Masse wie die Sonne 20.08.2025, 13:04 Uhr

Riesige Staubwolke um Überriesen lässt Astronomen staunen

1,4 Lichtjahre breit: Riesige Blase um roten Überriesen entdeckt. Forschende rätseln: Ist DFK 52 ein Kandidat für die nächste Supernova?

Der rote Überriese DFK 52 ist ein Mitglied des Sternhaufens Stephenson 2. In diesem Bild sind die hellsten Sterne allesamt Überriesen und gehören zum Sternhaufen

Der rote Überriese DFK 52 ist ein Mitglied des Sternhaufens Stephenson 2. In diesem Bild sind die hellsten Sterne allesamt Überriesen und gehören zum Sternhaufen.

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Foto: NASA/JPL-Caltech/IPAC, CC BY 4.0 (Deutsch)

Forschende der Chalmers University of Technology haben mit dem Radioteleskop ALMA in Chile eine gewaltige Blase aus Gas und Staub entdeckt. Sie umgibt den roten Überriesen DFK 52 und ist die größte Struktur dieser Art, die bisher in unserer Milchstraße nachgewiesen wurde.

Die Blase reicht 1,4 Lichtjahre weit ins All. Zum Vergleich: Unser Sonnensystem hat einen Durchmesser von nur rund einem Lichttag. Die ausgestoßene Masse entspricht in etwa der Sonne. Das Material wurde vor rund 4000 Jahren ins All geschleudert – ein kosmischer Augenblick, wenn man bedenkt, dass Sterne Millionen von Jahren leben.

Mark Siebert, Leiter des Teams in Schweden, beschreibt den Anblick so: „Wir waren sehr überrascht, als wir sahen, was ALMA uns zeigte. Der Stern ist mehr oder weniger ein Zwilling von Beteigeuze, aber er ist von einer riesigen, chaotischen Blase aus Material umgeben.“

Was rote Überriesen ausmacht

Rote Überriesen sind Sterne, die ihre letzten Lebensphasen durchlaufen. Sie haben ihre Wasserstoffvorräte im Kern verbraucht und fusionieren nun schwerere Elemente. Dabei dehnen sie sich stark aus, ihre Oberfläche kühlt ab, und sie wirken rötlich.

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Ihr Radius kann mehrere Hundert bis Tausend Mal größer sein als der unserer Sonne. Trotzdem sind sie sehr hell, weil die riesige Oberfläche viel Strahlung abgibt. Bekannte Beispiele sind Beteigeuze im Orion und Antares im Skorpion.

Solche Sterne verlieren große Mengen an Materie. Häufig geschieht das in Form von Pulsationen oder durch starke Sternwinde. Am Ende ihres Lebens kollabieren sie und explodieren in einer Supernova. Aus ihren Kernen entstehen Neutronensterne oder Schwarze Löcher.

Wie konnte DFK 52 überleben?

Die große Frage: Warum hat DFK 52 ein solches Ereignis überstanden, ohne sofort in einer Supernova zu enden? Die Blase zeigt, dass der Stern einen erheblichen Teil seiner äußeren Schichten abgestoßen hat. Doch der Kern ist stabil geblieben.

Elvire De Beck von der Chalmers-Universität betont: „Die Blase besteht aus Material, das früher Teil des Sterns war. Es muss vor etwa viertausend Jahren bei einem dramatischen Ereignis, einer Explosion, ausgestoßen worden sein. In kosmischen Maßstäben ist das erst einen Augenblick her.“

Eine Erklärung könnte ein bislang unentdeckter Begleiter sein, der den Stern beeinflusst. Ein solcher Partnerstern könnte die äußeren Hüllen gelockert oder deren Abstoßung ausgelöst haben.

Der rote Überriese DFK 52 und seine Umgebung

Der rote Überriese DFK 52 und seine Umgebung, gesehen von ALMA. Die riesige, komplexe Blase, die dieser extreme Stern ausstößt, hat einen Durchmesser von etwa 1,4 Lichtjahren und ist damit tausendmal größer als unser Sonnensystem.

Foto: ALMA (ESO/NAOJ/NRAO)/M. Siebert et al, CC BY 4.0 (Deutsch)

Parallelen zu Beteigeuze

Die Diskussion erinnert an den roten Überriesen Beteigeuze, rund 500 Lichtjahre von uns entfernt. Er geriet 2019 in die Schlagzeilen, als seine Helligkeit stark abnahm. Anfangs hielten viele dies für das Signal einer nahenden Supernova. Später stellte sich heraus, dass ein gewaltiger Ausbruch von Plasma die Ursache war.

Doch Beteigeuze zeigt noch ein weiteres Rätsel: Seine Helligkeit schwankt nicht nur in einem bekannten Rhythmus von 416 Tagen, sondern auch in einem zweiten, längeren Zyklus von fast sechs Jahren. Jared Goldberg vom Flatiron Institute erklärt: „Solche langen sekundären Perioden sind eine bisher unerklärte Klasse von stellarer Variabilität.“

Sein Team kam in einer Studie von 2024 zu dem Schluss, dass auch hier ein kleiner Begleitstern der Schlüssel sein könnte. Dieser umkreise Beteigeuze eng, sei aber zu lichtschwach, um direkt sichtbar zu sein. „Es wäre nahezu unmöglich, einen Begleiter wie diesen so nah bei einem so leuchtstarken und veränderlichen Stern wie Beteigeuze zu detektieren“, heißt es in der Studie.

Wenn sich die Hypothese bestätigt, könnte der Begleiter auch die Staubwolken rund um Beteigeuze beeinflussen. Dadurch ließe sich erklären, warum der Stern in manchen Phasen dunkler oder heller erscheint.

Blick in die Zukunft von DFK 52

Die Beobachtung von DFK 52 könnte ähnliche Zusammenhänge offenbaren. Der Stern scheint eine extreme Variante von Massenverlust durchlaufen zu haben. Ob ein Partner beteiligt war, muss erst geklärt werden.

Mark Siebert sagt dazu: „Für uns ist es ein Rätsel, wie der Stern in so kurzer Zeit so viel Material ausstoßen konnte. Vielleicht hat er, wie Betelgeuse, einen Begleitstern, der noch entdeckt werden muss.“

Sicher ist nur: Rote Überriesen wie DFK 52 stehen am Ende ihrer Entwicklung. Ihre restliche Lebensdauer beträgt höchstens einige zehntausend Jahre. Astronomisch gesehen ist das kurz, aus menschlicher Sicht jedoch kaum überschaubar.

Droht eine Supernova in der Milchstraße?

Supernovae sind seltene Ereignisse in unserer Galaxie. Schätzungen zufolge tritt nur alle paar hundert Jahre eine in der Milchstraße auf. Sollte DFK 52 in den nächsten Millionen Jahren explodieren, wäre es ein Ereignis, das auch auf der Erde sichtbar wäre – ähnlich hell wie der Vollmond, aber nur für einige Wochen.

Elvire De Beck fasst die nächsten Schritte zusammen: „Wir planen weitere Beobachtungen, um zu verstehen, was vor sich geht – und um herauszufinden, ob dies die nächste Supernova der Milchstraße sein könnte. Wenn es sich um einen typischen roten Überriesen handelt, könnte er irgendwann in den nächsten Millionen Jahren explodieren.“

Damit bleibt offen, ob die entdeckte Blase ein Vorzeichen einer Supernova ist oder nur eine Episode im chaotischen Leben eines Überriesen.

Was bedeutet eine Supernova für die Erde?

Supernovae zählen zu den energiereichsten Ereignissen im Universum. Innerhalb weniger Tage setzt ein Stern mehr Energie frei als unsere Sonne in Milliarden Jahren. Für die Umgebung des Sterns hat das dramatische Folgen. Planeten im direkten Umfeld werden zerstört oder unbewohnbar.

Doch welche Auswirkungen hätte eine solche Explosion auf die Erde? Das hängt von der Entfernung ab.

  • Abstand über 1000 Lichtjahre: Die Erde nimmt das Ereignis wie ein helles Licht am Himmel wahr, ohne größere Folgen. Die Strahlung erreicht uns abgeschwächt.
  • Abstand zwischen 100 und 500 Lichtjahren: Hier könnte die Strahlung bereits die obere Atmosphäre verändern. Ozon wird zerstört, mehr UV-Licht der Sonne gelangt zur Erdoberfläche.
  • Abstand unter 30 Lichtjahren: In diesem Fall könnte eine Supernova erhebliche Schäden anrichten. Kosmische Strahlung würde die Atmosphäre massiv beeinflussen und die Erde für längere Zeit gefährlich bestrahlen.

Glücklicherweise liegt DFK 52 deutlich weiter entfernt. Selbst Beteigeuze, mit seinen rund 500 Lichtjahren, gilt nicht als Bedrohung. Wenn er explodiert, wäre es ein spektakulärer Anblick, aber keine Gefahr.

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Ein Beitrag von:

  • Dominik Hochwarth

    Redakteur beim VDI Verlag. Nach dem Studium absolvierte er eine Ausbildung zum Online-Redakteur, es folgten ein Volontariat und jeweils 10 Jahre als Webtexter für eine Internetagentur und einen Onlineshop. Seit September 2022 schreibt er für ingenieur.de.

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