Sturmfront über der Adria 18.06.2025, 18:00 Uhr

Unwetter in Istrien – wenn Bora wütet

Starke Stürme in Istrien: Warum die Bora regelmäßig für gefährliche Wetterlagen in Kroatien sorgt – mit Blick auf das Unwetter im Juni 2025.

Fähre sinkt vor Zadar

Dramatische Folge des Unwetters: Vor der Küste Zadars gerät eine Fähre in Seenot und sank nach plötzlichem Wassereinbruch.

Foto: picture alliance / PIXSELL/Sime

Ein schweres Unwetter in Istrien hat Mitte Juni 2025 die beliebte Urlaubsregion an der Adria erschüttert. Sturmböen, Überschwemmungen und dramatische Rettungsaktionen prägten die Situation. Die Behörden reagierten schnell, um weitere Schäden zu verhindern. In der Region sind solche Unwetter kein einzelnes Phänomen, sie treten regelmäßig auf.

Der Juni ist ein beliebter Reisemonat. Viele Menschen reisen zum Beispiel nach Kroatien, weil es dort schon sommerlich warm ist und es an der Adriaküste meist angenehm windet. Doch am Nachmittag des 16. Juni 2025 traf plötzlich ein Unwetter die Westküste Istriens in Kroatien und überraschte Touristen und Einheimische mit voller Wucht. Innerhalb weniger Stunden fegte eine massive Unwetterfront mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 110 Kilometern pro Stunde (km/h) über die Region hinweg. Besonders betroffen war die Stadt Rovinj, aber auch andere Küstenorte wie Poreč und Pula erwischte es heftig.

Überflutete Straßen, zerstörte Campingplätze, entwurzelte Bäume und beschädigte Stromleitungen prägten das Bild. In der Notrufzentrale Pazin gingen innerhalb kürzester Zeit 180 Hilferufe ein. Sieben Menschen, darunter auch deutsche Urlauberinnen und Urlauber, mussten nach Verletzungen durch herabfallende Äste oder umgestürzte Bäume ins Krankenhaus gebracht werden.

Unwetter in Istrien trifft Küste von Rovinj bis Zadar

Das Unwetter in Istrien beschränkte sich nicht nur auf die Westküste. Die Gewitterfront zog sich weiter entlang der Küste nach Südosten und traf auch die Regionen um Zadar und Šibenik. Besonders dramatisch wurde es vor der Küste Zadars: Dort geriet am späten Abend eine Fähre mit 38 Passagieren und fünf Besatzungsmitgliedern in Seenot und sank nach einem plötzlichen Wassereinbruch. Glücklicherweise konnten alle Menschen an Bord durch den schnellen Einsatz der Rettungskräfte gerettet werden. Auch südlichere Abschnitte der Küste meldeten Schäden durch umgestürzte Bäume, gekenterte Boote und überflutete Straßen.

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Wie konnte es zu dem Unwetter in Istrien kommen?

Die Ursache für das Unwetter in Istrien liegt in einer Kombination aus einer massiven Gewitterfront und dem berüchtigten Bora-Fallwind. Die Bora zählt zu den stärksten Winden weltweit. Sie kann Orkanstärken erreichen und es auf Geschwindigkeiten jenseits der 200 Stundenkilometer (km/h) schaffen. Aus meteorologischer Sicht handelt es sich um ein faszinierendes Schauspiel, das erst zustande kommt, wenn mehrere Faktoren ineinandergreifen. Das Zusammentreffen verschiedener Klimazonen ist der Hauptauslöser für solche Winde und auch für Gewitter.

Letztere treten in Kroatien, vor allem an der nordadriatischen Küste, nicht selten auf. Die Mischung aus hohen Gebirgen und flachen Meeren begünstigen solche Wetterereignisse, aus denen sich in Istrien regelmäßig auch schwere Unwetter ergeben. Im Juli 2023 richteten heftige Stürme erhebliche Schäden an, auch im Juni 2024 gab es starke Regenfälle, Gewitter, Stürme und die Gefahr eines Wirbelsturms, im August 2024 überspülten Schlammmassen die Küsten Istriens.

Fast jährlich treten solche extremen Unwetter in der Region auf. In den meisten Fällen ist die Bora als kalter, trockener Fallwind dafür verantwortlich. Sie stürzt mit enormer Geschwindigkeit von den Gebirgen auf das Meer herab. In diesem Fall war das Dinarische Gebirge Barriere und Beschleuniger für die Bora. In Kombination mit Tälern und Gebirgspässen, wie hier die Kvarner Bucht, konnte der sogenannte Düseneffekt entstehen, der die Windgeschwindigkeiten anfacht. So werden Richtung Küste aus den Winden schnell Orkanböen. Aus der Verbindung mit feuchtwarmer Luft und einer instabilen Wetterlage entwickelt sich ein explosives Gemisch. Auf diese Art und Weise kam es auch am 16. Juni 2025 zu heftigen Stürmen und Niederschlägen.

Weiße und schwarze Bora – bekannt in der Region Istrien

Die Bora tritt eher plötzlich und ohne große Vorwarnung auf. Das macht es Fachleuten und auch Behörden entsprechend schwer, die Menschen frühzeitig auf ein solch extremes Wetterereignis vorzubereiten. Häufig ist eine Wetterlage ausschlaggebend, die sich eben nicht nur auf ein kleines Gebiet bezieht. Ideale Voraussetzungen für eine Bora sind zum Beispiel ein stabiles Hochdruckgebiet in Osteuropa und ein zugleich herrschendes Tiefdruckgebiet über dem südlichen Italien oder der südlichen Adria. Das Tief und die Kaltluft aus dem Hochdruckgebiet ziehen sich praktisch magisch an. Daraus können dann extreme Winde entstehen.

Fachleute unterscheiden zwischen einer „weißen“ und einer „schwarzen“ Bora. Bei der „weißen“ Bora handelt es sich um die sogenannte antizyklone Bora. Sie benötigt stabiles Hochdruckwetter. Die weiße Bora zeigt sich mit strahlend blauem Himmel und trockenem Wetter. Allerdings bringt sie auch eisige Kälte mit. Die „schwarze“ Bora entsteht vor allem bei Tiefdruckgebieten über der Adria. Sie hat neben Wolken und Regen auch Schnee im Gepäck. Diesen allerdings dann eher im Winter.

Während eine Bora in den Sommermonaten meist nur ein bis zwei Tage dauert, kann sie sich im Winter bis zu zwei Wochen austoben. Der Begriff Bora stammt vom griechischen Wort Boreas ab. Dabei handelt es sich um den Gott der Nordwinde. Es gibt nur wenige Anzeichen, die auf eine bevorstehende Bora hindeuten. Das sind sogenannte Wolkenwalzen am Himmel. Teilen sich diese Walzen, kann man davon ausgehen, dass es bald zu einer Bora kommen kann. Auch Schaumkronen auf dem Meer, die vor allem durch östliche Winde hervorgerufen werden, sind ein Hinweis.

Rettungskräfte im Dauereinsatz nach Unwetter in Istrien

Die Rettungsmaßnahmen während des Unwetters in Istrien liefen auf Hochtouren. Feuerwehr, Polizei, Küstenwache und medizinische Teams waren im Dauereinsatz, um Menschen aus gefährdeten Bereichen zu evakuieren, Verletzte zu versorgen und Schäden zu beseitigen. In Rovinj und Umgebung arbeiteten mehr als 50 Feuerwehrleute an der Beseitigung von Sturmschäden und der Rettung von Menschen aus überfluteten oder durch umgestürzte Bäume blockierten Gebieten.

Besonders spektakulär war die Rettungsaktion vor Zadar, bei der alle Passagiere und Crewmitglieder der gesunkenen Fähre „Melita“ in einer koordinierten Aktion an Land gebracht werden konnten. Gegen 22 Uhr war die Passagierfähre wohl aufgrund eines plötzlichen Wassereinbruchs in Seenot geraten und begann innerhalb kurzer Zeit zu sinken. Dem raschen Eingreifen der Küstenwache ist zu verdanken, dass die Menschen an Bord rechtzeitig in Sicherheit gebracht werden konnten.

Koordiniertes Vorgehen der Behörden beim Unwetter in Istrien

Die Behörden in Istrien und den angrenzenden Regionen reagierten schnell und koordiniert auf das Unwetter. Bereits im Vorfeld gab es Unwetterwarnungen, die die Bevölkerung auf die drohende Gefahr aufmerksam machten. In der Region existiert ein mehrstufiges Frühwarnsystem – initiiert von den Behörden in Kooperation mit dem nationalen Wetterdienst. Über digitale Anzeigetafeln, Apps und Lautsprecherdurchsagen in mehreren Sprachen erfolgen entsprechende Warnungen bei Extremwetterlagen.

Die vorhandenen Notfallpläne und regelmäßigen Notfallübungen haben gezeigt, dass die Rettungskräfte schnell reagieren können – wie im Fall der schnellen Rettung der Passagiere auf der gesunkenen Fähre. Nach dem Abklingen der Unwetterfront begannen die Aufräumarbeiten und die Schadensaufnahme. Die Behörden standen und stehen in engem Austausch mit Wetterdiensten, um die Lage weiter zu beobachten und gegebenenfalls weitere Maßnahmen zu ergreifen.

Worauf Touristen sich nach dem Unwetter einstellen sollten

Für die Menschen vor Ort und die zahlreichen Urlauberinnen und Urlauber in der Region gilt eine entsprechende Vorsicht. Geplante Ausflüge sollten verschoben und die betroffenen Gebiete gemieden werden. Denn umstürzende Bäume, lose Dachziegel und beschädigte Stromleitungen stellen weiterhin eine Gefahr dar. Darüber hinaus gilt es, die Hinweise der lokalen Behörden strikt zu befolgen.

Gutes Wetter für die nächsten Tage vorausgesagt

Die Wetterlage in Istrien hat sich nach dem dramatischen Unwetter wieder weitgehend beruhigt. Die Prognosen für die kommenden Tage sind günstig: Es wird mit sonnigem Wetter, vereinzelten Schauern und Temperaturen um 25 bis 29 Grad Celsius (°C) gerechnet. Dennoch bleibt die Region in erhöhter Alarmbereitschaft, da im Juni immer wieder mit kurzen, aber heftigen Gewittern gerechnet werden muss.

Ein Beitrag von:

  • Nina Draese

    Nina Draese hat unter anderem für die dpa gearbeitet, die Presseabteilung von BMW, für die Autozeitung und den MAV-Verlag. Sie ist selbstständige Journalistin und gehört zum Team von Content Qualitäten. Ihre Themen: Automobil, Energie, Klima, KI, Technik, Umwelt.

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