Bodenanalyse-Verfahren 17.11.2023, 07:00 Uhr

Wie verändern Mikroplastik-Partikel den Ackerboden?

Wo unsere pflanzlichen Lebensmittel wachsen, ist auch Plastik in der Erde. Was das für Folgen hat, darüber ist nur wenig bekannt. Das könnte sich ändern: mit einem neuen Messverfahren für Bodenproben auf Mikroplastik, das ein Forschungsteam der Uni Potsdam und des Helmholtz-Zentrums Berlin (HZB) entwickelt hat.

Bodenprobe

Plastikpartikel in einer Bodenprobe aus Beelitz: Ein neues kombiniertes Messverfahren macht erstmals sichtbar, wie genau sich die Partikel in einlagern.

Foto: C. Tötzke (HZB, Universität Potsdam)

Allein in Deutschland gelangen jedes Jahr hunderttausende Tonnen an winzigen Plastikpartikeln in die Natur – auch in den Boden. Sie stammen aus dem Abrieb von Autoreifen, aus Kosmetika und Waschmitteln, Kleidung, Plastiktüten und anderem Abfall. Dass der kontinuierliche Eintrag von Mikroplastik in Böden ein Riesenproblem ist und reduziert werden muss, steht außer Frage. Doch was macht die Umweltverschmutzung mit den Feldern? Verändert sie seine Eigenschaften, wie beeinflusst sie das Wachstum von Pflanzen und das Leben von Bodenorganismen?

Analyse von Bodenproben auf Mikroplastik hat Schwächen

Um der Antwort auf diese Frage näher zu kommen, nehmen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Bodenproben. Sie erlauben Rückschlüsse darauf, welche Art von Partikeln in welcher Menge in einem bestimmten Boden vorkommen. Dazu ist ein Verfahren verbreitet, mit dem eine Probe in eine schwere Salzlösung eingebracht wird, in der sich ihre Bestandteile trennen. Konkret heißt das: Plastik und Organische schwimmen oben, mineralische Bestandteile sinken ab. In einem zweiten Schritt wird das Gemisch aus organischem Material und Plastik noch einmal behandelt, damit sich die organischen Stoffe zersetzen und nur die Plastikpartikel übrigbleiben. Doch diese Methode hat eine große Schwäche: Sie zerstört die organische Bodensubstanz. Dadurch gehen wertvolle Informationen verloren, und die Forschenden können nicht herausfinden, wo genau sich die Plastikpartikel im Boden ansammeln.

Genau das will ein Forschungsgruppe der Universität Potsdam und des Helmholtz-Zentrums Berlin (HZB) ändern. In einer aktuellen Studie stellt das Team seine neu entwickelte, nicht-invasive Analyse-Methode vor, mit der die Bodenprobe in ihrer Zusammensetzung und Gestalt erhalten bleibt. Dabei kommen in einer dualen 3D-Tomographie zugleich Neutronen und Röntgenstrahlen zum Einsatz. Der Nutzen des kombinierten Verfahrens: Neutronen machen organische und synthetische Partikel sichtbar, Röntgen die mineralischen Anteile und die Struktur, die sie zusammen bilden.


Mit 3D-Tomographie Mikroplastik lokalisieren

Um die Methode zu testen, stellte Christian Tötzke (Uni Potsdam und HBZ), einer der beiden Studienleiter, zunächst eine Reihe von Bodenproben künstlich her: aus Sand, Torf oder Holzkohle sowie Mikroplastikpartikeln. Auf den Neutronen-Tomographien ist die Mikroplastik und teilweise auch organische Substanzen zu erkennen. Die Röntgenbilder zeigen dagegen die Anordnung der Sandkörner an, nicht aber Plastik und organische Anteile: Sie sind nur als Leerstelle zu erkennen. Der Clou der Methode: Legt man beide Aufnahmen übereinander, zeigt sich ein vollständiges Bild der Probe. Die Forschenden können damit zugleich Größe und Form der Plastikpartikel und die Veränderung der Bodenstruktur durch die Teilchen erfassen.

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„Diese Methode ist natürlich aufwendig“, erklärt Christian Tötzke, „aber sie ermöglicht es, erstmals zu untersuchen, wo sich Mikroplastik einlagert und wie sich dadurch der Boden verändert.“ Nach den künstlichen Bodenproben analysierte er mit seinem Team auch den sandigen Boden eines Ackers bei Beelitz in Brandenburg. Die Region ist für ihren Spargelanbau bekommt. Dabei nutzen die Landwirte Mulch-Folie, die sich nach der Ernte kaum vollständig entfernen lässt. Verbleibende Folienreste werden dann beim Umpflügen in tiefere Schichten eingetragen.

Christian Tötzke mischte in die Proben aus Beelitz selbst Plastikpartikel, um im Labor noch genauer untersuchen zu können, wie diese den Boden beeinflussen. „Es ist uns gelungen zu zeigen, dass Fragmente solcher Plastikfolien den Wasserfluss im Boden verändern können“, so der Wissenschaftler. Eine weitere Erkenntnis seines Teams: Mikroplastikfasern verursachen Risse in der Bodenmatrix.

Klimawandel macht mehr Wissen über Böden notwendig

Wie genau der Eintrag von Plastik auf die hydraulischen Eigenschaften von Ackerböden wirkt, etwa auf ihr Wasserspeichervermögen, können die Forschenden noch nicht sagen. Mit den 3D-Tomographien haben sie jedoch einen Weg gefunden, eine aussagekräftige Bestandsaufnahme des Bodens mit organischen Anteilen und eingelagerter Mikroplastik zu erstellen. Nun müssten systematische Untersuchungen folgen, so Christian Tötzke. Denn: „Da mit dem fortschreitenden Klimawandel Dürren und Starkregen wahrscheinlicher werden, ist es dringend notwendig, diese Fragen zu beantworten.“

Ein Beitrag von:

  • Maike Petersen

    Maike Petersen

    Nach dem Geschichtsstudium ließ sich Maike Petersen bei der Deutschen Presseagentur dpa in Hamburg zur Mediendokumentarin in Recherche und Lektorat ausbilden und machte später einer Ausbildung zur Redakteurin an der Journalistenschule Axel Springer. Seit vierzehn Jahren arbeitet sie freiberuflich und gehört zum Team von Content Qualitäten. Ihre Themen:  Medizin und Energie.

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