Forscher erfinden „Jelly Ice“: Kühlt wie Eis, tropft aber nie
Jelly Ice kühlt wie Eis, ohne zu schmelzen. Wiederverwendbar, kompostierbar und ideal für Lebensmittel- und Medikamententransporte.
Jelly Ice ist ein neuartiges Kühlmaterial auf Gelatinebasis. Es speichert Wasser in winzigen Poren, ohne es beim Auftauen freizusetzen.
Foto: UC Davis
Eiswürfel halten Getränke kühl, konservieren Lebensmittel oder sichern die Kühlkette von Medikamenten. Doch egal, ob gewürfelt oder zerkleinert: Nach einiger Zeit entsteht eine Pfütze. Forschende der University of California, Davis, haben nun eine Alternative entwickelt. „Jelly Ice“ kühlt wie gewöhnliches Eis, läuft beim Auftauen aber nicht aus.
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Ausgangspunkt: Schmelzwasser in der Fischtheke
Der Anstoß kam von Luxin Wang, Lebensmittelwissenschaftlerin an der UC Davis. Sie beobachtete, wie in einer Fischtheke das Schmelzwasser zwischen den Produkten stand. Ihre Sorge: Mit dem Wasser könnten Krankheitserreger verteilt werden. Also wandte sie sich an Jiahan Zou und Gang Sun. Die beiden sollten ein Material entwickeln, das wie Eis funktioniert, aber keine Flüssigkeit freisetzt.
Tofu als Inspiration
Die Idee entstand beim Blick auf ein alltägliches Lebensmittel: Tofu. Sun erklärt: „Gefrorener Tofu behält sein Wasser im Inneren, aber wenn man ihn auftaut, gibt er das Wasser wieder ab. Also haben wir versucht, dieses Problem mit einem anderen Material zu lösen: Gelatine.“
Gelatine eignet sich, weil ihre Proteinketten stabile Strukturen bilden. Sie verbinden sich zu sogenannten Hydrogelen. Diese Gele bestehen überwiegend aus Wasser, das in winzigen Poren eingeschlossen bleibt. So kann es beim Gefrieren und Auftauen nicht einfach entweichen.
Herstellung in einem Schritt
Über Jahre verfeinerte Zou die Zusammensetzung und die Verfahren. Heute reicht ein einstufiger Prozess, um Jelly Ice herzustellen. Es besteht zu etwa 90 % aus Wasser. Das Material lässt sich waschen, einfrieren und wieder auftauen – ohne dass es Schaden nimmt. Die Forschenden testeten sogar eine Reinigung mit verdünntem Bleichmittel, um hygienische Standards einzuhalten.
Bei Raumtemperatur wirkt Jelly Ice weich und wackelig. Unter dem Gefrierpunkt von 0 °C verändert es seine Struktur und wird fester. Damit verhält es sich ähnlich wie herkömmliches Eis, ist aber wiederverwendbar.
Mehr Kühlleistung als Eis
Zou sagt: „Im Vergleich zu normalem Eis gleicher Form und Größe hat Geleeeis eine bis zu 80 % höhere Kühleffizienz – also die Menge an Wärme, die das Gel durch den Phasenwechsel aufnehmen kann.“
Das bedeutet: Jelly Ice speichert beim Schmelzen mehr Energie, ohne dabei Wasser abzugeben. Die Kühlwirkung bleibt über mehrere Gefrierzyklen hinweg erhalten. Für Lieferketten und Transporte, die oft lange dauern, wäre das ein Vorteil.
Anpassbar und umweltfreundlich
Das Team kann Platten von rund 0,45 Kilogramm formen, vergleichbar mit handelsüblichen Kühlpacks. Im Unterschied zu Gelpackungen steckt Jelly Ice aber nicht in einer Plastikhülle. Es lässt sich direkt kompostieren. In Versuchen verbesserte das Material sogar das Wachstum von Tomatenpflanzen, wenn es in die Erde eingearbeitet wurde.
Ein weiterer Pluspunkt: Da keine synthetischen Polymere enthalten sind, entsteht auch kein Mikroplastik. Das macht Jelly Ice für nachhaltige Anwendungen interessant.
Einsatzmöglichkeiten in vielen Bereichen
Ursprünglich sollte Jelly Ice Fisch, Fleisch oder Gemüse frisch halten. Doch die Forschenden sehen inzwischen viele weitere Felder. Etwa beim Transport von Medikamenten, in der Biotechnologie oder sogar in Regionen, in denen Wasser für die Herstellung von Eis knapp ist.
Die Technologie ist bereits lizenziert. Zou betont aber, dass noch weitere Schritte nötig sind, bevor eine breite Vermarktung möglich ist. Dazu gehören Marktanalysen, Produktentwicklung und Tests in größerem Maßstab.
Forschung geht weiter
Parallel untersucht Zou auch andere natürliche Biopolymere. Statt tierischer Gelatine setzt sie zunehmend auf pflanzliche Proteine, zum Beispiel aus Soja. Diese können für ablösbare Beschichtungen oder für Zellgerüste bei kultiviertem Fleisch dienen.
„In meiner Forschung habe ich erkannt, wie leistungsfähig die Natur bei der Entwicklung von Biopolymeren ist und welche enormen Möglichkeiten sie bieten“, sagt Zou. „Ich bin überzeugt, dass es erstaunliche Produkte aus Biopolymeren geben wird, da die Materialien selbst uns lehren, wie wir mit ihnen arbeiten können.“
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