Dichte von Immunzellen messen 21.05.2025, 13:00 Uhr

Neuer Test erkennt sofort, ob ein Krebsmedikament wirkt

Die Zelldichte verrät, wie Zellen auf Medikamente reagieren. Ein neuer Test erkennt Krebsreaktionen schneller und präziser als bisherige Verfahren.

Krebszellen

3D-Illustration von Krebszellen. Mit Hilfe von Dichtemessung lässt sich künftig recht einfach die Wirkung von Medikamenten messen.

Foto: PantherMedia / creativepic (YAYMicro)

Zellen verraten viel über ihren Zustand – wenn man genau hinsieht. Eine neue Methode zur Messung der Zelldichte liefert nun präzisere Einblicke als bisherige Verfahren. Entwickelt wurde sie von einem Team am MIT, das dabei Masse und Volumen einzelner Zellen kombiniert misst. Damit lassen sich etwa Immunreaktionen oder die Wirkung von Krebsmedikamenten innerhalb weniger Stunden analysieren. Für die Krebsdiagnostik könnte das eine wertvolle Entscheidungshilfe liefern.

Schnelle Einblicke in Zellverhalten

Die Reaktion von Zellen auf äußere Einflüsse lässt sich nicht immer direkt erkennen – vor allem dann nicht, wenn es um sehr kleine Veränderungen im Zellinneren geht. Forschende am Massachusetts Institute of Technology (MIT) haben nun eine Methode entwickelt, mit der sich die physikalische Dichte einzelner Zellen schnell und präzise bestimmen lässt. Damit können sie nicht nur das Zellverhalten in Echtzeit bewerten, sondern auch Rückschlüsse auf die Wirksamkeit von Krebsmedikamenten ziehen.

Das Verfahren erfasst bis zu 30.000 Zellen pro Stunde. Besonders bei Immunzellen wie T-Zellen ermöglicht die Methode eine direkte Beobachtung ihrer Aktivierung. Diese Aktivierung kann darüber entscheiden, ob die körpereigene Abwehr Tumore wirksam bekämpft oder nicht.

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Dichte als Diagnosefaktor

Zellen nehmen im Verlauf ihrer Entwicklung Moleküle und Wasser auf oder geben sie ab. Dabei verändert sich ihre Dichte – also das Verhältnis von Masse zu Volumen. Diese Kennzahl gibt einen Hinweis darauf, ob eine Zelle wächst, sich teilt, spezialisiert oder abstirbt.

Scott Manalis, Professor für Ingenieurwesen am MIT, beschreibt das Potenzial dieser Messung so: „Diese Vorhersagen basieren alle auf der Beobachtung sehr kleiner Veränderungen der physikalischen Eigenschaften von Zellen, die Aufschluss darüber geben, wie sie reagieren werden.“

Die Idee, Zellverhalten über physikalische Parameter wie Masse und Dichte zu erfassen, ist nicht neu. Bereits 2007 entwickelte das Labor von Manalis ein mikrofluidisches Messgerät, den sogenannten suspendierten Mikrokanalresonator (SMR). Dabei schwingen Zellen durch einen winzigen Kanal, der auf einem Siliziumträger montiert ist. Die Frequenzveränderung beim Durchgang lässt Rückschlüsse auf die Zellmasse zu.

Flüssigkeiten tauschen war gestern

Einige Jahre später erweiterten die Forschenden das System, um auch das Volumen und damit die Dichte von Zellen zu bestimmen. Das funktionierte über zwei Flüssigkeiten mit unterschiedlicher Dichte. Jede Zelle wurde nacheinander in beide Flüssigkeiten geleitet. Doch dieses Verfahren war aufwendig und zeitlich begrenzt – nur wenige hundert Zellen konnten pro Durchlauf analysiert werden.

Die neue Lösung verbindet das SMR-System mit einem Fluoreszenzmikroskop. Die Zellen fließen nun durch einen Farbstoff, der nicht von ihnen aufgenommen wird. Das Mikroskop misst das Zellvolumen, bevor der Resonator die Masse erfasst. So lässt sich die Dichte über nur einen Durchgang berechnen.

„Anstatt zu versuchen, die Zellen mindestens zweimal durch den Cantilever zu leiten, um die Zelldichte zu ermitteln, wollten wir eine Methode entwickeln, mit der eine optimierte Messung durchgeführt werden kann“, erklärt Weida Wu, Hauptautor der Studie.

Aktivierte T-Zellen zeigen veränderte Dichte

Die Forschenden testeten ihre Methode an T-Zellen, die durch Signalmoleküle aktiviert wurden. Dabei fiel auf, dass die Dichte der Zellen nach der Aktivierung leicht abnahm – von 1,08 auf 1,06 Gramm pro Milliliter. Die Interpretation: Die Zellen nehmen schnell Wasser auf, was ihre Dichte verringert.

Wu betont: „Diese Daten deuten darauf hin, dass die Zelldichte ein interessanter Biomarker ist, der sich während der T-Zell-Aktivierung verändert und möglicherweise funktionale Relevanz für die Proliferationsfähigkeit der T-Zellen hat.“

Reaktion auf Medikamente vorhersagen

Auch die Reaktion von Tumorzellen auf Krebsmedikamente lässt sich über die neue Dichtemessung beobachten. In einem Versuch behandelten die Forschenden Bauchspeicheldrüsenkrebszellen mit zwei verschiedenen Wirkstoffen. Nur einer davon hatte eine Wirkung – und das ließ sich an der veränderten Zelldichte nach der Behandlung erkennen.

„Wir erfassen etwas über die Zellen, das innerhalb der ersten Tage nach ihrer Entnahme aus dem Tumor sehr aussagekräftig ist“, sagt Wu. „Die Zelldichte ist ein schneller Biomarker, um die Reaktion auf Medikamente in vivo sehr zeitnah vorherzusagen.“

Kombinierte Messung erhöht Aussagekraft

Das Spin-off Travera, das Manalis mitgegründet hat, nutzt die Methode bereits in der klinischen Entwicklung. Ziel ist es, individuelle Reaktionen von Immunzellen auf Krebsmedikamente zu erfassen – und zwar bevor eine Therapie begonnen wird.

Die Kombination aus Massen- und Dichtemessung erhöht laut ersten Studien die Aussagekraft. Manalis sagt dazu: „Sowohl die Masse als auch die Dichte geben Aufschluss über die Gesamtkompetenz der Immunzellen.“

Zellen als Produktionsfabriken überwachen

Das Verfahren könnte nicht nur in der Onkologie eine Rolle spielen. Auch bei der biotechnologischen Herstellung von Antikörpern – etwa für Medikamente – kann es nützlich sein. Wenn Zellen als kleine Produktionsfabriken dienen, lässt sich über ihre physikalischen Eigenschaften abschätzen, wie effizient sie Proteine erzeugen.

Wu erklärt den nächsten Schritt so: „Während die Zellen diese Proteine produzieren, können wir anhand dieser Marker für die Zellfitness und den Stoffwechselzustand Vorhersagen darüber treffen, wie gut diese Zellen diese Proteine produzieren können.“

Hier geht es zur Originalpublikation

Ein Beitrag von:

  • Dominik Hochwarth

    Redakteur beim VDI Verlag. Nach dem Studium absolvierte er eine Ausbildung zum Online-Redakteur, es folgten ein Volontariat und jeweils 10 Jahre als Webtexter für eine Internetagentur und einen Onlineshop. Seit September 2022 schreibt er für ingenieur.de.

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