Knochenbrüche: Überwachung ohne Röntgenstrahlung
Mit moderner Lichttechnik lässt sich die Heilung von Knochenbrüchen ohne schädliche Strahlung beobachten. Forschende der Universität des Saarlandes haben eine Methode entwickelt, die Durchblutung und Sauerstoffversorgung im Knochenbruch misst.

Moderne Lichttechnik ermöglicht es, die Heilung gebrochener Knochen zu überwachen.
Foto: PantherMedia / waldru
Die Heilung eines gebrochenen Knochens hängt maßgeblich davon ab, wie gut das Gewebe an der Bruchstelle durchblutet ist und wie viel Sauerstoff es erhält. Ein Team um die Medizin-Professorin Bergita Ganse an der Universität des Saarlandes konnte zeigen, dass sich diese Faktoren mit handelsüblichen Messgeräten zuverlässig überwachen lassen. Diese Geräte, ursprünglich für Haut- und Muskeluntersuchungen entwickelt, nutzen helles LED- und Laserlicht. Es dringt tief genug in den Knochen ein, um Veränderungen zu erfassen. So kann der Heilungsverlauf bei Knochenbrüchen einfach und schnell kontrolliert werden.
Neue Perspektiven für die Kontrolle von Knochenbrüchen
Bislang waren Ärztinnen und Ärzte auf Röntgen- oder CT-Aufnahmen angewiesen, um den Zustand eines gebrochenen Knochens zu beurteilen. Diese bildgebenden Verfahren liefern jedoch nur punktuelle Momentaufnahmen und setzen Patientinnen und Patienten einer Strahlenbelastung aus. Ein weiterer Nachteil: Die Heilung der Knochen lässt sich erst verzögert erkennen, da Kalksalze, die auf den Bildern sichtbar werden, erst spät eingelagert werden. Die neue Methode ermöglicht eine kontinuierliche Überwachung der Heilung – ganz ohne Strahlung.
Mit dem handlichen Messgerät lässt sich die Durchblutung und Sauerstoffsättigung des Gewebes direkt an der Bruchstelle kontrollieren. Auch die Patientinnen und Patienten selbst könnten so den Verlauf ihrer Knochenheilung im Blick behalten. Das ist besonders hilfreich bei Unterschenkelfrakturen, bei denen in 14 von 100 Fällen Komplikationen auftreten. Therapien wie Ultraschall, Stoßwellen oder Magnetfelder könnten dann früh gezielt eingesetzt werden. Auch eine bessere Ruhigstellung wäre frühzeitig möglich.
Knochenbrüche überwachen – auch in abgelegenen Regionen
Ein entscheidender Vorteil der neuen Technik liegt in ihrer Zugänglichkeit: Die kleinen, günstigen Messgeräte könnten vor allem in ärmeren Ländern oder abgelegenen Gebieten eine bessere Versorgung ohne teure Röntgentechnik ermöglichen. Die Überwachung der Heilung erfolgt über die Haut, eine Aussparung im Gips genügt, um das Gerät anzusetzen.
Heilt ein Knochen, laufen an der Frakturstelle komplexe Prozesse ab: Zunächst bilden sich feine Fasern, die die Bruchenden verbinden. Im Verlauf wächst neues Knochengewebe heran, das durchblutet wird. In Studien mit 55 Patientinnen und Patienten mit Schienbeinbrüchen und 51 gesunden Kontrollpersonen beobachtete das Team um Bergita Ganse, wie sich Blutfluss und Sauerstoffsättigung während der Heilung charakteristisch verändern. Zunächst steigt der Blutfluss an, erreicht nach zwei bis drei Wochen ein Maximum und sinkt dann wieder ab. Die Sauerstoffsättigung zeigt ein umgekehrtes Muster: Sie fällt zunächst ab und steigt wieder an, sobald neue Gefäße entstehen.
Grenzen und Zukunft der Messmethode bei Knochenbrüchen
Laser-Doppler- und Weißlicht-Spektroskopie führen die Messungen durch. Bleiben die Messwerte für Blutfluss und Sauerstoffsättigung außerhalb des Normalbereichs, kann dies auf Störungen im Heilungsverlauf hindeuten: Zu viel Bewegung, unzureichende Ruhigstellung, Vorerkrankungen wie Krebs oder Rauchen können die Regeneration behindern. Die Messtiefe der Geräte ist derzeit auf maximal fünf Zentimeter begrenzt. Bei Knochen, die tiefer im Körper liegen, ist die Anwendung daher noch eingeschränkt. Das Team arbeitet zudem an weiteren Methoden, etwa an Formgedächtnismaterialien, die Veränderungen der Steifigkeit und Elastizität im Knochenbruch messen können.
Smarte Implantate fördern die Heilung von Knochen
Die Forschung ist Teil des von der Werner Siemens-Stiftung geförderten Projekts „Smarte Implantate“. Hier arbeiten Expertinnen und Experten aus Medizin, Ingenieurwissenschaften und Informatik eng zusammen, um intelligente Frakturplatten zu entwickeln. Diese Implantate sollen nicht nur den Heilungsverlauf im Körper überwachen, sondern durch Mikromassagen oder Anpassung der Steifigkeit aktiv die Knochenheilung unterstützen. Auch die Integration in Marknägel schreitet voran, unterstützt durch die EU im Rahmen des Horizon-Europe-Programms.
Die neue Messmethode, zunächst für Schienbeinbrüche entwickelt, soll künftig auch bei anderen Knochenbrüchen und -defekten zum Einsatz kommen. Bergita Ganse und ihr Team arbeiten daran, die Technik weiter zu etablieren und in den klinischen Alltag zu integrieren. Ihre Erfahrungen aus der Weltraummedizin, etwa bei der Zusammenarbeit mit ESA, DLR und NASA, fließen ebenfalls in die Forschung ein. Dort untersucht sie, wie sich Knochen und Muskeln im All verändern, und entwickelt Trainingsmethoden, um dem Abbau entgegenzuwirken.
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