzvertrag zur WTA-Vermarktung mit Linde abgeschlossen – ein weiterer ist mit einem anderen Partner kurz vor dem Abschluss. Denn diese Technik ist global von Interesse für heizwertarme Brennstoffe wie Braunkohle und auch Biomasse.

Und die nächsten Schritte?

Für Kohlekraftwerke lassen sich die Dampfparameter weiter erhöhen. Stichwort 700 °-Kraftwerk und Hochtemperaturwerkstoffe. So ließen sich bei fossilen Kraftwerken ohne Kraft-Wärme-Kopplung Wirkungsgrade von 50 % erreichen. Wir arbeiten auch beständig daran, die klassischen Immissionen weiter zu senken – Lärm, SO2 und Stickoxide oder Feinstaub. Wir bauen Hochleistungsfilter, die diese Immissionen noch weiter reduzieren. Wir wollen so langfristig unsere Anlagen verbessern und akzeptanzfähiger machen.

Von welcher Größenordnung reden wir da?

Von einer Halbierung der bisherigen Werte.

In welchem Zeitraum wollen Sie das umsetzen?

Da rechnen wir in Kraftwerksgenerationen. Anlagen, die zwischen 2010 und 2020 gebaut werden, sollten das umsetzen können.

Leitgröße im Energiekonzept der Bundesregierung ist die CO2-Freiheit der Energieerzeugung. Für die Kohlekraftwerke heißt das: Es muss CO2 aus dem Rauchgas abgetrennt und deponiert werden, das sogenannte Carbon Capture & Storage (CCS). Wie sehen Sie das?

Wir müssen CCS realisieren, um die Kohlekraftwerke bis 2050 quasi CO2-frei zu stellen. Die Kernfrage ist jedoch: Wer entwickelt CCS großtechnisch? Wir in Deutschland haben gute Chancen, die Ersten zu sein und ein Nebeneffekt wäre, dass unser Maschinen- und Anlagenbau davon profitiert.

Bisher heißt es, dass CCS bei Kohlekraftwerken zu Abschlägen beim Wirkungsgrad von rund zehn Prozentpunkten führt? Wie ist da der Stand bei RWE?

Wir betreiben gemeinsam mit BASF und Linde eine Pilotanlage für eine CO2-Wäsche in unserem Innovationszentrum Kohle in Niederaußem. Positiv ist, dass wir heute weiter sind, als wir am Anfang gedacht haben. Wir sind zuversichtlich, dass wir den Wirkungsgradverlust im Zusammenspiel mit dem Einsatz neuer Technologien weitestgehend kompensieren können.

Das Optimierungspotenzial liegt bei den Waschlösungen. Da ist es wichtig, zwischen Desorption und Sorption den Energiebedarf zu reduzieren. Ein zweiter Punkt ist die Stabilität der Waschlösung. Diese ist sehr teuer und wenn man sie oft wechseln muss, wird der Prozess insgesamt teuer.

Zudem gibt es die Alternative, CO2 zu nutzen, also Carbon Capture and Usage. Da sind wir mit die Ersten, die sich intensiv um das Thema kümmern. Wir verfolgen drei spannende Wege:

Ein naheliegende Lösung ist die Algenkonversion, eine andere die Nutzung in Treibhäusern Pflanzen wachsen ja bekanntlich schneller, wenn mehr CO2 in der Luft ist. Pro Quadratmeter Algenkonversionsanlage kann zum Beispiel die zehnfache Menge an Biomasse produziert werden im Vergleich zu den am schnellsten wachsenden Pflanzen und Gehölzen.

Die Produktionsdichte von Biomasse kann also deutlich erhöht werden, und dies auf Flächen, die für Futter- und Lebensmittelanbau nicht geeignet sind. Man muss aber klar sagen: Dies sind keine Methoden, um Massen an CO2 aus den Kraftwerken zu verringern.

Mit Blick auf Mengen ist vor allem der zweite Weg interessant, den wir mit dem Unternehmen Brain beschreiten. Wir wollen Mikroorganismen finden, die CO2 direkt aus dem Rauchgas holen; das sind Mikroorganismen, die auch von CO2 leben. Wir versuchen diese jetzt so zu designen, dass sie mehr CO2 binden.

Drittens wollen wir das CO2, das wir abscheiden, in chemischen Produktionsprozessen nutzen. Das alles mag bei einer Größenordnung von 10 Mio. t in Deutschland jährlich nur ein kleiner Teil sein, aber das sollte man nicht kleinreden. Denn neben der Reduktion ist auch der Aspekt der Ressourcenschonung nicht zu vernachlässigen.

Wie sieht die Zukunft des Braunkohletagebaus in Deutschland aus?

Die rheinische Braunkohle ist, das zeigt eine aktuelle EEFA-Studie, ein wichtiger Wirtschaftsfaktor, der in Deutschland über 40 000 Arbeitsplätze sichert. Da haben insbesondere auch Milliardeninvestitionen in neue Braunkohlekraftwerke wie in Neurath einen großen Effekt.

Über die Laufzeit der neuen Anlagen müssen wir natürlich genügend Kohle haben. Im rheinischen Revier verfügen wir über genehmigte Kohlevorräte von 3,4 Mrd. t in unseren Tagebauen Garzweiler, Hambach und Inden. Die reichen je nach Verbrauch noch bis Mitte des Jahrhunderts. Über einen neuen Tagebau machen wir uns heute keinerlei Gedanken. STEPHAN W. EDER

 

Ein Beitrag von:

  • Stephan W. Eder

    Stephan W. Eder

    Redakteur VDI nachrichten
    Fachthemen: Energie, Energierohstoffe, Klimaschutz, CO2-Handel, Drucker und Druckmaschinenbau, Medien, Quantentechnologien

Themen im Artikel

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