Signale aus der Tiefe des Alls: Ältester Halo der Welt entdeckt
Entdeckung eines Mini-Halos: Radiowellen enthüllen energiereiche Teilchenwolke um einen der ältesten bekannten Galaxienhaufen.

Dieses atemberaubende Bild zeigt einen weit entfernten Galaxienhaufen voller Energie: Galaxien leuchten im sichtbaren Licht (weiß), gespenstische rote Wolken enthüllen einen neu entdeckten Radio-Mini-Halo – den entferntesten, der je entdeckt wurde – und blaue Streifen zeichnen das heiße Gas nach, das im Röntgenlicht leuchtet.
Foto: Chandra X-ray Center (X-ray: NASA/CXC/SAO; Optical: NASA/ESA/STScI; Radio: ASTRON/LOFAR; Image Processing: NASA/CXC/SAO/N. Wolk)
Ein internationales Forschungsteam hat mithilfe des Radioteleskops LOFAR den bislang entferntesten Mini-Halo des Universums entdeckt. Die energiereiche Teilchenwolke umgibt einen Galaxienhaufen, dessen Licht über 10 Milliarden Jahre zur Erde benötigt. Die Entdeckung liefert neue Hinweise auf die Rolle von Schwarzen Löchern und Teilchenkollisionen bei der Entstehung kosmischer Strukturen.
Radiowellen aus der Frühzeit des Universums
Das Forschungsteam hat ein außergewöhnlich schwaches Radiosignal empfangen – es stammt aus einer Zeit, als das Universum erst rund drei Milliarden Jahre alt war. Die Quelle: eine riesige Wolke geladener Teilchen, die einen fernen Galaxienhaufen durchdringt. Dieser sogenannte Mini-Halo ist der bislang am weitesten entfernte seiner Art. Das Licht des Galaxienhaufens namens SpARCS1049 benötigt rund 10 Milliarden Jahre, um die Erde zu erreichen.
Für Astronominnen und Astronomen ist diese Entdeckung ein bedeutender Hinweis darauf, dass ganze Galaxienhaufen – also Ansammlungen von Hunderten bis Tausenden Galaxien – bereits im jungen Universum von hochenergetischen Prozessen geprägt waren.
Was ist ein Mini-Halo?
Ein Mini-Halo ist keine sichtbare Struktur im klassischen Sinn. Er besteht aus geladenen Teilchen, die sich zwischen den Galaxien eines Haufens befinden. Diese Teilchen bewegen sich mit hohen Energien und erzeugen Radiowellen – für das menschliche Auge unsichtbar, aber mit geeigneter Technik messbar. Solche Halos entstehen offenbar dort, wo sich Magnetfelder und Teilchenstrahlung über große kosmische Distanzen hinweg ausbreiten.
Diese diffuse Strahlung umfasst oft Millionen Lichtjahre. Anders als bei klassischen Radiogalaxien geht das Signal nicht von einem bestimmten Punkt, wie etwa einem aktiven Schwarzen Loch, aus – sondern es breitet sich flächig über weite Bereiche des Galaxienhaufens aus.
Entdeckt mit LOFAR: Radioteleskop-Netzwerk der Superlative
Das Forschungsteam nutzte das Low Frequency Array (LOFAR) – ein Zusammenschluss aus über 100.000 kleinen Antennen, verteilt über acht europäische Länder. LOFAR kann Radiowellen mit besonders niedriger Frequenz aufspüren, wie sie durch Mini-Halos erzeugt werden. Im Fall von SpARCS1049 bemerkten die Forschenden ein schwaches, aber ausgedehntes Signal, das nicht einzelnen Galaxien zugeordnet werden konnte.
„Es ist, als hätten wir einen riesigen kosmischen Ozean entdeckt, in dem ganze Galaxienhaufen ständig in hochenergetischen Teilchen eingetaucht sind“, sagt Julie Hlavacek-Larrondo von der Université de Montréal, eine der leitenden Beteiligten der Studie.
Zwei Theorien für den Ursprung
Wie entsteht ein solcher Mini-Halo? Die Forschenden diskutieren zwei mögliche Szenarien:
- Aktive Schwarze Löcher im Zentrum von Galaxien: Diese Giganten könnten Teilchenstrahlen ausstoßen, die sich dann im Cluster ausbreiten. Dabei stellt sich die Frage, wie diese Teilchen so weit vom Ursprung entfernt noch Energie tragen können.
- Teilchenkollisionen im heißen Plasma: Geladene Teilchen im intergalaktischen Raum könnten nahezu mit Lichtgeschwindigkeit zusammenstoßen und dabei neue, hochenergetische Teilchen erzeugen. Diese wiederum senden die Radiowellen aus, die wir auf der Erde empfangen.
Beide Erklärungsansätze erfordern extrem hohe Energien – und deuten darauf hin, dass die physikalischen Prozesse in Galaxienhaufen weitaus dynamischer ablaufen, als lange angenommen.
Mini-Halos – schon früh im Kosmos aktiv
Frühere Beobachtungen solcher Halos beschränkten sich bislang auf Galaxienhaufen in unserer näheren Umgebung, also im jüngeren Universum. Dass nun ein Mini-Halo aus einer so weit entfernten Epoche gefunden wurde, verändert das Bild der kosmischen Frühgeschichte.
Roland Timmerman vom Institute for Computational Cosmology der Durham University ergänzt:
„Es ist erstaunlich, in dieser Entfernung ein so starkes Radiosignal zu finden. Das bedeutet, dass diese energiereichen Teilchen und die Prozesse, die sie erzeugen, fast die gesamte Geschichte des Universums über die Galaxienhaufen geprägt haben.“
Blick in die Zukunft: Was das SKA leisten soll
Mit kommenden Radioteleskopen wie dem Square Kilometer Array (SKA) erwarten Forschende weitere Entdeckungen. Das SKA soll noch empfindlicher sein und auch sehr schwache Radiosignale aus der Frühzeit des Universums erfassen. Damit könnten sich auch die kleineren, kaum sichtbaren Strukturen innerhalb solcher Halos untersuchen lassen – etwa die genaue Rolle von Magnetfeldern oder die Wechselwirkung zwischen Strahlung und intergalaktischem Gas.
„Wir kratzen gerade erst an der Oberfläche dessen, wie energiereich das frühe Universum wirklich war“, sagt Hlavacek-Larrondo. „Diese Entdeckung eröffnet uns einen neuen Blick darauf, wie Galaxienhaufen wachsen und sich entwickeln, angetrieben sowohl von Schwarzen Löchern als auch von hochenergetischer Teilchenphysik.“
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