Sonnencreme aus Pollen schützt Haut und Korallen
Forschende in Singapur haben Sonnencreme aus Pollen entwickelt. Sie schützt die Haut vor UV-Strahlen, kühlt angenehm und belastet die Korallenriffe nicht.
Sonnencreme aus Pollen schützt vor UV-Strahlen, kühlt die Haut und ist unschädlich für Korallen. Eine nachhaltige Alternative zum herkömmlichen Sonnenschutz.
Foto: NTU Singapore
Sonnencreme gehört für viele von uns so selbstverständlich in die Tasche wie Sonnenbrille und Handtuch. Doch die weißen Lotionen, die wir uns auftragen, haben einen Haken: Sie schützen zwar die Haut, belasten aber oft die Meere. Forschende der Nanyang Technological University (NTU) in Singapur haben nun eine Alternative entwickelt – eine Sonnencreme, die aus Pollen gewonnen wird. Das klingt nach Naturkosmetik, ist aber Hightech aus dem Labor.
Ein natürlicher UV-Schutz
Pollen ist nicht nur Auslöser für Heuschnupfen. Seine Hülle ist so robust, dass sie DNA und Proteine über Millionen Jahre hinweg schützt. „Wir wissen, dass Pollen von Natur aus UV-beständig ist, da seine Hülle den inneren Inhalt vor rauen Umweltbedingungen, einschließlich Sonnenlicht, schützen muss“, erklärt Professor Cho Nam-Joon, Hauptautor der Studie. Die Idee lag also nahe: Warum den natürlichen Schutz nicht für die Haut nutzen?
Das Team entfernte den inneren Inhalt von Pollen und wandelte die Hülle in ein transparentes Gel um. Die Schicht, die auf der Haut zurückbleibt, ist nur wenige Mikrometer dünn – etwa so breit wie ein Haar.
Sanft zur Haut – hart gegen Strahlen
Im Labor blockierte die pollenbasierte Creme UV-Strahlen so zuverlässig wie herkömmliche Produkte mit Titandioxid oder Zinkoxid. Sie erreichte einen Lichtschutzfaktor von etwa 30, was rund 97 % der UV-Strahlung abfängt.
Doch die Forschenden stießen noch auf einen weiteren Effekt: Pollen-Gel kühlte die Haut. In Tests lag die Temperatur der Hautoberfläche nach 20 Minuten Sonneneinstrahlung bis zu 5 Grad niedriger als mit handelsüblicher Sonnencreme. Für Nutzer*innen bedeutet das: weniger Hitzestau, angenehmere Haut.
Freundlich zu Korallen
Der vielleicht wichtigste Unterschied zeigt sich unter Wasser. Jährlich landen Schätzungen zufolge 6.000 bis 14.000 Tonnen Sonnencreme im Meer. Ein Teil wird beim Baden abgewaschen, ein anderer über Abwasser eingetragen. Für Korallen sind viele Inhaltsstoffe giftig. Bereits nach wenigen Tagen kommt es in Experimenten zu Korallenbleichen – und letztlich zum Absterben.
Bei der pollenbasierten Sonnencreme sah es anders aus. Korallen blieben über 60 Tage hinweg gesund. Kein Ausbleichen, kein Sterben. Für Meeresbiolog*innen ein bemerkenswertes Ergebnis. Associate Professor Patrick Martin von der NTU kommentierte: „Zahlreiche Laborstudien haben gezeigt, dass bestimmte Sonnenschutzmittelverbindungen Korallen schädigen können. Dieser pollenbasierte Sonnenschutz ist ein vielversprechender Schritt zum Schutz sowohl der menschlichen Gesundheit als auch der Meereslebewesen.“
Wie die Forschenden vorgehen
Für die Entwicklung nutzte das Team Pollen der Kamelie und der Sonnenblume. Beide Arten gelten als wenig allergen, Kamelienpollen sogar als praktisch unproblematisch. Das Verfahren ist wasserbasiert und kommt ohne aggressive Chemikalien aus. Der innere Polleninhalt wird entfernt, die Hülle bleibt und wird in ein Gel überführt, wie es auch in Kosmetik üblich ist.
Tests an Tieren zeigten, dass Hautschäden und Entzündungen durch UV-Strahlung abnahmen. Kamelienpollen schnitt besser ab als Sonnenblumenpollen. In allen Fällen war die Schutzwirkung mindestens gleichwertig zu gängigen Sonnenschutzmitteln.
Stimmen aus der Medizin
Auch Mediziner sind interessiert. Associate Professor Andrew Tan Nguan Soon von der Lee Kong Chian School of Medicine betont den Komfort für Anwenderinnen und Anwender: „Über seine Umweltfreundlichkeit und UV-Schutzwirkung hinaus kühlt die Sonnencreme auf Pollenbasis die Haut auf einzigartige Weise, ein Vorteil, den man bei handelsüblichen Sonnencremes normalerweise nicht findet.“
Für ihn lohnt sich nun ein Blick auf Fragen wie Haltbarkeit und industrielle Produktion. Denn so spannend die Forschung klingt – am Ende entscheidet die Alltagstauglichkeit.
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