Steinzeittechnik für bessere Roboter oder Exoskelette
Forschende setzen auf Korbflecht-Technik: Gewebte Metamaterialien halten Druck stand und könnten Roboteranwendungen sicherer machen.
Alte Handwerkskunst als Inspiration: Geflochtene Metamaterialien Roboter sicherer machen, Exoskelette flexibler und Bauteile langlebiger.
Foto: picture alliance / ROHA-Fotothek Fürmann/Shotshop | ROHA-Fotothek Fürmann
Korbflechten – ein uraltes Handwerk, das vor Jahrtausenden entstand. Heute könnte es den Weg in die Hightech-Robotik finden. Forschende der University of Michigan haben gezeigt, dass geflochtene Strukturen erstaunliche mechanische Eigenschaften besitzen. Sie halten Druck aus, kehren in ihre Form zurück und bleiben dabei stabil. Eigenschaften, die in der modernen Technik dringend gebraucht werden.
Geflochtene Metamaterialien verbinden Steifigkeit und Elastizität. Sie könnten Roboter sicherer machen, Exoskelette flexibler und Bauteile langlebiger. Forschende der University of Michigan haben gezeigt, dass die Strukturen auch nach extremer Belastung ihre Form behalten – und so den Weg für vielseitige Anwendungen öffnen.
Inhaltsverzeichnis
Handwerkskunst aus der Steinzeit als Inspiration
Guowei Wayne Tu, Doktorand für Bau- und Umweltingenieurwesen, stieß auf einen Artikel über Körbe aus dem Jahr 7500 v. Chr. Diese Entdeckung brachte das Team auf eine einfache, aber faszinierende Idee: Wenn Körbe Jahrtausende überdauern, steckt vielleicht mehr dahinter als nur geschickte Handarbeit.
„Wir wussten, dass das Flechten eine effektive Methode ist, um aus Bändern wie Schilf und Rinde 3D-Formen herzustellen, aber wir vermuteten, dass es auch grundlegende mechanische Vorteile geben muss“, sagt Evgueni Filipov, Professor an der University of Michigan.
Geflecht gegen Kompression
Um das Prinzip zu testen, griffen die Forschenden nicht zu Schilf oder Rinde, sondern zu Mylar-Polyester. Die Bänder sind etwa so breit wie ein Finger und so dick wie zwei Blätter Papier. Daraus flochten sie ein Gewebe und formten dreidimensionale Strukturen. Das Ergebnis: ein Metamaterial – also ein künstliches Material, dessen Eigenschaften aus seiner Struktur entstehen, nicht allein aus seiner chemischen Zusammensetzung.
Dann folgte der Härtetest. Zwei rechteckige Kästen, 17 cm hoch, wurden zusammengedrückt. Während eine durchgehende Platte aus Mylar bleibende Schäden davontrug, kehrte das Geflecht nach wiederholtem Druck immer wieder in seine ursprüngliche Form zurück. Sogar wenn es auf weniger als 20 % seiner Höhe zusammengepresst wurde, blieb es stabil.
3D-Scans zeigten, warum: In den durchgehenden Platten konzentrierte sich die Belastung an einzelnen Punkten. Dort entstanden Risse und dauerhafte Verformungen. Das Geflecht hingegen verteilte die Kräfte auf eine größere Fläche.
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Robust und trotzdem steif
Die Forschenden wollten auch wissen, wie steif die gewebten Strukturen sind. Denn für viele Anwendungen reicht es nicht, flexibel zu sein – sie müssen auch Lasten tragen können. Der Test zeigte: Gewebte Varianten erreichten rund 70 % der Steifigkeit der durchgehenden Platten. Ein Missverständnis, so Tu: „Während moderne Metamaterialien oft für elektromagnetische, optische oder akustische Eigenschaften entwickelt werden, stellen Menschen seit Jahrtausenden mechanische Metamaterialien durch Weben und andere strukturelle Ansätze her.“
Noch eindrucksvoller waren Tests mit komplexeren Formen. Eine L-förmige Struktur, ähnlich einem Roboterarm, konnte das 80-fache ihres Eigengewichts tragen. Dabei bewegte sie sich sogar ein wenig wie ein menschlicher Arm.
Roboter auf Flechtbasis
Das Team baute auch einen kleinen Roboterhund aus den gewebten Modulen. Der Vierbeiner trug das 25-fache seines Gewichts und konnte dennoch laufen. Selbst wenn er überlastet wurde, kehrte er in seine Ausgangsform zurück – und lief einfach weiter.
Filipov sieht darin großes Potenzial: „Beispielsweise würden leichte geflochtene Materialien für die Robotik auch dazu beitragen, dass Menschen bei Kollisionen zwischen Mensch und Roboter sicherer sind.“
Von Exoskeletten bis Autoteilen
Die Forschenden denken schon an Anwendungen. Ein Exoskelett aus geflochtenen Modulen könnte sich an den menschlichen Körper anpassen, dabei Bewegungen erlauben und Stöße abfangen. Auch Autoteile oder architektonische Strukturen sind denkbar. Überall dort, wo Materialien steif und zugleich elastisch sein müssen, könnte das Geflecht punkten.
Die Vision geht sogar noch weiter: „In Zukunft wollen wir aktive elektronische Materialien in diese gewebten Strukturen integrieren, damit sie zu ‚intelligenten‘ Systemen werden, die die äußere Umgebung wahrnehmen und ihre Form als Reaktion auf verschiedene Anwendungsszenarien verändern können“, sagt Filipov.
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