Besser unter Druck? 30.07.2025, 11:00 Uhr

Cockpit unter Stress – und Frauen schneiden besser ab

Pilotinnen bleiben unter Druck ruhiger und machen seltener Fehler – das zeigt eine neue Studie mit Simulatorflügen.

Pilotin im Cockpit

Laut einer neuen Studie von Forschern der University of Waterloo könnten Pilotinnen in Flugsituationen mit hohem Druck besser abschneiden als ihre männlichen Kollegen.

Foto: Smarterpix / 371819

Motorausfall, dichte Wolken, blinkende Warnleuchten – wenn es im Cockpit ernst wird, zählen kühler Kopf, klare Entscheidungen und präzise Handgriffe. Eine aktuelle Studie aus Kanada legt nun nahe, dass Pilotinnen in solchen Momenten oft besser abschneiden als ihre männlichen Kollegen.

Simulatorflüge unter Druck: Wer reagiert wie?

Im Zentrum der Untersuchung stand ein Flugsimulator. Zwanzig erfahrene Pilotinnen und Piloten – zehn Männer, zehn Frauen – absolvierten mehrere Übungsflüge. Darunter auch Szenarien mit unerwarteten Zwischenfällen wie Triebwerksausfällen oder komplizierten Landungen. Dabei trugen sie Eye-Tracking-Brillen, um ihren Blickverlauf zu analysieren.

„Wir können nicht davon ausgehen, dass zwei Piloten, die dasselbe sehen, auch gleich reagieren“, sagt Naila Ayala, Hauptautorin der Studie und Postdoktorandin an der University of Waterloo. Genau das untersuchte ihr Team: Wie reagieren Pilotinnen und Piloten, wenn Druck, Überraschung und Stress plötzlich Regie übernehmen?

Stresssituationen: Frauen mit stabilerer Flugleistung

Das Ergebnis: Obwohl beide Gruppen ähnlich lang geflogen sind und auf dieselben Anzeigen achteten, machten Frauen im Durchschnitt weniger Flugfehler, sobald das Stresslevel stieg. Ayala sagt: „Unsere Studie zeigt, dass Frauen in stressigen Flugsituationen möglicherweise besser in der Lage sind, die Kontrolle zu behalten und Entscheidungen zu treffen.“

Die Forschenden betonen, dass es dabei nicht um grundsätzliche Unterschiede im Können geht – sondern um reaktive Verhaltensmuster, die unter Druck zum Tragen kommen. Suzanne Kearns, Luftfahrtexpertin und Mitautorin der Studie, sieht in den Erkenntnissen eine Chance für die ganze Branche: „Wenn wir verstehen, wie verschiedene Menschen unter Druck reagieren, können wir bessere Trainingsprogramme für alle entwickeln.“

Stellenangebote im Bereich Einkauf und Beschaffung

Einkauf und Beschaffung Jobs
BYK-Chemie GmbH-Firmenlogo
Mitarbeiter (m/w/d) Technischer Einkauf - Category Manager Indirect Goods and Services BYK-Chemie GmbH
Wesel bei Düsseldorf Zum Job 
Die Autobahn GmbH des Bundes-Firmenlogo
Bauingenieurin oder Bauingenieur Streckenbau (w/m/d) Die Autobahn GmbH des Bundes
Vibro Consult AG-Firmenlogo
Schwingungsspezialist Wasserkraftwerke mit Zusatzaufgaben Einkauf/Verkauf (m/w/d) Vibro Consult AG
Brugg (Schweiz) Zum Job 
BYK-Chemie GmbH-Firmenlogo
Mitarbeiter (m/w/d) Technischer Einkauf - Category Manager Indirect Goods and Services BYK-Chemie GmbH
Wesel bei Düsseldorf Zum Job 
Die Autobahn GmbH des Bundes-Firmenlogo
Bauingenieurin oder Bauingenieur Streckenbau (w/m/d) Die Autobahn GmbH des Bundes
Vibro Consult AG-Firmenlogo
Schwingungsspezialist Wasserkraftwerke mit Zusatzaufgaben Einkauf/Verkauf (m/w/d) Vibro Consult AG
Brugg (Schweiz) Zum Job 
BYK-Chemie GmbH-Firmenlogo
Mitarbeiter (m/w/d) Technischer Einkauf - Category Manager Indirect Goods and Services BYK-Chemie GmbH
Wesel bei Düsseldorf Zum Job 

Warum bleiben manche kühler als andere?

Die Unterschiede in der Stressbewältigung führen zurück zu einem zentralen Begriff in der Luftfahrt: Situationsbewusstsein – oder englisch: situational awareness. Gemeint ist das Wissen darüber, wo man sich befindet, was gerade passiert und was als Nächstes geschehen könnte.

Dieses Bewusstsein lässt sich trainieren. Es wächst mit jeder Flugstunde, jeder bewältigten Aufgabe – und durch gezielte mentale Vorbereitung. So beschreiben es erfahrene Fluglehrerinnen und Fluglehrer: Wer typische Notfälle schon im Kopf durchgegangen ist, kann später schneller und klarer handeln.

Routine gegen Panik: Mentales Training zählt

Die Theorie hinter dem Verhalten in Stresssituationen lässt sich auch mit einem simplen Bild erklären: Wenn plötzlich eine Warnleuchte blinkt oder der Motor stottert, hilft es, innerlich einen Film ablaufen zu lassen – den Film, den man vorher „gedreht“ hat. Denn wer sich bereits gedanklich auf eine Notsituation vorbereitet hat, kann auf gespeicherte Abläufe zurückgreifen.

Ein Beispiel: Bei einem Triebwerksausfall kurz nach dem Start sollte die Pilotin oder der Pilot sofort wissen, welche Geschwindigkeit zum besten Gleitflug führt. Zeit, die Checkliste herauszuholen, bleibt nicht. Stattdessen müssen sogenannte Memory Items aus dem Kopf abrufbar sein – das sind zentrale Handgriffe, die man im Notfall automatisch abruft.

FORDEC: Entscheiden unter Druck

Ein in der Luftfahrt verbreitetes Modell zur Entscheidungsfindung ist das FORDEC-Modell. Es steht für:

  • Facts: Was ist gerade passiert?
  • Options: Welche Handlungsalternativen habe ich?
  • Risks: Was sind die Risiken der einzelnen Optionen?
  • Decision: Für welchen Weg entscheide ich mich?
  • Execution: Wie setze ich ihn um?
  • Check: Hat meine Entscheidung den gewünschten Effekt?

Gerade unter Druck hilft dieses Schema dabei, strukturiert zu denken – und nicht der Versuchung zu erliegen, sich in Sorgen oder Gedankenschleifen zu verlieren.

Lernen durch Simulation

Die kanadische Studie zeigt: Nicht alle Menschen reagieren gleich auf Druck. Doch alle können lernen, damit umzugehen. Auffrischungsflüge mit Fluglehrerinnen und Fluglehrern, das Durchspielen denkbarer Notsituationen oder das sogenannte Arm Chair Flying – also gedankliches Training im Sessel – gehören heute zu den anerkannten Methoden.

Und doch deuten die Daten darauf hin, dass Pilotinnen mit ihren Strategien in stressigen Momenten besonders effektiv agieren. Das wirft Fragen auf, wie das Training in Zukunft angepasst werden sollte.

Ausbildung braucht neue Maßstäbe

Die Studienautorinnen und -autoren fordern, dass die Pilotenausbildung nicht länger von einem einheitlichen Reaktionsmuster ausgehen sollte. Bisher wird in der Ausbildung oft das Verhalten des „durchschnittlichen Piloten“ als Maßstab genommen – was auch unbewusste Vorannahmen über Geschlecht enthalten kann.

„Diese Ergebnisse sind spannend, weil sie uns dazu zwingen, die Bewertung von Piloten zu überdenken“, sagt Ayala. Statt nur auf visuelle Aufmerksamkeit oder Flugstunden zu schauen, sollte künftig stärker auf Verhalten in Ausnahmesituationen geachtet werden – und auf die Fähigkeit, Ruhe zu bewahren.

Hier geht es zur Originalpublikation

Ein Beitrag von:

  • Dominik Hochwarth

    Redakteur beim VDI Verlag. Nach dem Studium absolvierte er eine Ausbildung zum Online-Redakteur, es folgten ein Volontariat und jeweils 10 Jahre als Webtexter für eine Internetagentur und einen Onlineshop. Seit September 2022 schreibt er für ingenieur.de.

Themen im Artikel

Zu unseren Newslettern anmelden

Das Wichtigste immer im Blick: Mit unseren beiden Newslettern verpassen Sie keine News mehr aus der schönen neuen Technikwelt und erhalten Karrieretipps rund um Jobsuche & Bewerbung. Sie begeistert ein Thema mehr als das andere? Dann wählen Sie einfach Ihren kostenfreien Favoriten.