Klimaschutz im Gartenbau 26.11.2025, 12:30 Uhr

Torf in 30 Minuten: ATB pantentiert Verfahren aus dem Schnellkochtopf

Torf ist ein hervorragendes Kultursubstrat, aber ökologisch katastrophal. Ein Forschungsteam des Leibniz-Instituts für Agrartechnik und Bioökonomie (ATB) in Potsdam hat nun zwei Verfahren entwickelt, um künstlichen Torf zu erzeugen.

Torfersatz aus dem Labor: ATB Potsdam präsentiert ein nachhaltiges Substrat, das natürliche Moore schützt und Gartenbau zukunftsfähig macht. 
Foto: Marzban/ATB

Torfersatz aus dem Labor: ATB Potsdam präsentiert ein nachhaltiges Substrat, das natürliche Moore schützt und Gartenbau zukunftsfähig macht.

Foto: Marzban/ATB

Der deutsche Gartenbau verbraucht jedes Jahr große Mengen natürlichen Torfs, doch der ökologische Preis dafür ist hoch. Um dem entgegenzuwirken, hat das ATB zwei Patente für neuartige Verfahren zur raschen und skalierbaren Herstellung von künstlichem Torf beantragt.

Biomasse statt Moorboden

Torf entsteht natürlicherweise in dauerhaft nassen Mooren, wo abgestorbenes Pflanzenmaterial wegen des Sauerstoffmangels sehr langsam zersetzt wird. Über Jahrtausende lagern sich so Torfschichten ab, die in vielen Regionen als wertvolles Material durch Trockenlegung freigelegt und anschließend abgetragen werden. Laut wissenschaftlichen Studien stammen rund 5 % der weltweiten CO₂-Emissionen aus entwässerten Mooren – obwohl diese nur etwa 3 % der Landflächen ausmachen.

Die vom ATB entwickelten Verfahren stellen nun einen künstlichen Torf her, der die natürlichen Eigenschaften wie Wasserhaltevermögen und Strukturstabilität weitgehend nachbildet – und das nicht in Jahrtausenden, sondern in rund 30 min.

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Dr. Nader Marzban, der Erfinder dieser Technologie und Wissenschaftler am ATB, setzt auf eine Idee, die recht einfach klingt: Dabei wird künstlicher Torf aus einer Vielzahl organischer Materialien hergestellt. Biomasse wie Holzreste, Gräser, Blätter oder Pflanzen aus der Paludikultur werden mit Wasser, Druck und Temperatur behandelt.

Schnellkochtopf als Ideengeber

Die Inspiration für diese neuartige Methode stammt von einer alltäglichen Beobachtung Marzbans: „Eines Abends, als ich Gemüse, Bohnen und Fleisch kochte, verdampfte das Wasser in meinem Schnellkochtopf und das Essen brannte an. Ich schaute mir die schwarzbraunen Rückstände an und dachte: Könnte dieses teilweise verkohlte Material humusähnliche Eigenschaften haben?“

Zurück im Labor analysierte Marzban das Material und stellte fest, dass es tatsächlich Huminstoffen ähnelt. Er wiederholte das Experiment mit verschiedenen landwirtschaftlichen Rückständen, Biomassen und milden chemischen Zusatzstoffen.

Die Ergebnisse überraschten Marzban. Er hatte unter Niederdruckbedingungen künstlichen Torf synthetisiert und damit in nur wenigen Minuten die natürliche, Torfbildung nachgeahmt.

Die beiden Verfahren im Detail

Mit der Unterstützung seiner Kollegen und Miterfinder Dr. Thomas Hoffmann und Dr. Ralf Pecenka entwickelte Marzban den Ansatz weiter. Zwei unterschiedliche Verfahren wurden nun von ATB als Patent angemeldet.

Alkali-unterstützter Doppelschneckenextrusion

In dem zweistufigen Verfahren wird die Biomasse zunächst bei etwa 70 °C unter Druck gekocht. Anschließend werden die Fasern im Doppelschneckenextruder zerkleinert und aufgeschlossen, wodurch torfähnliche Strukturen entstehen. So wird ein stabiles, humusähnliches Substrat erzeugt. Dessen Eigenschaften können so angepasst werden, dass sie denen von Naturtorf entsprechen. Dies ist besonders vorteilhaft für den Einsatz in der Landwirtschaft und im Gartenbau, wo sowohl lange als auch kurze Faserkomponenten benötigt werden.

Batch-Verfahren

Für weniger faserige Ausgangsstoffe reicht ein einzelner thermischer Schritt, bei etwas höheren eine Temperatur von etwa 120 °C.

Beide Verfahren gewährleisten, dass der künstliche Torf pathogenfrei ist und große Mengen an Kohlenstoff bindet.

Klimapositiv und wiederholbar

Ein großer Vorteil liegt in der Klimabilanz. Die Materialien speichern den Kohlenstoff der Ausgangsbiomasse und geben ihn im Produktionsprozess nicht wieder frei. Zudem können sie am Ende ihrer Nutzung aufbereitet und erneut eingesetzt werden – das von Marzban sogenannte „RePeat-Konzept“. Damit lässt sich ein geschlossener Stoffkreislauf aufbauen, der den CO₂-Fußabdruck des Gartenbaus deutlich reduzieren könnte.

„Er (künstlicher Torf) bietet eine Möglichkeit, natürlichen Torf zu ersetzen, Emissionen zu reduzieren und Biomasse zu recyceln, wodurch aus einem Haushaltsunfall eine globale Lösung wird“, sagt Marzban.

Ein Beitrag von:

  • Tim Stockhausen

    Tim Stockhausen ist Volontär beim VDI Verlag. 2024 schloss er sein Studium der visuellen Technikkommunikation an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg ab. Seine journalistischen Interessen gelten insbesondere Künstlicher Intelligenz, Mobilität, Raumfahrt und digitalen Welten.

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