Erstmals Schwefel zwischen den Sternen der Milchstraße gefunden
XRISM-Satellit misst erstmals festen und gasförmigen Schwefel im All – neue Erkenntnisse zur Chemie im interstellaren Raum der Milchstraße.
Diese Kompositaufnahme zeigt einen Ausschnitt des interstellaren Mediums, das Wissenschaftler mit Hilfe der japanischen XRISM-Mission (X-ray Imaging and Spectroscopy Mission) auf Schwefel untersucht haben. Der Röntgendoppelstern GX 340+0 ist der blaue Punkt in der Mitte. Die Kompositaufnahme enthält eine Mischung aus Röntgenbildern (dunkelblau dargestellt), Infrarotbildern und Lichtbildern.
Foto: DSS/DECaPS/eRosita/NASA’s Goddard Space Flight Center, https://creativecommons.org/public-domain/
Ein internationales Forschungsteam hat mithilfe des XRISM-Satelliten erstmals Schwefel im interstellaren Medium in gasförmiger und fester Form nachgewiesen. Die Beobachtungen zeigen, dass Schwefel in Verbindung mit Eisen in Staubpartikeln eingebunden ist – vermutlich in Form bekannter Minerale wie Pyrit. Der Fund verbessert unser Verständnis darüber, wie chemische Elemente im All zirkulieren und wie sich Materie zwischen Sternen ansammelt.
Inhaltsverzeichnis
Ein neuer Blick auf Schwefel im All
Ein internationales Forschungsteam hat mithilfe des Röntgensatelliten XRISM eine besondere Entdeckung gemacht. Die Wissenschaftler*innen untersuchten Schwefel im sogenannten interstellaren Medium – dem dünnen Mix aus Gas und Staub, der sich zwischen den Sternen der Milchstraße ausbreitet. Dabei konnten sie das Element in gleich zwei Zustandsformen nachweisen: als Gas und als Feststoff.
Die Daten stammen vom Röntgenteleskop XRISM (X-ray Imaging and Spectroscopy Mission), einer Mission der japanischen Raumfahrtagentur JAXA in Zusammenarbeit mit der NASA und mit Unterstützung der ESA. XRISM (ausgesprochen „crism“) ist darauf spezialisiert, das Universum im Röntgenbereich zu vermessen. Sein Instrument „Resolve“ funktioniert ähnlich wie ein medizinisches Röntgengerät – nur in deutlich größerem Maßstab.
Warum gerade Schwefel?
Schwefel spielt im Universum wie auch auf der Erde eine wichtige Rolle. In biologischen Systemen ist es an der Funktion von Zellen beteiligt. Im All ist es ein sogenanntes Spurenelement, das sich jedoch nicht leicht nachweisen lässt – vor allem nicht in seiner festen Form.
„Schwefel ist wichtig für die Funktion der Zellen in unserem Körper hier auf der Erde, aber wir haben noch viele Fragen darüber, wo er im Universum vorkommt“, sagt Lía Corrales, Assistenzprofessorin an der University of Michigan und leitende Autorin der Studie.
Das interstellare Medium ist zwar extrem dünn, enthält aber eine Vielzahl chemischer Elemente. Je nach Umgebungstemperatur und Dichte kann sich Schwefel zwischen gasförmigem und festem Zustand hin- und herverwandeln. Diese Übergänge sichtbar zu machen, war bisher kaum möglich. XRISM liefert nun erstmals präzise Messdaten.
Der Röntgenblick durch das Weltall
Um Schwefel zu analysieren, suchte das Forschungsteam gezielt nach geeigneten natürlichen Röntgenquellen. Diese mussten sich hinter einem passenden Abschnitt des interstellaren Mediums befinden. Das Ziel: eine Region, die dicht genug ist, um einen Teil der Strahlung zu absorbieren – aber nicht so dicht, dass nichts mehr durchkommt.
Als Quelle wählten die Forschenden das Doppelsternsystem GX 340+0, rund 35.000 Lichtjahre von uns entfernt im Sternbild Skorpion. Die Röntgenstrahlung dieses Systems diente als Hintergrundlicht, das durch das Medium hindurchstrahlt und dabei verrät, welche Elemente es enthält.
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Fester Schwefel – aufgespürt in Röntgenspektren
Die Auswertung der XRISM-Daten ergab: Schwefel befindet sich im interstellaren Medium nicht nur als Gas, sondern auch in fester Form. Diese Feststoffe dürften sich in Staubkörnern verbergen – vermutlich in Verbindung mit Eisen. Genau darauf deuten bestimmte Signaturen in den Röntgenspektren des Doppelsternsystems GX 340+0 hin.
„Die Chemie in Umgebungen wie dem interstellaren Medium unterscheidet sich stark von allem, was wir auf der Erde beobachten können, aber wir haben Schwefel in Verbindung mit Eisen modelliert, und das scheint mit den Beobachtungen von XRISM übereinzustimmen“, erklärt Elisa Costantini von der Space Research Organization Netherlands.
Ihr Team hat bereits in früheren Projekten Labormodelle von Eisen-Schwefel-Verbindungen erstellt. Diese werden nun mit den neuen Satellitendaten verglichen. Zu den vermuteten Verbindungen zählen Pyrrhotit, Troilit und Pyrit – letzterer ist auch unter dem Namen „Katzengold“ bekannt. Solche Mineralien finden sich oft in Meteoriten, was auf ihre kosmische Herkunft hindeutet.
Woher stammt der feste Schwefel?
Die Entstehung dieser Feststoffe erfolgt möglicherweise direkt in sogenannten Molekülwolken – dichten Regionen des interstellaren Mediums, in denen Sterne entstehen. Hier könnten Schwefelatome mit Eis oder anderen Teilchen reagieren und so auskristallisieren. Mit der Zeit lagern sie sich in Staubpartikeln ein, die durch die Galaxie treiben oder in Planetenbausteinen enden.
Dass XRISM diese Prozesse nun sichtbar machen kann, eröffnet neue Wege in der Forschung zur chemischen Entwicklung unserer Milchstraße. Denn bisher konnte Röntgenspektroskopie meist nur gasförmige Anteile untersuchen.
Bestätigung durch zweites System
Zusätzliche Sicherheit brachte die Analyse eines weiteren Röntgendoppelsterns: 4U 1630-472. Auch hier fanden sich Hinweise auf Schwefel in verschiedenen Aggregatzuständen. Die Daten stützen die Erkenntnisse aus GX 340+0 und zeigen, dass es sich nicht um einen Einzelfall handelt.
„Das Chandra-Röntgenobservatorium der NASA hat bereits zuvor Schwefel untersucht, aber die Messungen von XRISM sind die bislang detailliertesten“, sagt Brian Williams, XRISM-Projektwissenschaftler am NASA Goddard Space Flight Center. Die Beobachtung sei deshalb so wertvoll, weil GX 340+0 auf der gegenüberliegenden Seite der Galaxie liegt. So erhält die Forschung Einblick in Regionen, die sich unserem direkten Zugriff entziehen.
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