JUPITER knackt 1 ExaFLOP/s: Was hinter der Rekordleistung steckt
JUPITER erreicht 1 ExaFLOP/s und öffnet Europas Weg zu neuen KI- und Klimamodellen. Ein Blick in Technik, Nutzung und Bedeutung.
Europas neuer Exascale-Rechner JUPITER erreicht 1 ExaFLOP/s und verändert Klima-, KI- und Materialforschung. Was die Maschine möglich macht.
Foto: picture alliance / Ulrich Baumgarten | Ulrich Baumgarten
JUPITER ist Europas erster Supercomputer, der die ExaFLOP-Grenze knackt. Der Jülicher Rechner liefert enorme Rechenleistung für Klimamodelle, Quantenforschung und KI-Anwendungen und setzt dabei auf ein nachhaltiges Rechenzentrum. Die JUPITER AI Factory öffnet die Infrastruktur künftig auch für Industrie und Start-ups. Damit entsteht ein Baustein für ein eigenständiges europäisches KI-Ökosystem.
Der Moment, in dem Europa aufschließt
Forschende sprechen schon seit Jahren über die „Exascale-Grenze“. Das klingt nach Science-Fiction, meint aber nur: Ein Computer führt eine Trillion Rechenoperationen pro Sekunde aus. Die TOP500-Liste nutzt dafür den sogenannten Linpack-Benchmark. Er misst, wie schnell ein System Gleichungssysteme löst – ein Klassiker in der Wissenschafts-IT.
JUPITER hat diese Hürde genommen: 1 ExaFLOP/s bei 64-Bit-Berechnungen. Das ist die Genauigkeit, die Klimamodelle, Materialsimulationen oder medizinische Modellierungen benötigen. Für KI-Aufgaben geht es sogar noch weiter. Bei 8-Bit-Rechenoperationen kommt das System theoretisch auf mehr als 40 ExaFLOP/s.
„Top Supercomputing Achievement“, heißt es dazu im Statement des HPCwire Readers’ Choice Award. Auf der SC25 wurde JUPITER genau dafür ausgezeichnet – als europäisches Gemeinschaftsprojekt aus dem Jülich Supercomputing Centre und dem EuroHPC Joint Undertaking.
Was in dem Rechner steckt: ein Blick unter die Haube
Das System bleibt nicht abstrakt. JUPITER arbeitet mit einem sogenannten Booster-Modul, das rund 24 000 NVIDIA GH200 Grace-Hopper-Superchips trägt. Eviden liefert die technische Basis. Die Architektur ähnelt einem Schwarm aus spezialisierten Recheneinheiten, die gemeinsam an einer Aufgabe ziehen – etwa wie ein Orchester, das statt aus Instrumenten aus Rechenmodulen besteht.
Die Hardware steckt in einem Modular Data Centre, einer Art maßgeschneiderter Hülle, die extra für JUPITER errichtet wurde. Das Gebäude ist weniger ein „Rechenzentrum“ und eher ein technisches Habitat: Es wächst, wenn neue Module dazukommen, und schrumpft, wenn alte weichen.
Wo die Rechenkraft hinfließt
JUPITER soll nicht glänzen, sondern helfen. Und zwar dort, wo klassische Modelle bisher scheiterten. Ein Beispiel:
- Klimaforschung: Eine Klimasimulation mit 1-Kilometer-Auflösung über das ganze Erdsystem hinweg – lange galt das als Wunschdenken. Jetzt wurde sie erstmals gerechnet.
- Quantenwissenschaft: Die Simulation eines universalen 50-Qubit-Quantencomputers gelang ebenfalls erstmals.
- Medizin: Forschende wollen Proteine, Zellen oder sogar neuronale Netze in bisher ungekanntem Detail nachbauen.
Über 100 Projekte hatten bereits Zugriff, bevor JUPITER überhaupt offiziell startete. Das „Research and Early Access Program“ öffnete die Maschine für Teams aus Deutschland, Europa und darüber hinaus. Die „AI Competition“ des Gauss Centre for Supercomputing lieferte zusätzliche KI-Anwendungen.
Wenn ein Supercomputer Wärme liefert
Ein Rechenzentrum wird oft als Energiefresser gesehen. JUPITER versucht, das Bild zu kippen. Das System nutzt Warmwasserkühlung – also Wasser, das ohne energieintensive Kühlmaschinen die Wärme abführt. Die Abwärme soll künftig in das Wärmenetz des Forschungszentrums Jülich fließen.
Laut Green500-Liste ist JUPITER das energieeffizienteste Exascale-System weltweit. Effizienz bedeutet hier nicht „Sparen um jeden Preis“, sondern: möglichst viel Rechenleistung pro Watt. Europäische Rechenzentren beobachten das genau, denn die Technik könnte Schule machen.
Das Ökosystem hinter dem Rechner
Der Rechner steht nicht isoliert da. Rund um ihn entsteht die JUPITER AI Factory (JAIF). Die Idee: nicht nur wissenschaftliche Großprojekte bedienen, sondern auch Start-ups, mittelständische Unternehmen und Industriepartner einbinden.
Eine geplante Cloud-Plattform soll KI-Modelle bereitstellen, die auf JUPITER trainiert wurden. Unternehmen könnten damit eigene Systeme entwickeln – ohne selbst gigantische Rechenkapazitäten aufzubauen.
Für viele in der Community ist das eine strategische Weichenstellung. Die europäische KI-Landschaft hängt bisher stark an US-Plattformen. Mit JUPITER entsteht zum ersten Mal eine Infrastruktur, die KI-Entwicklung und -Bereitstellung auf europäischem Boden ermöglicht.
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