Doppelschlag gegen PFAS im Wasser: Neues Material reinigt und warnt
Neues Material erkennt und entfernt PFAS wie PFOA im Wasser – in wenigen Minuten, wiederverwendbar, sichtbar durch Fluoreszenz.
Wasser in Gefahr: PFAS-Moleküle stoppen ist das Ziel. Ein neues Material erkennt und entfernt Schadstoffe direkt aus dem Wasser – sichtbar durch Fluoreszenz.
Foto: Smarterpix / Francescoscatena
Perfluorierte Alkylverbindungen – kurz PFAS – gelten als extrem langlebig. Einmal freigesetzt, bleiben sie in der Umwelt über Jahrzehnte aktiv. Besonders problematisch: die Perfluoroctansäure (PFOA). Sie ist wasserabweisend, chemisch stabil und potenziell gesundheitsschädlich. Lange Zeit fehlte es an schnellen, praktikablen Methoden, um diese Ewigkeitschemikalie direkt im Wasser nachzuweisen – geschweige denn, sie zuverlässig zu entfernen. Ein Forschungsteam der University of Utah will das nun ändern.
Mit einem neuen Material, das gleichzeitig erkennt und entfernt, verfolgen die Forschenden einen doppelten Ansatz. Das Besondere: Das Material leuchtet auf, wenn es PFOA im Wasser bindet.
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UiO-66-N(CH₃)₃⁺: Ein Gerüst, das fluoresziert
Das Material mit dem Namen UiO-66-N(CH₃)₃⁺ gehört zur Klasse der metallorganischen Gerüste (englisch: Metal–Organic Frameworks, kurz MOFs). Es basiert auf Zirkonium, ist porös, chemisch stabil und lässt sich gezielt funktionalisieren.
Ein MOF besteht aus Metallknotenpunkten und organischen Verbindungen. Die Struktur ist so aufgebaut, dass sich darin Hohlräume und Tunnel bilden. Das ergibt eine enorme innere Oberfläche – ideal, um Moleküle wie Schadstoffe gezielt aufzunehmen.
Die Forschenden um Professor Ling Zang entwickelten das MOF durch eine sogenannte postsynthetische Modifikation. Ausgangspunkt war ein bekanntes Material namens UiO-66-NH₂. Durch die Umwandlung seiner Aminogruppen in quaternäre Ammoniumgruppen wurde es elektrostatisch aufgeladen – und damit fähig, negativ geladene Schadstoffe wie PFOA besonders stark anzuziehen.
So funktioniert der Schadstofffang
PFOA-Moleküle sind anionisch, also negativ geladen. Das neue MOF enthält dagegen positiv geladene Gruppen. Diese ziehen die PFOA-Moleküle an – ähnlich wie ein Magnet. Die Iodidionen, die ursprünglich im MOF gebunden waren, werden dabei einfach durch PFOA ersetzt. Dieser sogenannte Ionenaustausch ist schnell, effizient und sehr selektiv.
Die Adsorptionsleistung liegt bei bis zu 1178 Milligramm PFOA pro Gramm Material. Dieser Wert übertrifft konventionelle Sorptionsmittel wie Aktivkohle deutlich. Bereits nach fünf Minuten entfernte das Material nahezu 100 % des PFOA aus einer Testlösung mit 50 ppb (parts per billion).
Fluoreszenz zeigt an, wenn PFOA gebunden ist
Neben der Reinigungsleistung bietet das MOF eine weitere Funktion: Es zeigt an, wenn PFOA vorhanden ist – und das sogar sichtbar. Die Forschenden sprechen von einem „Turn-on“-Sensor. Dabei wird das Material zunächst mit einem Farbstoff namens Sulforhodamin B (SRB) beladen. Dieser bindet an die positiv geladenen Gruppen des MOF und bleibt in dieser Form unsichtbar.
Kommt nun PFOA ins Spiel, verdrängt es den Farbstoff – und dieser gelangt in Lösung. Dort beginnt SRB zu fluoreszieren – bei 574 Nanometern. Mit dem bloßen Auge erscheint die Lösung rosa. Auch geringe Konzentrationen lassen sich so direkt und ohne Labor nachweisen.
Perfluoroctansäure (PFOA) gehört zur Gruppe der PFAS – per- und polyfluorierten Alkylsubstanzen. Sie wurde jahrzehntelang in Produkten wie Antihaftpfannen, Outdoor-Kleidung, Feuerlöschschaum oder Verpackungen eingesetzt. PFOA ist chemisch extrem stabil und wasserabweisend. Genau das macht sie in der Umwelt so problematisch: Die Substanz baut sich praktisch nicht ab, gelangt über das Grundwasser in die Nahrungskette und kann sich im menschlichen Körper anreichern. Studien bringen PFOA mit Schilddrüsenerkrankungen, Nierenschäden und bestimmten Krebsarten in Verbindung.
„Seine Fähigkeit, PFOA sowohl selektiv zu binden als auch in Echtzeit empfindlich nachzuweisen, macht es zu einer vielseitigen und praktischen Lösung für die Wasseraufbereitung und Umweltüberwachung“, sagt Rana Dalapati, Hauptautorin der Studie.
Die Nachweisgrenze liegt bei 0,22 µM. Andere Substanzen wie PFOS oder SDS lösen keine Reaktion aus. Das macht das System besonders selektiv.
Wiederverwendbar und robust
Ein weiterer Vorteil: Das Material ist mehrfach nutzbar. In Labortests durchlief es fünf Adsorptionszyklen – und behielt dabei mehr als 93 % seiner ursprünglichen Leistung. Nach jeder Anwendung genügt einfaches Waschen, um es zu regenerieren.
Auch die Struktur bleibt stabil – selbst nach mehreren Einsätzen und nach der Fluoreszenzmessung. Analysen mittels Röntgenbeugung und FTIR-Spektroskopie zeigten keine Schäden oder Veränderungen am Material.
Auch unter schwierigen Bedingungen wirksam
Praktische Anwendungen in der Umwelt bringen oft Störstoffe mit sich: Salze, andere PFAS, organische Substanzen. Doch selbst unter solchen Bedingungen bewahrte das MOF seine Leistung. Es reagierte selektiv auf PFOA und blieb stabil – auch bei Anwesenheit von Kationen wie Ca²⁺ oder Zn²⁺. Damit ist das Material auch für belastete Industrieabwässer oder Grundwasserproben geeignet.
Die Kombination aus Adsorptionsfähigkeit, Fluoreszenznachweis und Wiederverwendbarkeit macht UiO-66-N(CH₃)₃⁺ zu einem vielseitigen Werkzeug für die Wasserreinigung. Es verbindet zwei bisher getrennte Schritte – Nachweis und Entfernung – in einem einzigen Prozess.
Die Forschenden sehen Potenzial, das System weiterzuentwickeln. Durch gezielte chemische Modifikationen könnten künftig auch andere PFAS erkannt und gebunden werden. „Dieses MOF stellt einen großen Fortschritt für die PFAS-Sanierung dar“, sagt Dalapati.
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