Amalgan soll ersetzt werden 01.02.2013, 11:51 Uhr

Abkommen verbannt quecksilberhaltige Produkte vom Weltmarkt

Nach vielen Jahren hat sich die Staatengemeinschaft wieder einmal auf ein multilaterales Umweltabkommen geeinigt. 146 Staaten wollen mit der Minamata-Konvention Verwendung und Emissionen von Quecksilber schrittweise senken. Für Kohlekraftwerke wird der Stand der Technik überall vorgeschrieben, Unternehmen sollen weltweit kein Quecksilber mehr einsetzen und Zahnärzte langfristig Amalgamfüllungen ersetzen.

Goldmine des Rohstoffkonzerns Goldcorp in Argentinien. Den Einsatz von Quecksilber im Goldabbau will die EU nun einschränken.

Goldmine des Rohstoffkonzerns Goldcorp in Argentinien. Den Einsatz von Quecksilber im Goldabbau will die EU nun einschränken.

Foto: Goldcorp

„Jeder in der Welt wird von dem Übereinkommen profitieren“, erklärte Achim Steiner, Direktor des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (Unep), „die Menschen, die mit Quecksilber Gold aus den Flüssen holen, genauso wie Arktisbewohner und alle kommenden Generationen.“ Das Übereinkommen erinnert mit seinem Namen an einen schweren Quecksilberunfall in Japan. In den 1950er-Jahren verklappte eine Fabrik in der Bucht von Minamata mit Quecksilber kontaminierte Abfälle. Das giftige Schwermetall reicherte sich in Fischen an. Menschen die diese Fische aßen, erkrankten, Neugeborene hatten Missbildungen. Etwa 1700 Menschen starben an Quecksilbervergiftung.

Die Minamata-Konvention tritt in Kraft, wenn 50 Staaten das Übereinkommen verbindlich unterschrieben haben. Das aber wird Zeit brauchen. Fachleute rechnen mit der Ratifizierung etwa im Jahr 2016. „Deutschland und die meisten anderen EU-Staaten werden zu den ersten ratifizierenden Staaten gehören“, ist sich allerdings Alexander Nies aus dem Bundesumweltministerium sicher. Er hatte die deutsche Delegation in den Schlussverhandlungen geleitet.

Quecksilber gerät bei der Goldgewinnung in die Umwelt

Die wichtigste Emissionsquelle ist aufgrund des steigenden Goldpreises die Verwendung von Quecksilber in der Goldgewinnung. In Afrika, Asien und Lateinamerika lösen unzählige vor allem arme Goldwäscher mit dem flüssigen Metall Goldflitter aus Sand und Kiesel. Dabei bildet sich Goldamalgam. Dieses wird erhitzt, Quecksilber verdampft und rohes Gold bleibt zurück.

Die Goldwäscher arbeiten zum Teil mit nackten Händen, beim Abrauchen bilden sich giftige Dämpfe, Abfälle werden ins Wasser gekippt. „Das wird sich nicht alles sofort verbessern“, meint Umweltfachmann Nies.

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Jeder Vertragsstaat verpflichtet sich aber, Wege zu finden, den Gebrauch des Metalls im Goldbergbau zu senken und wenn möglich sogar zu beenden. Dazu können die Staaten die Bergleute über quecksilberfreie Methoden informieren, ihnen das offene Abrauchen des Quecksilbers aus dem Amalgam verbieten oder Handelsbeschränkungen für Quecksilber erlassen.

Zweitwichtigste Quelle für Quecksilber ist das Verbrennen von Kohle

Die zweitwichtigste Emissionsquelle ist das Verbrennen von Kohle und anderen fossilen Energiequellen. Dass das europäische Konzept der besten verfügbaren Technik (BVT) weltweit eingeführt wird, ist für Nies ein großer Erfolg. Wer fünf Jahre nach Inkrafttreten des Übereinkommens – etwa ab 2021 – ein neues Kohlekraftwerk baut, muss es mit einer Technik ausstatten, die internationalen Standards entspricht: also etwa mit den in der EU üblichen Entschwefelungs-, Entstickungs- und Entstaubungsanlagen.

Mit diesen Techniken könne mehr als drei Viertel des Quecksilbers aus dem Abgasstrom entfernt werden, schätzt der Umweltexperte. Er bedauert aber, dass es für alte Kohlekraftwerke nur vage Vorgaben gibt, die die Staaten erst ab etwa 2026 einhalten müssen. „Das bedeutet, dass die Quecksilberfracht aus Kohlekraftwerken bis dahin weltweit kaum sinken wird“, bedauert Nies.

Giftstoff ist in vielen Produkten enthalten

Quecksilber ist in vielen Produkten enthalten und wird in zahlreichen technischen Verfahren überall in der Welt eingesetzt. Auch hier haben sich 146 Staaten auf Vermeidungsregeln geeinigt. Einige Beispiele:

– Das Übereinkommen verbannt ab 2020 viele quecksilberhaltige Produkte vom Weltmarkt. Dazu zählen etwa Thermometer, so manche Batterien sowie Seifen und kosmetische Produkte.

– Die Chlorherstellung mit Quecksilber wird ein Ende finden. Das letzte Chlormolekül darf 2025 mithilfe des Metalls hergestellt werden.

– Substanzen wie Vinylchlorid und Alkoholate sollen so bald wie möglich überall ohne Quecksilber hergestellt werden. Firmen wie die BASF und Evonik sind aufgefordert, neue quecksilberfreie Herstellungsverfahren für Alkoholate zu finden.

– Ohne Frist werden die Staaten aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, dass Zahnärzte Löcher in den Zähnen nicht mehr mit Amalgam füllen.

Auch der Nachschub an Quecksilber soll enden. Nach der Ratifizierung darf keine neue Quecksilbermine mehr eröffnet werden und die letzte existierende muss 15 Jahre nach Inkrafttreten stillgelegt sein. Die einzige Mine, aus der Quecksilber abgebaut und ausgeführt wird, liegt in den Bergen von Kirgisistan.

Ob die Vertragsstaaten die Regeln des Übereinkommens einhalten, soll ein Überprüfungsausschuss überwachen. „Solch eine Überprüfung wird nun erstmals in einem internationalen Chemikalienabkommen festgelegt“, freut sich Nies. Dessen Aufgabe solle allerdings nicht sein, Vertragsstaaten bloßzustellen, sondern Probleme zu entdecken und dann gemeinsam nach Lösungen zu suchen.

 

Ein Beitrag von:

  • Ralph H. Ahrens

    Chefredakteur des UmweltMagazins der VDI Fachmediengruppe. Der promovierte Chemiker arbeitete u.a. beim Freiburger Regionalradio. Er absolvierte eine Weiterbildung zum „Fachjournalisten für Umweltfragen“ und arbeitete bis 2019 freiberuflich für dieverse Printmedien, u.a. VDI nachrichten. Seine Themenschwerpunkte sind Chemikalien-, Industrie- und Klimapolitik auf deutscher, EU- und internationaler Ebene.

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