Vorbild Mensch 06.02.2020, 14:03 Uhr

Elektronik kühlt sich bald durch „Schwitzen“

Chinesische und amerikanische Forscher haben unterschiedliche Wege gefunden, Geräte nach biologischem Vorbild vor Überhitzung zu schützen. Die einen befassen sich mit Smartphones, die anderen mit Robotern.

Roboter

Foto: panthermedia.net/iLexx

Zwei Forscherteams in China und den USA haben unabhängig voneinander Kühlsysteme für Elektronik entwickelt, die nach dem Vorbild des Menschen funktionieren. Die Geräte schwitzen, wenn ihnen zu warm wird. Die entstehende Verdunstungskälte sorgt für eine Temperatur, die der Elektronik genehm ist. Ruzhu Wang, Kältetechniker an der Shanghai Jiao Tong University in China, widmete sich mit seinem Team einer Technik zum selbstständigen Kühlen – etwa von Smartphones. Für Rob Shepherd, Professor für Raumfahrt und Mechanik an der Cornell University in Ithaca im US-Bundesstaat New York, ging es um künstliche Robotermuskeln, die nicht mehr funktionieren, wenn sie überlastet werden und sich überhitzen.

Künstliche Moleküle sammeln Wasser aus Wüstenluft

Wang setzte auf Metallorganische Gerüste (metal organic frameworks/MOFs), das sind künstliche Moleküle, die Metalle enthalten, die von organischen Komponenten zusammengehalten werden. MOFs sind meist hochporös und daher bestens geeignet, Wasserdampf zu speichern. „Früher haben Forscher versucht, mit MOFs Wasser aus Wüstenluft zu sammeln“, so Wang. Das gelang, war aber wegen der hohen Kosten des Materials nicht einmal annähernd wirtschaftlich, auch nicht in Extremsituationen. Der Preis spielt für die chinesischen Forscher um Wang nur eine untergeordnete Rolle, denn sie benötigen nur sehr wenig. Die kühlende Schicht eines Smartphones wiegt gerade mal 0,3 Gramm.

Beschichte Probe hielt fast viermal so lange durch

Als bestens geeignet erwies sich ein MOF mit der wissenschaftlichen Bezeichnung MIL-101(Cr). Es handelt sich um ein grünliches Pulver. Damit beschichteten sie 3 Aluminiumplättchen in Dicken zwischen 198 und 516 Mikrometern. Dann gaben sie dem Material Gelegenheit, Wasserdampf zu speichern. Derart vorbereitet legten sie die Plättchen sowie ein Unbeschichtetes auf eine warme Unterlage. Als die Wärme die MOF-Schicht erreichte begann das darin gespeicherte Wasser zu verdunsten.

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Es zeigte sich, dass das unbeschichtete Plättchen bereits nach 5,2 Minuten die für Elektronik kritische Temperatur von 60 Grad erreichte. Die Probe mit der dicksten Beschichtung ließ sich damit 19,35 Minuten Zeit. Wenn das Wasser verbraucht  ist, hört die Kühlwirkung natürlich auf. Deshalb ist das Verfahren für Geräte im Dauerbetrieb nicht geeignet.

Kunststoff ist ein schlechter Wärmeleiter

Anders die US-Entwicklung, die speziell für Kunststoffgebilde gedacht ist. Da dieses Material – anders als Metall – Wärme schlecht leitet ist die Gefahr einer Überhitzung groß, die sich auf die umliegende Elektronik negativ auswirken kann. Zunächst befasste sich Shepherds Team mit den Robotergreifern aus Kunststoff. Sie bestehen aus zwei Hydrogelen, das sind wasserunlösliche Kunststoffe, die von Wasser umgeben sind. Die untere Schicht besteht aus Poly-N-Isopropylacrylamid, das sich bei Erwärmung verformt. Darüber befindet sich eine Polyacrylamid-Haut, die zahlreiche Poren besitzt. Diese sind mit einem kleinen Wasserreservoir verbunden.

Bei Verformung entweicht Wasser aus der „Haut“

Bei der Verformung der unteren Schicht durch Erwärmung wird die Kunststoffhaut gestresst, sodass feine Wassertröpfchen herausgepresst werden. Diese verdampfen und kühlen. Innerhalb von 30 Sekunden sinkt die Temperatur auf diese Weise um stolze 21 Grad Celsius. Mit Hilfe eines Ventilators, der die Verdunstung beschleunigt, geht es noch schneller. Sinkt die Temperatur nimmt der Druck auf die Poren ab, sodass kein Wasser mehr austritt.

Wenn der Wassertank leer ist, ist das Kühlsystem am Ende, es sei denn, der Tank wird von Hand neu befüllt. Dass soll nicht immer so bleiben. „Genauso wie Menschen, denen Wasser fehlt, trinken, sollen Roboter der Zukunft das auch tun“, sagt Shepherd.

Ein Beitrag von:

  • Wolfgang Kempkens

    Wolfgang Kempkens studierte an der RWTH Aachen Elektrotechnik und schloss mit dem Diplom ab. Er arbeitete bei einer Tageszeitung und einem Magazin, ehe er sich als freier Journalist etablierte. Er beschäftigt sich vor allem mit Umwelt-, Energie- und Technikthemen.

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