Covid-19 30.11.2021, 11:30 Uhr

Ist wirklich die Hälfte der Corona-Patienten im Krankenhaus geimpft? Einfache Rechnung klärt auf

Angeblich sind 50 Prozent der Covid-19-Patienten auf der Intensivstation geimpft – die Impfung bringe also nichts, sagen manche. Doch hinter dieser Schlussfolgerung steckt ein fataler Rechenfehler.

Bett Intensivstation mit Patient

Die Hospitalisierungsrate steigt: Immer mehr Covid-19 Patienten, darunter auch Geimpfte, müssen in der vierten Welle behandelt werden. Währenddessen halten sich Gerüchte um die Wirkung der Impfung hartnäckig.

Foto: panthermedia.net/sudok1

Das Gerücht hält sich hartnäckig: 50 Prozent der Menschen, die mit Covid-19 im Krankenhaus liegen, sind geimpft. Wenn man sich Kommentarspalten und Posts in Sozialen Medien anschaut, stellt man fest: Es sind gar nicht so wenige Menschen, die daraus die Schlussfolgerung ziehen, die Corona-Impfung wirke nicht. Befeuert wird das auch durch die Berichterstattung mancher Medien und auch AfD-Bundessprecher Timo Chrupalla bediente sich in einem Interview dieser Logik. Gegenüber dem Deutschlandfunk sagte er, in seinem Wahlkreis seien “140 Menschen aktuell hospitalisiert. Von diesen 140 Menschen sind 70 vollständig geimpft und 70 nicht. Also, Sie sehen, dass die Quote teilweise in den Krankenhäusern 50:50 ist.” Die Impfung wirke also nicht so wie erwartet. 

Neue Virusvariante ist besorgniserregend

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Kann das wirklich sein? Ein Spoiler gleich zu Beginn: Nein. Kann es nicht. Aber wo liegt die Ursache für diese Fehleinschätzung? Die liegt offenbar in der bei manchen nur bedingt ausreichenden Kenntnis von Prozentrechnung. Bei der Rechnung wird die absolute Zahl der Geimpften und Ungeimpften außer Acht gelassen. Mathematiker sprechen dabei von einem Prävalenzfehler. 

Corona-Impfung: Wirkt sie nur in 50 Prozent der Fälle?

Richtig ist: Wenn von 140 Covid-19-Patientinnen und -Patienten in einem Krankenhaus 70 geimpft sind, dann liegt der Anteil der Geimpften in diesem Krankenhau bei 50 Prozent. Falsch ist aber die Schlussfolgerung, dass dies ein Beleg für die Unzulänglichkeit der Corona-Impfstoffe ist. Denn es heißt nicht, dass die Hälfte aller Geimpften Covid-19 bekommt. 

Ein anderes Beispiel: Zuletzt machte die Meldung die Runde, 45 Prozent aller Covid-19-Patienten auf der Intensivstation über 60 seien geimpft. Davon ausgehend verbreitete sich das Gerücht: Bei fast der Hälfte aller Über-60-Jährigen schlage die Impfung nicht an. 

Krude Impf-Ideen: So widerlegen Sie jede Verschwörungstheorie

Dazu folgende Rechnung: Wenn 45 Menschen über 60 geimpft und 55 Menschen ungeimpft in einem Krankenhaus liegen, müssen wir den jeweiligen Grundwert der beiden Gruppen kennen, um den Prozentsatz ausrechnen zu können.  

Dazu ein Blick auf die Impfquote bei den Über-60-Jährigen. Die liegt aktuell bei 86 Prozent. Anders ausgedrückt: Von 1.000 Menschen haben also 860 einen vollständigen Impfschutz  und 140 nicht. Die Grundwerte für die Gruppe der Geimpften ist also 860 und für die Ungeimpften 140. 

Nun dividieren wir die absolute Zahl durch den Grundwert und multiplizieren das mit 100 (Prozent). Für die Geimpften heißt das: 

  • 45 : 860 x 100 = 5,2 Prozent

Für die ungeimpften Ü-60-Jährigen heißt das: 

  • 55 : 140 x 100 = 39,3 Prozent

Ergo: Die Wahrscheinlichkeit, als Ungeimpfter an Corona zu erkranken und auf der Intensivstation zu landen, ist zum Beispiel in der Gruppe der Ü-60-Jährigen etwa acht mal so hoch wie für die Geimpften. 

Corona in Deutschland: Täglich neue Rekordwerte

Angesichts der aktuellen Fallzahlen ist eine Impfung extrem sinnvoll, darin sind sich sämtliche seriösen Experten einig. Das Robert-Koch-Institut (RKI) gibt jeden Tag die aktuellen Corona-Zahlen heraus. Dazu zählen Neuinfektionen, Inzidenz, Hospitalisierung und R-Wert. Am 26. November wurde ein neuer Höchststand erreicht. 

76.414 neue Corona-Infektionen binnen 24 Stunden das ist am Freitagmorgen ein neuer Höchstwert. Vor genau sieben Tagen lag dieser Wert bei 52.970. 357 Menschen sind binnen eines Tages an oder mit Corona gestorben. 

Wie hoch ist die Hospitalisierungsrate?

Lange Zeit war die Sieben-Tage-Inzidenz der maßgebende Wert in der Pandemie. Seit dem Sommer greift zusätzlich die Hospitalisierungsrate, um die Lage auf Intensivstationen in den Fokus zu nehmen. Maßnahmen gegen Corona richten sich also nach diesem Wert. Erfasst werden hier Menschen, die aufgrund einer Covid-19-Erkrankung in eine Klinik kommen. Die übermittelten Fälle werden über sieben Tage pro 100.000 Einwohner abgebildet. Am 26. November liegt die Hospitalisierungsrate deutschlandweit bei 5,97 und kratzt damit an dem Grenzwert von 6. Um die Weihnachtszeit 2020 wurde der bisherige Höchststand mit 15,5 erreicht. 

Liegt die Hospitalisierungsrate über 6, können verschärfte Corona-Maßnahmen getroffen werden. Die Bundesländer können zum Beispiel 2G Plus einführen. Das heißt Genesene und Geimpfte müssen für Freizeitveranstaltungen und andere Aktivitäten einen negativen Corona-Test nachweisen. 2G Plus oder 3G: Lesen Sie hier mehr über die aktuellen Corona-Maßnahmen.

Ein Beitrag von:

  • Peter Sieben

    Peter Sieben schreibt über Forschung, Politik und Karrierethemen. Nach einem Volontariat bei der Funke Mediengruppe war er mehrere Jahre als Redakteur und Politik-Reporter in verschiedenen Ressorts von Tageszeitungen und Online-Medien unterwegs.

  • Sarah Janczura

    Sarah Janczura

    Sarah Janczura schreibt zu den Themen Technik, Forschung und Karriere. Nach einem Volontariat mit dem Schwerpunkt Social Media war sie als Online-Redakteurin in einer Digitalagentur unterwegs. Aktuell arbeitet sie als Referentin für Presse und Kommunikation beim VDI e.V.

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