Wie funktionieren Kleinkläranlagen?
Wie reinigen Kleinkläranlagen häusliches Abwasser? Aufbau, Technik und Unterschiede einfach erklärt – ideal für Grundstücke ohne Kanalanschluss.
Betontank für eine Kleinkläranlage. Der Tank kann aus den verschiedensten Materialien bestehen.
Foto: Smarterpix / parys
In ländlichen Regionen, bei Wochenendhäusern oder abgelegenen Gehöften ist der Anschluss an die zentrale Kanalisation oft keine Selbstverständlichkeit. Dennoch muss auch hier das anfallende häusliche Abwasser zuverlässig gereinigt werden. Die Lösung: Kleinkläranlagen. Sie übernehmen im Kleinen, was große Klärwerke für ganze Städte leisten – und das mit überraschender technischer Vielfalt.
Doch wie funktioniert eine solche Anlage eigentlich? Und worauf müssen Betreiber*innen achten, damit die biologische Reinigung reibungslos klappt?
Inhaltsverzeichnis
Zwei Stufen – ein Ziel: sauberes Wasser
Der Reinigungsprozess in Kleinkläranlagen folgt einem einfachen Prinzip: Zuerst werden grobe Stoffe abgeschieden, anschließend erfolgt die biologische Behandlung.
1. Die mechanische Vorreinigung: Was sich absetzen lässt
Alles beginnt in der sogenannten Vorklärkammer. Hier sammeln sich Feststoffe, Fette und andere grobe Bestandteile. Durch Schwerkraft (Sedimentation) und Auftrieb (Flotation) entstehen Bodenschlamm und Schwimmschlamm – zusammen als Fäkalschlamm bezeichnet. Diese Stoffe werden in regelmäßigen Abständen von einem Entsorgungsunternehmen abgepumpt.
Oft besteht die Vorklärung aus einer Mehrkammergrube. Sie ist so konzipiert, dass das Abwasser langsam durchströmt und Zeit hat, sich zu entmischen. Die organischen Schwebstoffe bleiben zurück – das geklärte Wasser fließt weiter zur nächsten Stufe.
2. Die biologische Reinigung: Mikroorganismen übernehmen
Nach der Vorklärung kommt die eigentliche „Arbeit“. In der biologischen Reinigungsstufe zersetzen Mikroorganismen organische Substanzen, Stickstoffverbindungen und teilweise auch Phosphate. Damit diese Prozesse ablaufen können, braucht es bestimmte Bedingungen: ausreichend Sauerstoff, stabile Temperaturen, ein geeigneter pH-Wert und ein kontinuierlicher Zulauf von nährstoffhaltigem Abwasser.
Je nach Anlagentyp sind die Mikroorganismen frei im Wasser unterwegs (Belebtschlamm) oder auf festen Trägermaterialien angesiedelt – etwa in Pflanzenbeeten oder an Kunststoffkörpern.
Verschiedene Systeme – gleiches Ziel, aber viele Wege dorthin
Kleinkläranlagen lassen sich technisch auf unterschiedliche Weise realisieren. Alle verfolgen das gleiche Ziel: häusliches Abwasser dezentral so zu reinigen, dass es wieder in die Umwelt zurückgeführt werden kann – sei es in ein Gewässer oder in den Boden. Die Unterschiede liegen in der Art und Weise, wie die biologische Reinigungsstufe funktioniert.
Im Folgenden stellen wir die gebräuchlichsten Systemtypen vor – mit ihren jeweiligen Funktionsprinzipien, Vorteilen und Schwächen.
SBR-Anlagen (Sequencing Batch Reactor)
SBR-Anlagen sind in Deutschland weit verbreitet. Sie arbeiten in sogenannten Chargen, also in festgelegten Ablaufzyklen innerhalb eines einzigen Behälters. Das Verfahren umfasst mehrere Phasen:
- Beschickung: Abwasser gelangt aus der Vorklärung in das SBR-Becken
- Belüftung: Mikroorganismen bauen organische Stoffe unter Sauerstoffzufuhr ab
- Absetzphase: Belebtschlamm sinkt zu Boden
- Abzug: Das gereinigte Klarwasser wird über ein Tauchrohr abgeleitet
- Schlammrückführung: Ein Teil des Belebtschlamms wird zurückgeführt, der Rest in den Schlammspeicher gepumpt
Vorteile:
- kompakte Bauweise (geringer Platzbedarf)
- sehr gute Reinigungsleistung (auch bei Stickstoffabbau)
- gut automatisierbar
Nachteile:
- anfällig bei unregelmäßigem Wasseranfall (z. B. Ferienhäuser)
- energieintensiv wegen Belüftung und Pumpzyklen
- regelmäßige Wartung und Steuerungskontrolle erforderlich
Pflanzenkläranlagen
Pflanzenkläranlagen setzen auf die natürliche Reinigung durch Boden, Wasserpflanzen und Mikroorganismen. Das Abwasser wird durch ein mit Schilfrohr, Binsen oder Rohrkolben bepflanztes Bodenfilterbeet geleitet. Die Pflanzen durchlüften den Boden über ihre Wurzeln, wodurch aerobe Bedingungen für die Mikroorganismen entstehen.
Die Reinigung erfolgt dabei nicht durch die Pflanzen selbst, sondern durch die Biofilme, die sich im Wurzelraum und an den Bodenteilchen bilden.
Vorteile:
- sehr geringer Energieverbrauch (keine aktive Belüftung notwendig)
- wartungsarm und langlebig
- naturnahe Gestaltung möglich
Nachteile:
- großer Flächenbedarf (ca. 5 m² pro Person)
- geringere Reinigungsleistung bei starkem Nährstoffeintrag
- bei Frost oder Dauerregen kann es zu Einschränkungen kommen
Festbettanlagen
Festbettanlagen nutzen ein sogenanntes Festbett, also ein fest eingebautes Trägermaterial im biologischen Reaktor. Dieses besteht meist aus Kunststoff, Lava oder porösem Stein. Das Abwasser durchfließt diesen Bereich kontinuierlich – entweder von unten nach oben oder umgekehrt. Auf dem Trägermaterial siedeln Mikroorganismen, die Schadstoffe abbauen.
Eine Nachklärung ist nötig, um vom Trägermaterial abgelöste Mikroorganismen wieder aus dem Wasser zu entfernen.
Vorteile:
- einfache, robuste Technik
- geringe Störanfälligkeit
- gleichmäßiger Betrieb auch bei schwankender Belastung
Nachteile:
- regelmäßige Spülung des Festbetts erforderlich (Verstopfungsgefahr)
- eingeschränkte Nitrifikationsleistung bei ungünstigen Bedingungen
- Strombedarf für Belüftung
Membranbelebungsanlagen
Diese Anlagen kombinieren ein Belebtschlammverfahren mit einer Ultrafiltration durch Membranen. Die biologische Reinigung erfolgt wie bei SBR oder Belebungsanlagen, doch anstatt einer Nachklärung wird das Wasser durch feinporige Membranen gedrückt. Diese halten selbst feinste Schwebstoffe, Bakterien und Viren zurück.
Vorteile:
- sehr hohe Reinigungsleistung
- auch für Wasserschutzgebiete geeignet
- kompakte Bauweise (kein Nachklärbecken notwendig)
Nachteile:
- hoher Energiebedarf durch Membranfiltration
- Membranen müssen regelmäßig gespült und ausgetauscht werden
- deutlich höhere Anschaffungs- und Wartungskosten
Tropfkörperanlagen
Tropfkörperanlagen bestehen aus einem mit Kunststoffgranulat oder Lavagestein gefüllten Reaktorkörper. Über Düsen wird das Abwasser gleichmäßig auf die Oberfläche des Tropfkörpers verteilt, wo es langsam nach unten rieselt. An der Oberfläche siedeln Mikroorganismen, die die Schadstoffe abbauen.
Am Boden des Tropfkörpers befindet sich ein Sammelbecken zur Nachklärung.
Vorteile:
- geringer Energieverbrauch (kein Kompressor notwendig)
- einfache, wartungsarme Technik
- gut geeignet für kontinuierliche Zuläufe
Nachteile:
- begrenzte Reinigungsleistung bei Stickstoff und Phosphor
- Schimmelbildung oder Verstopfung bei unsachgemäßem Betrieb möglich
- bei schwankender Belastung sinkt die Effizienz
Biofilteranlagen
Diese Systeme nutzen biologisch aktive Filtermedien – etwa Kokosfasern, Steinwolle oder Torf – die das Abwasser durchströmt. Ähnlich wie bei Pflanzenkläranlagen oder Festbettverfahren siedeln sich Mikroorganismen auf dem Substrat an.
Biofilteranlagen können vertikal oder horizontal betrieben werden. Sie eignen sich gut für kleine Grundstücke.
Vorteile:
- gute biologische Reinigungsleistung bei kompaktem Aufbau
- teilweise wartungsärmer als Membrananlagen
- auch für kleine Lasten gut geeignet
Nachteile:
- Filtermedien müssen regelmäßig gewechselt oder regeneriert werden
- Gefahr von Verblockung (Verklebung des Filtermaterials)
- Spülung mit Frischwasser oft erforderlich
Welches System ist das richtige?
Die Auswahl hängt von mehreren Faktoren ab:
- Grundstücksgröße und -lage
- täglicher Abwasseranfall
- gewünschte Reinigungsleistung (z. B. Phosphorentfernung)
- Investitions- und Betriebskosten
- Wartungsaufwand und Eigenkontrollmöglichkeiten
Ein Beratungsgespräch mit einem herstellerunabhängigen Fachbetrieb oder einem Planungsbüro ist empfehlenswert. Wichtig ist auch, die Vorgaben der zuständigen Wasserbehörde und des örtlichen Abwasserkonzepts zu beachten.
Wartung: Pflicht und Verantwortung
Damit die Anlage dauerhaft funktioniert und die behördlichen Grenzwerte einhält, sind regelmäßige Wartungen unerlässlich – in der Regel zwei- bis dreimal im Jahr. Eine zertifizierte Wartungsfirma kontrolliert dabei:
- die Funktion der Technik (Pumpen, Belüfter, Steuerung)
- den Schlammspiegel in der Vorklärung
- die Qualität des gereinigten Abwassers (z. B. CSB, BSB₅)
- das ordnungsgemäße Betriebsverhalten (z. B. Eintrag von Fremdstoffen)
Ergänzt wird die Wartung durch Laboranalysen und die Führung eines Betriebstagebuchs. Dieses muss bei Kontrollen der Wasserbehörde vorgelegt werden.
Klärschlamm: Unvermeidbar – aber beherrschbar
In jeder Kleinkläranlage entsteht Klärschlamm, vor allem in der Vorklärstufe und als Überschussschlamm aus der biologischen Reinigung. Dieser muss durch ein zertifiziertes Entsorgungsunternehmen abgefahren und fachgerecht behandelt werden – meist durch Verbrennung oder industrielle Weiterverwertung.
Je nach Anlage und Nutzung fallen ein bis zwei Entleerungen pro Jahr an. Die Kosten dafür bewegen sich zwischen 25 und 55 € pro Kubikmeter. Bei größeren Vorklärbehältern lassen sich durch längere Lagerzeiten Entsorgungskosten sparen.
Was darf nicht in die Kleinkläranlage?
Damit die Mikroorganismen nicht geschädigt werden und die Anlage zuverlässig arbeitet, sollten bestimmte Stoffe keinesfalls ins Abwasser gelangen:
- chemische Reinigungsmittel, WC-Steine, Rohrreiniger
- Farben, Lacke, Lösungsmittel
- Feuchttücher, Hygieneartikel, Katzenstreu
- Speisereste oder Öle
- Inhalte aus Chemietoiletten oder Pflanzenschutzmittel
Schon kleine Mengen dieser Stoffe können das biologische Gleichgewicht der Anlage stören.
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