Trifft Asteroid YR4 den Mond? Das wären die Folgen für die Erde
Trifft Asteroid YR4 den Mond, könnte das Satelliten bedrohen und einen Meteorschauer auf der Erde auslösen.

Asteroid YR4 könnte 2032 den Mond treffen – mit Folgen für unsere Satelliten und einen möglichen Meteorschauer.
Foto: [M] Smarterpix / Mopic / Vadim4eg / Dominik Hochwarth
Als der Asteroid 2024 YR4 im Jahr 2024 entdeckt wurde, galt sein möglicher Einschlag auf der Erde als reale Gefahr. Kurzzeitig lag die Einschlagswahrscheinlichkeit bei über 3 %. Raumfahrtbehörden weltweit reagierten sofort. Doch weitere Beobachtungen im Februar 2025 beruhigten die Lage: Die Erde wird nicht getroffen.
Stattdessen rückt nun ein anderes Himmelsobjekt in den Fokus – unser Mond. Denn auch wenn die Kollisionsgefahr gering ist, liegt die Wahrscheinlichkeit für einen Treffer am 22. Dezember 2032 laut aktuellen Simulationen bei etwa 4,3 %. Und sie könnte steigen.
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60 Meter Stein, 220.000 Tonnen Masse – mit 6,5 Megatonnen Wucht
Der rund 60 Meter große Asteroid bringt eine Masse von rund 220.000 Tonnen mit sich. Sollte er auf dem Mond aufschlagen, würde er eine Energie von etwa 6,5 Megatonnen TNT freisetzen – das entspricht der Kraft einer Wasserstoffbombe. Der Einschlag würde einen Krater von rund einem Kilometer Durchmesser erzeugen.
Solche Einschläge sind auf dem Mond selten: Im Schnitt nur einmal alle 5000 Jahre. Die Studie von Paul Wiegert und seinem Team von der University of Western Ontario zeigt, dass ein derartiger Einschlag deutlich über das hinausgeht, was bisher in der planetaren Verteidigung gedacht wurde.
• Asteroid: 2024 YR4 (60 m Durchmesser)
• Einschlagswahrscheinlichkeit auf dem Mond: ~4 %
• Einschlagszeitpunkt: 22. Dezember 2032
• Einschlagsenergie: 6,5 Megatonnen TNT
• Kraterdurchmesser: ~1 km
• Maximal ausgeworfenes Material: 108 kg
• Maximale Masse Richtung Erde: ~10 %
• Gefährdete Infrastruktur: LEO-, GEO-Satelliten, Lunar Gateway
Trümmerregen statt Impaktkrater
Ein möglicher Einschlag würde nicht nur den Mond selbst verändern. Entscheidend wären die Auswirkungen auf die Erde. Zwar bliebe die menschliche Bevölkerung von direkter Gefahr verschont – anders sieht es jedoch für die Satelliten im erdnahen Orbit aus.
Der Einschlag könnte bis zu 100 Milliarden Kilogramm Mondmaterial aufwirbeln. Nur ein Bruchteil – etwa 0,02 bis 0,2 % – hätte genug Geschwindigkeit, um der Schwerkraft des Mondes zu entkommen. Das klingt nach wenig, doch die tatsächliche Masse, die Richtung Erde fliegt, könnte bei mehreren Millionen Kilogramm liegen.
Wo trifft YR4 den Mond?
Der Einschlagsort ist entscheidend. Simulationen zufolge liegt die wahrscheinliche Einschlagszone zwischen dem 30. und 40. südlichen Breitengrad – auf der Vorderseite des Mondes, also jener Seite, die wir von der Erde aus sehen können. Mit 86 % Wahrscheinlichkeit würde der Einschlag dort erfolgen.
Besonders kritisch: Ein Einschlag nahe des nullten Längengrads oder weiter östlich würde mehr Trümmer in Richtung Erde schleudern. In diesem Fall könnten bereits nach wenigen Tagen erste Partikel auf die Erdatmosphäre treffen.
Ein Meteorschauer zu Weihnachten?
Was uns erwartet, wäre nicht nur wissenschaftlich spannend, sondern auch visuell eindrucksvoll. Der Trümmerstrom könnte einen ungewöhnlich dichten Meteorschauer verursachen – pünktlich zum Weihnachtsfest 2032.
Die Menge der eintreffenden Partikel wäre etwa zehn- bis hundertmal höher als der normale Meteoriteneintrag. Pro Quadratmeter könnten bis zu zehn Meteore mit etwa 100 Mikrometer Größe verglühen. Größere Bruchstücke mit bis zu einem Zentimeter Durchmesser wären mit bis zu einem Einschlag pro Quadratkilometer zu erwarten.
Gefährdet sind nicht wir – sondern unsere Technik
Während die Atmosphäre größere Partikel problemlos abbremst, stellt der Einschlagregen eine Herausforderung für die Raumfahrt dar. Besonders betroffen wären Satelliten in niedriger Erdumlaufbahn (LEO), etwa aus Konstellationen wie Starlink.
Laut den Berechnungen entspricht der kurze Trümmerregen der sonst über Jahre auflaufenden Meteoroidenbelastung – konzentriert auf nur wenige Tage. Die Teilchen sind klein, doch zahlreich. Besonders die 100-Mikrometer-Partikel könnten tausendfach Satelliten treffen.
Das Problem: Auch wenn sie zu klein sind, um komplette Systeme zu zerstören, können sie Oberflächen beschädigen, Instrumente stören und Alterungsprozesse beschleunigen. Denkbar sind zudem zeitweise Ausfälle oder Leistungsverluste.
Auch Mondmissionen gefährdet
Neben der Erde würde auch der Mond selbst weitere Schäden davontragen. Besonders kritisch wären Auswirkungen auf geplante Mondstationen, Rover oder die Lunar-Gateway-Plattform. Die Mehrzahl der beim Einschlag aufgeworfenen Trümmer fällt nach kurzer Zeit wieder zurück auf die Mondoberfläche – allerdings über eine große Fläche verteilt.
Zukünftige Explorationsmissionen müssten sich auf Materialregen, Bodenveränderungen und mögliche Schäden einstellen. Auch laufende Experimente auf der Mondoberfläche könnten durch das Streufeld beeinträchtigt werden.
Planetenschutz neu gedacht
Die Studie von Paul Wiegert und Kolleg*innen weist auf einen bisher unterschätzten Aspekt hin: Die Verteidigung vor kosmischen Gefahren darf sich nicht nur auf die Erde selbst konzentrieren. Auch Einschläge auf dem Mond – oder anderen Himmelskörpern – können relevante Auswirkungen auf unsere Infrastruktur im All haben.
Eine kontinuierliche Überwachung, wie sie von NASA und ESA betrieben wird, ist daher entscheidend. Derzeit ist 2024 YR4 nicht mehr sichtbar – erst ab 2028 wird er erneut beobachtet werden können. Erst dann wird sich genauer sagen lassen, ob und wo er auf dem Mond aufschlagen könnte.
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