Offene Strukturen für stabile Netze 16.05.2025, 16:00 Uhr

Wie Open Source die Digitalisierung in den Verteilnetzen beschleunigt

Wo die Digitalisierung von Verteilernetzen stockt, könnte Open Source-Software helfen, erläutert Sebastian Lehnhoff vom OFFIS Institut für Informatik.

Foto: PantherMedia / Jens Ickler

Foto: PantherMedia / Jens Ickler

Die digitale Transformation der Energieinfrastruktur steht an einem kritischen Punkt. Während die Verteilnetze durch die Energiewende und technologische Umbrüche zunehmend unter Druck geraten, stoßen bestehende IT-Systeme in der Netzanalyse und -führung an ihre Grenzen. Lässt sich hier mithilfe von Open Source gegensteuern?

Sebastian Lehnhoff vom OFFIS Institut für Informatik beleuchtete auf dem Deutschen Ingenieurtag 2025 (DIT), wie Open-Source-Lösungen im Rahmen der Initiative „openKONSEQUENZ“ zur dringend notwendigen Modernisierung beitragen können. Denn die Herausforderungen in den Verteilnetzen sind immens. Ursprünglich auf Stabilität und Langlebigkeit ausgelegt, sind viele der eingesetzten Systeme historisch gewachsen, mit proprietären Technologien entwickelt und sehr aufwendig wartbar. Die Einführung von Smart Metern, das dynamische Wachstum der Elektromobilität sowie der zunehmende Anteil dezentraler Energiequellen erzeugen ein Datenaufkommen, das mit bisherigen Architekturen nicht mehr beherrschbar ist. Allein bei einem vollständigen Rollout intelligenter Messsysteme kommt man schnell auf ein System mit mehreren 10 Millionen Datenpunkten – gemessen und gesteuert – eine Zahl, die traditionelle Systeme an ihre Leistungsgrenzen bringt.

Die Anforderungen an die IT in der Energieverteilung steigen

Hinzu kommt die drastische Verkürzung der Innovationszyklen. Wo früher neue Features in mehrjährigen Abständen implementiert wurden, erfordern aktuelle regulatorische Vorgaben wie § 14a EnWG oder Redispatch 2.0 sowie regelmäßige Software-Updates zur Wahrung der Cybersicherheit teilweise monatliche Updates und schnelle Systemanpassungen. Die IT der Energieverteilung muss heute agil, modular und kontinuierlich updatefähig sein – Anforderungen, die klassische Wasserfallmodelle in der Softwareentwicklung nicht mehr erfüllen können.

Sebastian Lehnhoff machte sich bei seinem Vortrag für den Einsatz von Open Source Lösungen zur Beschleunigung der Energiewende stark. Foto: elk

Sebastian Lehnhoff machte sich bei seinem Vortrag für den Einsatz von Open Source Lösungen zur Beschleunigung der Energiewende stark.

Foto: elk

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Vor diesem Hintergrund gewinnt Open Source zunehmend an Bedeutung. Die Initiative bringt Netzbetreiber, Forschungseinrichtungen und Softwareanbieter in einem genossenschaftlich organisierten Konsortium zusammen. Das geschieht, um sich auf Qualitätsstandards zu einigen und gemeinsam quelloffene Softwaremodule zu entwickeln. Diese Module sind unabhängig von bestimmten Herstellern und lassen sich nahtlos in bestehende Systemlandschaften integrieren. Der modulare Aufbau erlaubt es, gezielt neue Funktionen wie etwa Einspeisemanagement, Netzmaßnahmenplanung oder ein Niederspannungs-Cockpit einzuführen, ohne komplette Systeme neu aufbauen zu müssen.

Das Konsortialmodell hat strategischen Mehrwert. Netzbetreiber erhalten nicht nur funktionale Software, sondern auch ein Wartungsmodell und eine verlässliche Weiterentwicklung durch die Entwicklergemeinschaft selbst. Damit entsteht eine zukunftsfähige IT-Struktur, die nicht nur technologisch auf dem neuesten Stand ist, sondern auch dem Fachkräftemangel im IT-Bereich entgegenwirkt. Durch die geteilte Verantwortung können Ressourcen effizienter genutzt und Synergien zwischen den Mitgliedern realisiert werden.

Open Source: Innovationen demokratisieren und die digitale Souveränität der Energieversorgung stärken

Lehnhoff verdeutlichte, dass Open Source in diesem Kontext weit mehr ist als nur ein Lizenzmodell. Es ist ein Weg, Innovation zu demokratisieren, regulatorische Anforderungen schneller umzusetzen und die digitale Souveränität in der Energieversorgung zu stärken. Die offene Architektur der entwickelten Module erlaubt darüber hinaus eine standardisierte Datenverarbeitung auf Basis des Common Information Models (CIM), das die Integration und Interoperabilität mit anderen Systemen erleichtert und ist ein entscheidender Schritt zur Überwindung der heute weit verbreiteten Datensilos.

Der Vortrag zeigte deutlich: Die Digitalisierung der Verteilnetze ist keine rein technische Herausforderung. Sie ist auch ein kultureller Wandel im Selbstverständnis der Branche. Statt auf monolithische Systeme einzelner Anbieter zu setzen, entsteht mit Open Source ein kollaboratives Ökosystem, das Transparenz, Sicherheit und Innovationsfähigkeit vereint.

Ein Beitrag von:

  • Elke von Rekowski

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