So groß wie eine Briefmarke 02.08.2022, 07:00 Uhr

Revolution in der medizinischen Bildgebung: Pflaster machen Ultraschallbilder

Ultraschallbilder nehmen bereits eine wichtige Rolle in der medizinischen Diagnostik ein. Eine neue Entwicklung am MIT könnte Ärztinnen und Ärzten bald ganz neue Möglichkeiten verschaffen: winzige Ultraschallgeräte, die permanent Aufnahmen anfertigen.

Ultraschallpflaster

Dieses Ultraschallgerät ist so groß wie eine Briefmarke und wird einfach auf die Haut geklebt.

Foto: Felice Frankel / MIT

Ultraschallaufnahmen sind in der medizinischen Diagnostik unverzichtbar. Die Handhabung ist nicht kompliziert, aber nur mit großen Geräten möglich: Der Arzt oder die Ärztin trägt ein flüssiges Gel auf die Haut auf, das die Übertragung von Ultraschallwellen erleichtert. Diese werden über eine Sonde ausgesendet, die gegen den Körper (und das Gel) gedrückt wird. Die inneren Strukturen im Körper reflektieren die Ultraschallwellen, die als visuelle Signale auf dem Monitor des Arztes oder der Ärztin erscheinen. Besonders gut geeignet ist das Verfahren, um weiche Strukturen wie Organe zu untersuchen.

Der besondere Charme besteht darin, dass die Ultraschall-Diagnostik nicht invasiv ist und die Patientinnen und Patienten, anders als beim Röntgen, keiner potenziell schädlichen Strahlung ausgesetzt sind. Wenn es dem Erkenntnisgewinn zuträglich ist, könnte im Prinzip also auch eine sehr hohe Zahl an Ultraschallaufnahmen angefertigt werden. Genau das planen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vom Massachusetts Institute of Technology (MIT). Sie sind auf dem besten Weg, ein winziges, tragbares Ultraschallgerät zu entwickeln, das wie ein Pflaster auf die Haut geklebt werden kann.

Ultraschallbilder als Langzeitaufnahmen – Praxistest bestanden

Es gibt viele Situationen, in denen es sinnvoll erscheint, Ultraschall-Aufnahmen über einen längeren Zeitraum anzufertigen, um beispielsweise das Verhalten von Organen wie Herz oder Magen in bestimmten Situationen zu beobachten. Die Möglichkeiten für solche Verfahren sind aktuell sehr begrenzt. Zwar gibt es Sonden, die für Langzeit-Aufnahmen an Roboterarmen befestigt werden können, aber zum einen trocknet das Ultraschallgel mit der Zeit aus und zum anderen sind alltägliche Tätigkeiten der Patientinnen und Patienten dabei natürlich nicht möglich.

Das könnte mit der neuen MIT-Entwicklung ganz anders aussehen. Die Forschenden haben ein Gerät vorgestellt, das in etwa so groß ist wie eine Briefmarke. Es wird auf die Haut geklebt und kann bis zu 48 Stunden lang kontinuierlich Ultraschallbilder anfertigen. Auch den Praxistest hat es bereits bestanden: Die Probanden saßen, stellten sich hin, fuhren Rad oder joggten, während ihr Pflaster hochauflösende Live-Bilder von Herz, Lunge oder Magen lieferte. Aktuell hat es allerdings noch einen großen Makel: Es muss an Instrumente angeschlossen sein, das die Schallwellen in Bilder umwandelt, aber der nächste Schritt ist bereits in Planung – die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler arbeiten an einer drahtlosen Übertragung der Daten.

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Drahtlose Übertragung könnte den Verkauf von Ultraschall-Pflastern ermöglichen

„Wir stellen uns vor, dass einige Pflaster an verschiedenen Stellen des Körpers aufgeklebt werden, die dann mit dem Handy kommunizieren, wo Algorithmen der künstlichen Intelligenz die Bilder bei Bedarf analysieren“, sagt Xuanhe Zhao, Professor für Maschinenbau und Bau- und Umwelttechnik am MIT. „Wir glauben, dass wir eine neue Ära der tragbaren Bildgebung eingeleitet haben: Mit ein paar Pflastern auf dem Körper kann man seine inneren Organe sehen.“ Er stellt sich vor, dass Laien die Pflaster sogar in einer Apotheke kaufen und einfach aufkleben könnten – ehe sie für die Auswertung einen Arzttermin vereinbarten.

Ganz neu ist die Idee von Ultraschallpflastern zwar nicht, die Aufnahmen bisheriger Entwicklungen waren aber unzureichend. Die Auflösung war nach Aussage des MIT-Teams zu gering, die Aufnahmedauer nur kurz, und die Schallwellen drangen nicht tief genug in den Körper vor, weswegen tiefer liegende Organe nicht abgebildet werden konnten. Die Lösung ist eine dehnbare Klebeschicht, die mit einer festen Anordnung von Schallköpfen kombiniert wird. Dadurch könne sich das Gerät einerseits den Bewegungen der Haut anpassen und andererseits die Position der Schallköpfe beibehalten, was für gute Aufnahmen eine Voraussetzung sei.

Ultraschallbilder könnten neue Anwendungsgebiete eröffnen

So ist die Klebeschicht zusammengesetzt: Zwei dünne Elastomerschichten ummanteln eine mittlere Schicht aus festem Hydrogel. Dieses Material überträgt die Schallwellen nach Angaben der Forschenden problemlos, trocknet aber durch das Elastomer nicht aus. Zudem haftet die untere Elastomerschicht auf der Haut.

Der Ultraschallaufkleber ist ungefähr zwei Quadratzentimeter groß und drei Millimeter dick. Er dürfte also beim Tragen kein großer Störfaktor sein. Langfristig könnten die Forschenden sich sogar vorstellen, beispielsweise das Fortschreiten eines Tumors oder die Entwicklung von Föten im Mutterleib zu beobachten.

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Ein Beitrag von:

  • Nicole Lücke

    Nicole Lücke macht Wissenschaftsjournalismus für Forschungszentren und Hochschulen, berichtet von medizinischen Fachkongressen und betreut Kundenmagazine für Energieversorger. Sie ist Gesellschafterin von Content Qualitäten. Ihre Themen: Energie, Technik, Nachhaltigkeit, Medizin/Medizintechnik.

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